♕23 - Blaue Flamme♛

124 17 6
                                    

♕ Taehyung ♛

Meine Lippen bebten und meine Fingerkuppen folgten meinem Gesicht von den Schläfen bis runter zu meinem Kinn. Ich spürte, dass mein Körper mir vertraut waren, doch diese erbitterte Kälte forderte seinen Tribut. Langsam öffnete ich meine Augen und erkannte das angsteinflößende Weiß, das mir klarmachte, dass ich mal wieder hierher gerufen wurde.

Ich wusste nicht, ob ich mich fürchten sollte oder nicht, aber diese Eiseskälte ließ mich und meine Emotionen fast schon gefrieren. Ich atmete leicht aus und beobachtete meinen Atem, wie er sich langsam in der Luft löste und spähte dann zur Seite. Ich erkannte die Hütten rings um mich herum, jedoch war mir ihre Bedeutung unklar. Eine Präsenz ging von ihnen aus und eben diese sorgte dafür, dass ich mich von ihnen fernhielt.

Langsam und fast schon wie von selbst ging ich einen Schritt nach dem nächsten und erst als ich mich immer weiter von besagten Hütten entfernte, bemerkte ich, wohin meine Beine mich trugen. Es war wie eine fremde Kraft, die mich immer wieder in das Zentrum dieses Ortes lockte und ich konnte nichts dagegen tun, denn mein Wille war nicht stark genug um meinen Körper zu lenken. Es war viel zu kalt dafür.

»Taehyung«, hörte ich eine Stimme in meinem Kopf und blickte empor in den sich über mich erstreckenden Himmel. Diese Stimme drang nicht in mein Ohr, sie befand sich in meinem Kopf, doch ich schaffte es nicht sie zuzuordnen. Sie klang nicht wie die eines Menschen, aber Ungeheuer wollte ich auch nicht sagen, schließlich konnte ich es nicht wissen. Aber sie schallte, bevor sie verblasste und noch ehe ich reagieren konnte, raschelte das mit Schnee bedeckte Gestrüpp neben mir.

Ich runzelte mit der Stirn und blickte an besagte Stelle, aber alles was ich sehen konnte war ein Tier, das sich dort niedergelassen hatte. Bei näherem Betrachten erkannte ich ein Reh, das versuchte sich aufzurappeln, aber aus irgendeinem Grund immer wieder scheiterte. Mein Mund öffnete sich einen minimalen Spalt breit, doch kein Ton verließ meine Lippen, stattdessen ging ich leise tretend zu besagtem Tier und inspizierte es aus der Nähe.

Als ich fast schon neben dem Reh stand erkannte ich eine tiefe Wunde an seinen Rippen. Das arme Tier war verletzt und kam deshalb nicht vom Fleck und fast schon reflexartig ging ich in die Hocke, um mir diese Wunde näher anschauen zu können. Das Reh zitterte am ganzen Leibe und ich blickte dem verletzten Tier in seine braunen Augen. Ein Lächeln spielte sich auf meine Lippen und ich flüsterte ein leises »Alles wird gut«.

Doch kurz bevor ich meine Finger an sein Fell legen konnte, schrie es wild auf und seine Augen färbten sich blutrot. Erschrocken ließ ich mich nach hinten fallen und sah, wie das Reh sich aufrappelte und seinen Hals dem Himmel entgegen streckte. Grausame Laute verließen seine Kehle und ich verzog meine Miene bei diesen Klängen.

Mein Magen begann sich zu verdrehen, als ich auf einmal sah, wie Knochen aus dem Tier hervortraten und sein ganzer Körper sich mit Blut befleckte. Ein letztes Mal blickte ich dem Tier in seine Augen, bevor ich mit zitternden Händen, dazu noch recht schwankend aufstand und rannte. Mein Atem war unkontrolliert und ich wusste nicht, wohin ich fliehen konnte, denn von hier gab es kein Entkommen und es war egal, wohin mich meine Beine trugen. Ich war nirgends sicher vor dem Schrecken, den dieser Wald für mich bereit hielt.

Jeder Baum, an dem ich vorbeirannte, sah für mich aus wie der andere und ich bog mal rechts, mal links ab. Ich wollte einfach nur verschwinden, doch es war egal, welchen Weg ich einschlug, denn aus einem Grund kam ich dem Zentrum dieses Waldes immer näher.

Vollkommen außer Puste kam ich zum Stehen und blickte auf meine blassen Hände, ich biss mir auf die Unterlippe und wollte durch den Schmerz herausfinden, ob mein Körper überhaupt noch Schmerzen empfinden konnte. Ob man hier überhaupt etwas derartiges fühlen konnte. Denn das hier war ein niederträchtiger Ort, der dich deine Menschlichkeit verlieren ließ.

Brotherhood メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt