♕15 - Blutsband♛

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Taehyung

Es beschäftigte mich und wirbelte Fragen in meinem Kopf auf; wann auch immer ich versuchte eine Antwort zu finden, fanden sich neue Fragen, auf die ich keine Fand. Es war wie eine Weggabelung und wenn man sich für einen der Wege entscheidet, weil das Gewissen einem sagt, dass diese Richtung die richtige sein wird, wird man anschließend erneut mit verschiedenen Wegen konfrontiert und man findet aus diesem schier endlosen Labyrinth nie mehr heraus.

Außer Hilfe von außen dringt ein und überreicht dir den Schlüssel, den man zur Lösung des Problems benötigte. Aber es war nicht etwa wichtig, was das für ein Schlüssel sein sollte oder wie er aussah, viel wichtiger war die Frage, wer mir diesen überreichen konnte und wer im Besitz dieser mächtigen Waffe war. Oder ob sie überhaupt jemand in seinem Besitz hatte.

Aber selbst wenn sich diese Fragen mir wie eine riesige Mauer in den Weg stellten, wusste ich, dass ich keinesfalls alleine unten stand und empor schauen musste. Es gab jemanden, der mir helfen wird sie zu erklimmen, ich wusste, ich war nicht allein mit meinen Problemen. Es gab immer jemanden, der einem helfen konnte, aber die Dinge treten nicht in dein Leben, wenn du nichts dafür tust. Wer nach Hilfe sucht, bekommt diese auch und wer wartet, dass man gerettet wird ohne andere wissen zu lassen, dass man Hilfe braucht, hat verloren.

Im Moment aber beschäftigte mich nur eine Frage und da kam es mir nur viel zu gelegen, dass es allmählich dämmerte und das Königsblau den Himmel in seiner berauschend schöner Farbe tränkte. Es wurde kühler und ich machte mich auf den Weg zurück, mit Sicherheit gab es auch bereits das Abendmahl, aber dieses übersprang ich für diesen Abend, denn mit noch mehr hasserfüllten Blicken wollte ich heute nicht mehr konfrontiert werden.

Das alles fühlte sich an, als hätte ich einen Fehler gemacht, der dafür sorgte, dass wir nun dem Zorn der Atirianer ausgesetzt waren. Ich begann mich zu fühlen wie eine Blume, die sich in einem Beet voller anderer Blumen befindet und aus der Masse hervorsticht. Eine Blume, die unter all den Gleichgesinnten keinen Platz zum Überleben hat und deshalb langsam verwelkt.

Ich begegnete der ein oder anderen Wache auf meinem Weg in mein Gemach, aber keiner Person, die eine Konversation mit mir beginnen würde und ich war recht froh um diese Tatsache, denn ich hatte nicht den Kopf, um mich nun noch mit anderen rumschlagen zu können.

Angekommen schloss ich meine Tür und dunkelte mein Zimmer ab, legte mich anschließend auf mein Bett und atmete tief durch.

»Ich muss es einfach wissen«, sprach ich in Gedanken zu mir selbst und schloss dann sanft meine Augen, um der Realität langsam entkommen zu können. Und es dauerte auch nicht lange, da fing ich an zu spüren, wie ich mich diesem Ort immer mehr entfernte und bald schon geistlich nicht mehr anwesend war. Es fühlte sich an, als würde man meinen Geist von meinem Körper trennen, doch leider waren wir nicht vollkommen getrennt.

Schlagartig schlug ich meine Augen wieder auf und blickte auf meine Finger, während der eisige Atem meine Lippen verließ und kleine Wölkchen vor meinem Gesicht bildete. Der Boden war schneebedeckt und ich blickte auf, direkt in die Richtung, in der das Zentrum dieses Waldes stand und seine riesigen Wurzeln sich über den Wald erstreckten.

»Ich bin wieder hier, der vereiste Wald«, murmelte ich leise und ging den ersten Schritt nach vorne. Mein Herz schlug schnell und ich spürte das einzig Menschliche, das mir an diesem Ort geblieben war und das war die Angst. Das Gefühl, das man noch Leben in seinem Körper hat.

»Willkommen im vereisten Wald.«

Es war wieder diese manipulative Stimme, die in meinem Kopf ertönte und die ich selbst dann nicht stummschalten konnte, wenn ich mir die Ohren abtrennen würde. Sie war in meinem Inneren, als würde sie versuchen von mir Besitz zu ergreifen, denn je mehr sie zu mir sprach, desto willenloser wurde ich. Mein Körper begann sich wie von selbst zu bewegen, auch wenn meine Gedanken danach schrien zu stoppen.

Und ohne es zu wollen ging ich tiefer in den Wald hinein, wohlwissend, dass ich mich der Gefahr nahezu hingab. Zu wissen, dass der Tod auf einen lauerte und nicht zu wissen, wann er zuschlagen wird, war eine der schlimmsten mentalen Folter, die man einem Menschen antun konnte. Und nichts anderes geschah mit mir, ich starb jede Nacht und wachte lebendig auf.

Ein endloser Teufelskreis, aus dem es kein Entkommen gab. Nicht, solange ich auf mich selbst gestellt war.

Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen, wie die Büsche anfingen zu rascheln, konnte spüren, wie der kalte Wind meine Haut streifte und blieb an Ort und Stelle stehen. Ich verstand sofort, was Sache war und ein Blick nach vorne genügte, um zu wissen, dass ich umzingelt war.

Ich war wieder Herr meines Körpers und meine normale Reaktion wäre es nun zu rennen, zu schreien und zu beten, dass ich bald wieder aufwache, aber diesmal nicht. Die Monster, die immer wieder versuchten mich zu töten, waren alles tote Seelen, die dem Hass unserer Welt zum Opfer gefallen waren und durch den endlosen Krieg der Finsternis verfallen waren. Sie waren wie ich Menschen, mit eigenen Ansichten und nun waren sie hier.

Ihr Zorn auf mich war verständlich, immerhin spiele auch ich eine größere Rolle in diesem Spiel, das Macht heißt. Eines, das schon seit Anbeginn der Zeiten gespielt wird und aus dem es keinen Gewinner geben konnte - wir alle waren die Verlierer und bemerkten es nicht.

Wir gewannen eine Schlacht, beendeten dafür unzählige Menschenleben und verloren dafür das Wichtigste, das einen Menschen ausmachte, nennen das dann Sieg und warteten, bis der Kreislauf sich wiederholt. Aus Hass wird weiterer Hass geboren, Blut wird auf ewig Blut vergießen und Leben werden geboren, um irgendwann wieder durch Gewalt beendet zu werden.

Aber wir waren alle nur Menschen und müssen nicht zu skrupellosen Monstern werden, um Veränderung zu erstreben.

Aber plötzlich spürte ich eine Hand, die nach meinem Arm griff und mich hinter sich herzog, weg von diesen Monstern.

»Wer bist du?«, fragte ich, doch konnte mir die Antwort bereits denken. Schließlich war ich ihr erst vor Kurzem begegnet.

»Sag mir nicht, du hast mich bereits vergessen, Taehyung? Was eine Schande, ich hatte mir echt eine andere Reaktion erhofft«, seufzte sie, ihre warme Stimme ließ mich vergessen, dass wir uns in einem eisbedeckten Wald befanden und gerade um unser Leben rannten.

Ich schüttelte meinen Kopf, »Nein, ich könnte dich niemals vergessen.«

»Du bist nicht mehr alleine, Taehyung. Von nun an bin ich an deiner Seite und werde über dich wachen«, antwortete sie mir.
Die Person, die damals mein Vorbild war und zu der ich immer aufgesehen hatte, denn sie war wunderschön und immer so reif, erwachsen.

»Aber du warst doch auch ein Teil von diesem Ort?«
»Mein Hass ist verschwunden, ich kann nun in Frieden ruhen.«

Als wir wieder zum Stehen kamen, nahm sie beide meiner Hände in ihre sanften Handflächen und blickte mir fest in die Augen.

»Du sagtest Blut wird Blut vergießen und dass dies ein endlos langer Kreislauf sei. Aber ich glaube, du hast die Kraft in deinen Händen und den Segen der Götter, um diesen Teufelskreis endlich zu zerschlagen, Taehyung.«

Brotherhood メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt