♕20 - Schwarzer Schwan♛

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Taehyung

»Wir brechen auf, Taehyung«, sagte mir Bogum, der wenige Sekunden zuvor an der Tür meines Gemaches geklopft hatte und mit einem Seufzen auf den Lippen erhob ich mich von dem Bett, auf dem ich nun schon seit meiner Rückkehr saß. »Ich weiß«, war meine Antwort und meine Hand ballte sich schon fast automatisch zur Faust.

Ich hatte viel Zeit, in denen ich in aller Ruhe nachdenken konnte, aber ganz egal in welche Richtung meine Gedanken gingen, sie erstickten in Fragen, auf die ich keine Antwort fand. Vielleicht lag es daran, dass es Fragen waren, auf die ein Mensch keine Antwort wusste. Vieles geschah ohne einen Grund und wenn etwas nicht vorhanden war, konnte man es sich auch nicht erklären. Ich kann aufstehen und mich glücklich fühlen, obwohl nichts passiert ist, das mich glücklich gemacht hat und genauso kann ich mich tieftraurig ohne Grund fühlen.

Ich öffnete die Tür vor mir und blickte in das bedrückte Gesicht Bogums, der sich auf seine Unterlippe biss und ganz offensichtlich etwas auf dem Herzen hatte. »Was ist los?«, fragte ich ihn wie selbstverständlich, denn mir war das Wohl meiner Mitmenschen wichtig, auch wenn ich keine Möglichkeit hatte, sie als Freunde zu betrachten. Aber genau das wollte ich; keine durch Macht bestimmte Beziehung sondern eine, in der beide Parteien gleich sein können.

Er schluckte und blickte mir in die Augen, »Es macht mich nur so unglaublich traurig, dass wir hier keinen Erfolg hatten. Die Stimmung ist immer noch im Keller und ich glaube, würden wir heute nicht aufbrechen, würden sie uns davonjagen.« Nickend gab ich ihm zu verstehen, dass ich wusste, worauf er hinauswollte und wenn ich ehrlich sein sollte, ging es mir da ähnlich.

Mir wurde klar, dass ich mir vieles vorgestellt und einfach geredet hatte, aber einen Menschen von etwas abzubringen, von dem er seit Monaten oder Jahren fest überzeugt war, war fast unmöglich zu erreichen, vor allem wenn man keinerlei enge Bindung zueinander hatten. Menschen, die ihr Leben dem Krieg wittmeten, lassen sich davon nicht abbringen, nur weil Fremder es ihnen sagt.

Rein subjektiv betrachtet hat jede Überzeugung eine Schattenseite und einen Grund, warum ein Mensch an ihr festhält und es gibt keinen Glauben für jeden Menschen. Genauso wie kein Mensch genau gleich wie ein anderer war. Jeder unterschied sich und deshalb konnten Lösungen nicht auf das Allgemeine bezogen werden; nur weil ich den Frieden bevorzugte, taten das nicht alle.
Es gab Dinge, die mussten für das Allgemeinwohl erzwungen werden, schließlich werden Kriegsscheue Leute auch dazu gebracht, gegen ihren Willen zu kämpfen.

»Ich glaube, das war absehbar. Ich habe mich geirrt, als ich dachte, ich könnte jeden mit meinen Worten überzeugen. Im Grunde sind sie wie wir beide - stur. Schließlich haben wir ihre Begründungen gehört und haben uns nicht von unserer Ansicht abbringen lassen«, versuchte ich ihm zu erklären und legte meine Finger behutsam an mein Kinn, während ich meine Lippe schürzte.

»Natürlich geht das nicht von heute auf morgen, aber man muss doch merken, ab wann man seinem Reich keinen Gefallen mehr tut«, erwiderte ich und ich brummte nachdenklich. Natürlich hatte er nicht Unrecht damit, ich tat das Ganze doch auch bloß weil ich der Meinung war, dass wir uns irgendwann noch gegenseitig vernichten würden. »Heiler wollen Menschen, egal welcher Art, helfen und sie unterstützen. Für uns ist der Mensch wichtiger als sein Herkunftsort. Eine geknickte Blume lässt sich heilen, eine zertretene aber nicht. Auch wir sind begrenzt, was das angeht, verstehst du?«, erklärte er mir und ich verstand, worauf er hinaus wollte.

Er sagte, dass sie heilen konnten, solange es etwas zum Heilen gab. Eine Schnittwunde, ein gebrochenes Bein oder eine geprellte Rippe, aber gegen den Tod konnten sie nichts unternehmen. Immerhin waren sie auch nur Menschen.

Brotherhood メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt