♕10 - Tanz über Atirian♛

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♕ Taehyung ♛

Mit geballter Faust wanderte mein Blick zu den an uns vorbeiziehenden Bäumen, während wir unseren Weg nach einer kurzen Zeit der Erholung wieder aufgenommen haben. Meinen Kopf zerbrach ich mir nach wie vor über die Worte Hoseoks, die er mir mit einem selbstgefälligem Funkeln in den Augen und Grinsen auf den Lippen gesagt hatte, als hätte er damit einen Kampf gewonnen, von dem ich nicht mal wusste, dass er ausgetragen wurde. Meine Feinde waren nicht die Atirianer, sondern all die Menschen, die diesen Hass mit ihren Taten fütterten und damit eine schier endlose Spirale der Verzweiflung und Angst kreierten.

Das durfte ich als Kronprinz nicht zulassen. Es war mir schon immer egal, wie die Leute aus Alvarez mich nannten; ob ich jetzt der Prinz des Reiches, Vaters Narrensohn oder einfach nur Taehyung war, es hatte mich nie interessiert. Aber wenn sie meinen Vater den König nannten und dieser den Hass der Welten gedeihen ließ, habe ich kein Problem damit, wenn sie mich Prinz nannten. Ein König sollte sein Volk lieben und beschützen, wenn mein Vater es also in den Untergang stürzte, werde ich seine Aufgabe übernehmen, selbst wenn ich dafür mein eigenes Leben riskieren musste.

Die neuartige Umgebung verunsicherte und faszinierte mich zugleich, alles schien hier so anders als bei uns und ich spürte die Entfernung von Zuhause nun deutlicher denn je. Als würde man sich auf dem Präsentierteller befinden und nur auf den lauernden Tod warten, hier draußen waren wir nicht einmal durch das Gesetz geschützt und würden wir sterben, würde keiner die Schuld tragen außer ich. Denn ich hatte uns hierher gebracht in der Hoffnung, etwas verändern zu können.

»Atirian ist schön, nicht wahr?«, merkte Bogum mit einem warmen Unterton in der Stimme an, blickte begeistert von draußen zu mir und lächelte breit. Von all dem Hass ließ er sich nicht beeinflussen, er schien sich an allen Orten wohlzufühlen, aber das schien vielleicht auch daran zu liegen, dass man einen Heiler nicht angriff, ihnen gar mit Respekt begegnete. Ich nickte mit dem Kopf, bestätige damit seine Frage und sah im nächsten Augenblick, wie Hoseok uns zwischen schmalen Augen ernst musterte.

Er schien mich im Visier zu haben und ich wollte es ihm nicht verübeln, er tat im Grunde nur das, was man von ihm verlangte. Eigentlich konnte ich stolz sein, einen solch treuen Krieger an meiner Seite zu wissen, doch wenn jemand nur stur und steif an seinem Glauben festhält, kann er niemals Veränderungen erstreben.

Ich spürte, wie wir unserem Ziel immer näherkamen und ich begann mich schon die ganze Zeit zu fragen, was uns dort alles erwarten würde. Ob es viele Unterschiede zu Alvarez geben würde oder ob sich vieles ähnelte. Wie sie ihre Hofnarren behandelten, wie sehr sie es mit der Religion hatten, ihre Versorgung; aber am allermeisten interessierte mich ihr König. Vater erzählte gerne Dinge über ihn, diesen Menschen nun persönlich zu treffen schien mir gar surreal, doch ich konnte es kaum abwarten.

Und so fremd ich mich hier doch fühlen sollte, es wirkte trotzdem vertraut, als würde ich nicht das Territorium des Feindes betreten sondern ganz normal die Welt erkunden. Es waren die Vorstellungen, die ich erstrebte und die Gefühle, die ich zur Wirklichkeit machen wollte. Die Gründe für die Quelle, aus der ich meine Kraft zum Fortfahren schöpfte.

Die Pferde wurden immer langsamer und als ich einen Blick nach vorne riskierte, erblickte ich graue Mauern aus Stein und ein riesiges Tor, das wohl den Eingang zu Atirian symbolisierte. Davor standen zwei bewaffnete Wächter und das erste Hindernis war wohl an ihnen vorbeizukommen, ohne dabei verletzt zu werden. Wir kamen zum Stehen und mit ernster Miene blickten sie uns ein.
»Was habt ihr hier zu suchen?«, fragte der Rechte von ihnen und umgriff die Lanze in seiner Hand so fest, dass sie jederzeit einsatzbereit war.

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