Kapitel 8

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Schlagartig riss sie die Augen auf und schreckte hoch. Die Decke rutschte ihr vom Oberkörper und ein paar rote Strähnen hangen ihr ins Gesicht. Natashas Atem ging schnell und flach. Einen Moment lang starrte sie einfach nur in die Schwärze hinein, bis sich ihre Augen langsam an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Als sie einen Arm spürte, der drücken auf ihren Hüften lag, spürte sie, wie sich ihr Herzschlag langsam wieder zu normalisieren begann.

Sie nahm mehrere tiefe Atemzüge und ließ sich dann langsam zurück in die Kissen sinken. Dann drehte sie ihren Kopf zu der Person neben ihr, die dort auf dem Kissen zu ihrer Rechten lag. Clint neben sich liegen zu haben, war schon immer überraschend beruhigend gewesen. Sein Arm, der auf ihr lag, war schwer, gab ihr aber das Gefühl, dass er sie selbst im Schlaf beschützte.

Ein leichtes Lächeln erschien auf ihren Lippen und sie strich mit einem Finger über seinen Arm, bis sie bei seiner Hand ankam. Dort verschränkte sie ihre Finger sanft mit seinen und schloss die Augen erneut, in der Hoffnung wieder einschlafen zu können. Diese Hoffnung löste sich nach einigen Minuten wieder in Luft auf. Plötzlich war sie hellwach und verspürte das Bedürfnis sich die Beine zu vertreten.

Also schlug sie die Augen seufzend wieder auf und sah zurück zu Clint. Er schlief tief und fest und wirkte dazu noch so friedlich und unschuldig, dass sie ihn auf keinen Fall wecken wollte. Deshalb ließ sie seine Hand langsam wieder los und schob seinen Arm vorsichtig zur Seite, damit sie die Decke zur Seite schlagen und aus dem Bett schlüpfen konnte.

Als ihre Zehen den kühlen Holzboden berührten, drehte sie ihren Kopf noch einmal herum, um nachzusehen, ob er dadurch nicht doch aus Versehen aufgewacht war. Doch ihr bester Freund döste entspannt weiter vor sich hin, was sie leicht aufatmen ließ. Glück gehabt! Dann stand sie auf und schlich auf Zehenspitzen durch die Dunkelheit zur Tür herüber. Beinahe in Zeitlupe drückte sie die Türklinke hinunter, hoffend, dass es nicht knarren würde, und verließ den Raum fast geräuschlos. Öfter als es wahrscheinlich gut für sie war, schlich sie sich in der Nacht hinaus, wenn sie mal wieder aus dem Schlaf hochgeschreckt war. Glücklicherweise wurden ihre Albträume jedoch viel seltener, wenn jemand neben ihr lag. Besonders bei jemandem so Vertrautem wie Clint.

Der Flur war dunkel, was ihr verriet, dass sie die Einzige war, die um diese Zeit wach zu sein schien. Erleichtert atmete sie auf und fast fühlte es sich so an, als würde ihr ein Stein vom Herzen fallen. Schnell huschte sie in die Küche und ging instinktiv zu der Stelle, an der sich der Lichtschalter befand. Von den vielen Malen, in denen sie sich schon im Dunkeln hier eingefunden hatte, wusste sie bereits, wo sich dieser befand. Es dauerte kaum einige Sekunden, bis der Raum mit Licht geflutet wurde. Sofort musste sie blinzeln, da ihre Augen nicht auf das plötzliche Aufflackern vorbereitet waren, doch nach einigen Sekunden konnte sie ihre Umgebung richtig erkennen. Auch hier war sie zu ihrer Erleichterung alleine.

Sie setzte sich in Bewegung und ging geradewegs auf einen der Schränke über den Theken zu. Dort musste sie sich auf die Zehenspitzen stellen, um überhaupt einen Blick hineinwerfen zu können und nahm dann ein Glas heraus. „Kannst du mir auch eins gehen?", erklang urplötzlich eine tiefe, männliche Stimme hinter ihr und sie erstarrte mitten in der Bewegung, als wäre sie eingefroren worden. Sie wusste auch, ohne sich umzudrehen genau, wer dort hinter ihr stand. Allerdings versuchte sei sich nichts anmerken zu lassen, als sie sich aus ihrer kurzen Starre gelöst hatte und griff nach einem weiteren Gals, bevor sie sich umdrehte. Ihr Herzschlag hatte sich jedoch merklich beschleunigt.

Hinter ihr stand Barnes, den sie bereits an seiner Stimme, die ihr über die Jahre in Mark und Bein übergegangen war. Wortlos reichte sie eines der beiden Behältnisse an ihn weiter, zog ihre Hand dann aber schnell zurück, um zu verhindern, dass sich ihre Hände berührten. „Danke", ein kleines Lächeln war auf seinen Lippen erschienen und sie bemerkte, wie er seinen Blick langsam über ihren Körper wandern ließ. Und so konnte auch sie nicht anders, als sich ein paar Sekunden zu nehmen, um ihn anzusehen. Sein dunkelbraunes Haar war zerzaust und fiel ihm in die Augen. Er trug eine schwarze Jogginghose, sowie ein weißes T-Shirt, das die leichten Wölbungen seiner Muskeln nicht kaschierte. Sie schluckte schwer und drehte sich zur Spüle um, um ihr Glas mit Leitungswasser zu füllen. Verdammt, er sah immer noch so gut aus wie früher. Vielleicht sogar noch besser.

Hartnäckig spürte sie seinen Blick, unter dem sie sich schrecklich nackt fühlte, versuchte es aber zu ignorieren. In diesen Sekunden versuchte sie sich selbst einfach nur dafür zum Schlafen nicht mehr angezogen zu haben als ein weißes T-Shirt und einer grauen Shorts. Bei Clint war mehr ja auch nicht nötig, doch bei Bucky war es etwas anderes.

„Hast du etwas mit diesem Typen?", fragte er plötzlich und sie fuhr sofort zu ihm herum. Als die Augenbrauen hob, fügte er noch etwas hinzu: "Der Bogenschütze. Dieser ... Barton." Nun verstand sie, was er meinte und begann sich zu fragen, warum ihn das interessierte. Doch sie entschied sich ihn auf seine Antwort warten zu lassen, in der Hoffnung, dass er so vielleicht unbewusst ihre eigene, unausgesprochene Frage beantworten würde.

Deshalb stütze sie sich mit einer Hand gespielt entspannt – in dieser Situation war sie alles anderes als entspannt – auf der Theke hinter ihr und nahm langsam einen genüsslichen Schluck ihres Getränkes. Er hielt seinen Blick unterdessen weiterhin auf sie gerichtet und sie konnte sehen, dass ihm das Warten nicht gerade gut gefiel. Er war es eindeutig anders gewohnt, doch Natasha war das völlig egal. Die Zeiten, in denen sie Angst vor Auseinandersetzungen mit ihm hatte, waren schon lange vorbei. Und das mindestens seit sie im Red Room ihr professionelles Verhältnis zueinander verloren hatten.

„Wie kommst du darauf?", fragte sie und sah ihn gespielt unschuldig an, als er seufzte und augenscheinlich ein Augenrollen unterdrücken musste. „Na ja, ihr scheint sehr ... vertraut miteinander zu sein", zu ihrer Überraschung war seine Stimme ruhig und er legte den Kopf leicht schief, um sie interessiert zu beobachten.

„Außerdem habe ich gesehen wie du gerade aus seinem Zimmer gekommen bist", fügte er dann hinzu, als sie nicht zu antworten, zu schien. Sie biss sich leicht auf die Unterlippe, da sie wusste, wie merkwürdig das ausgesehen haben musste, als sie Clints Zimmer gerade so wenig bekleidet verlassen hatte. „Zwar geht es dich nichts an", begann sie, wurde dann aber ehrlich: "Aber nein, Clint und ich sind einfach nur seit Jahren sehr gute Freunde. Deshalb sind wir so vertraut. Mehr nicht!" Sie wusste nicht genau, warum sie es ihm sagte, redete sich selbst innerlich aber ein, dass sie es machte, damit er den anderen nicht irgendwas Falsches erzählte. Innerlich wusste sie jedoch, dass das nicht der einzige Grund war.

Buckys Gesichtsausdruck veränderte sich sofort, als sie den Satz beendete. In seinen Augen funkelte etwas, was sie beinahe als Zufriedenheit betiteln würde. Schnell verdrängte sie diesen Gedanken jedoch wieder. Das konnte gar nicht sein! Allerdings lag ein kleines Lächeln auf seinen Lippen, das selbst sie nicht leugnen konnte.

„Ich gehe jetzt besser", sagte sie jedoch schnell, um dieser Situation zu entkommen, und ging auf die Tür zu. Er blieb aber unbeweglich im Türrahmen stehen und machte keine Anstalten auf ihre Worte hin zur Seite zu treten. Deshalb räusperte sie sich leicht, als sie vor ihm stehen blieb. Was hatte er vor? Für einen Moment sah er ihr einfach nur in die Augen und bewegte sich nicht, trat dann aber doch ein kleines Stück zur Seite. Ohne noch länger vor ihm zu verharren, schob sie sich an ihm vorbei und gab sich Mühe ihn dabei nicht zu streifen. Allerdings meinte sie die Hitze, die sein Körper abstrahlte, selbst so auf ihrer Haut spüren zu können, so wenige Zentimeter treten sie voneinander.

Gerade an ihm vorbeigetreten war, packte er plötzlich mit seiner menschlichen Hand nach ihrem Handgelenk und hielt sie somit davon ab weiterzugehen. Doch nicht nur das. Er zog sie zudem geschickt einige Zentimeter zu sich, passt dabei aber auf, dass sie nicht ins Stolpern kam. Überrascht wendete sie ihm den Kopf mit fragendem Gesichtsausdruck zu, verspürte aber trotzdem nicht das Bedürfnis sich von ihm zu befreien. „Schlaf gut", raunte er mit seiner tiefen, männlichen Stimme, die ihr einen Schauer über den Rücken jagte. Still nickte sie, nicht mächtig irgendwas darauf zu antworten, und im nächsten Moment hatte er sie wieder losgelassen. Immer noch verwundert, machte sie auf dem Absatz kehrt, um erneut in Clints Zimmer zu verschwinden. Mit den Gedanken war sie aber immer noch bei Bucky.

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