♕16 - Schicksal♛

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Taehyung

Mit einem angenehmen Gefühl öffnete ich meine Augen langsam und erblickte die ersten Lichtstrahlen, die durch das Fenster neben mir in den Raum drangen und diesen somit erhellten. Zunächst erkannte ich bloß schemenhafte Gestalten, bevor ich die Umrisse meiner Umgebung wahrnehmen konnte und meine Augen sich schlussendlich an die Sichtverhältnisse gewöhnten.

Und es war eines der wenigen Male, in denen ich morgens erwachte, ohne an den negativen Gedanken meinerselbst zu ersticken. Denn dieses Mal hatte ich das Gefühl, nicht mehr alleine zu sein und zu wissen, dass es jemanden gab, der mir den Rücken stärkte, trieb auch meine Motivation wieder in die Höhe. Es waren Rätsel, deren Bedeutung ich noch nicht erkennen konnte, doch jedes Teil war wertvoll und hatte seinen Platz in dem riesigen Gesamtbild, das gleichzeitig die Lösung der Probleme symbolisierte.

Ich erhob mich langsam aus dem Bett und strich das Bettlaken einigermaßen glatt, bevor ich das Kissen und die Decke ordnungsgemäß richtete. Atirian sollte nicht denken, dass die Menschen aus meinem Reich keine Ordnung oder Anstand besaßen und deshalb tat ich hier das gleiche, wie auch in meinem eigenen Gemach.

Da ich mir ziemlich sicher war, dass es noch früh am Morgen war und das gemeinsame Frühstück noch nicht in absehbarer Zeit stattfinden wird, entschied ich mich zu einem morgentlichen Spaziergang, um einen freien Kopf zu bekommen und mich dann auf das konzentrieren zu können, das ihm Hier und Jetzt geschieht.

Also versuchte ich möglichst geräuscharm mein Gemach zu verlassen und dann den Gang entlang zu stolzieren, in der Hoffnung, dass ich der einzig wache Mensch in diesem Schloss war.
Die Chancen waren zwar nicht besonders hoch, doch da ich gestern schon recht früh zu Bett gegangen war, war es nur normal auch sehr früh wieder aufzuwachen. Und da ich nicht glaubte, dass jemand anders ebenso um die Zeit schlafen gegangen war, hatte ich meine Hoffnungen, alleine zu sein.

Draußen angekommen spürte ich zunächst die angenehm kühle Luft auf meiner Haut, die mir sämtliche Müdigkeit aus dem Gesicht streifte und anschließend erblickten meine Augen den gerade stattfindenden Aufgang der Sonne. Es war selten, dass ich früh genug wach war um ihn zu erleben, aber das erklärte auch, warum das Licht in meinem Raum noch nicht allzu stark war.
Es ist immer wieder erleichternd zu sehen, dass die Welt sich trotz all dieser Kriege und dem Hass weiterdrehte, als sei sie kein Teil des großen Ganzen.

»Was treibt dich um diese Zeit denn nach draußen?«, hörte ich auf einmal die Stimme eines jungen Mannes und ich drehte mich erschrocken in die Richtung, aus der ich glaubte sie gehört zu haben. Nicht besonders versteckt stand Jeongguk an der Mauer des Schlosses und hatte seine Arme vor seinem Oberkörper verschränkt, während er mich  skeptisch musterte, gar inspizierte.

»Dasselbe könnte ich dich auch fragen«, erwiderte ich daraufhin und mir fiel auf, dass das eines der ersten, wirklichen Gespräche war, die wir miteinander führten. Ich wusste, in welchem Verhältnis er zu mit stand und welche Rolle er für Atirian spielte, aber dennoch hatten wir seit unserer Ankunft kaum Interaktion miteinander. Was nicht zuletzt auch daran lag, dass seine finstere Miene mir keinen Grund gab, das Gespräch zu ihm zu suchen.

»Die Ruhe genießen, bevor das nicht mehr möglich ist«, erklärte er sich und schaute mir dann abwartend in die Augen, wartend auf eine Antwort, für die ich erst noch die passenden Worte finden musste.
»Kaum zu glauben, dass dort draußen Menschenleben beendet werden, während wir hier stehen und den Sonnenaufgang beobachten«, sagte ich dann und sprach damit die Gedanken, die mir eben noch durch den Kopf gegangen sind, aus.

Brotherhood メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt