♕30 - Finsterer Nebel♛

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♕ Taehyung ♛

Von dem bevorstehenden Kampf bekamen Jeongguk und ich gar nichts mit, wir wurden aufgetragen zu fliehen und hatten keinen Augenblick Zeit darüber nachzudenken oder uns zu weigern. Zweiteres hätte mein Vater aber niemals im Leben toleriert, sein Zorn war geweckt und diesen zu weiter zu erzürnen hätte selbst für seine Blutsverwandten tödlich enden können.

»Ich kann nicht fassen, dass ich gerade mit dir hier vor der kommenden Schlacht fliehe«, zischte Jeongguk wütend, denn das Ganze schien ihm nach wie vor nicht in den Kram zu passen. Allerdings stellte ich mir dann die Frage, warum er uns überhaupt gewarnt hatte, wenn er doch so erpicht darauf war zu kämpfen. Ich musterte ihn von der Seite, sein Kopf war gerade nach vorne gerichtet und sein Blick hing starr in der Luft, als wäre er in Gedanken versunken.

Wir waren ohne Pferde unterwegs, weil Vater der Meinung war, dass wir mit ihnen zuviel Aufmerksamkeit erregen konnten, dazu wussten wir auch nicht, ob sie bloß von einer Seite angreifen würden.
»Ob du es mir glaubst oder nicht, aber meine Begeisterung hält sich genauso in Grenzen.«

Ich wusste nicht, wie man das zwischen ihm und mir beschreiben konnte, wir hatten kein gutes Verhältnis zueinander, ich würde sogar soweit gehen anzunehmen, dass er mich sogar hasste. Aber es musste irgend etwas geschehen sein, da er mir bei der Abreise seinen schwarzen Schwan geschenkt hatte. Er ging sogar so weit, sein eigenes Land zu verraten.

Der Himmel war mit grauen Wolken bedeckt, als wären sie ein Anzeichen für die Tragödie, die gerade dabei war zu geschehen. Wenn die Sonne schien wusste ich, dass der Tag ein guter werden würde, sie war ein Zeichen von Frieden, aber dunkle Wolken, die sie verdeckten waren nie ein gutes Zeichen.
Sie kündigten Unheil an, so sagen es die uralten Geschichten.

Umgeben von in die Höhe ragenden Bäumen, raschelnden Büschen und nichts weiter als Natur, war es schwer zu glauben, was gleich geschehen würde, denn hier schien bis auf den dunklen Himmel und dem peitschenden Wind alles friedlich zu sein.

»Darf ich dich fragen, was dich zu dieser Entscheidung gebracht hat?«, erhob ich dann wieder meine Stimme, um das Schweigen zu brechen. Er brummte, war nach wie vor in Gedanken versunken und ich wusste nicht, ob ich noch eine Antwort erwarten konnte oder ob er meine Frage überhaupt vernommen hatte.

»Ich habe eine fremde Stimme gehört«, erzählte er mir dann und ich wurde direkt hellhörig. Fremde Stimmen, komische Träume oder abstrakte Phänomene waren seit einer Weile nichts unerwartetes mehr. Ich hatte immer ein normales Leben gelebt, doch seit ich zum Kronprinzen gekrönt wurde und mich mehr und mehr mit den Sagen der Länder beschäftigte, traten diese Sachen immer häufiger auf. Na ja, manche waren aber auch schon immer da.

»Und ich dachte schon, ich wäre der einzige, dem sowas dauernd passiert. Was hat sie gesagt?«, hakte ich weiter nach und versuchte aus irgendeinem Grund näher an ihn zu kommen. Neben ihm zu laufen fühlte sich so fremd an, aber irgendwie auch sehr vertraut. Vielleicht lag es daran, dass Pflichten und Loyalität sogar Blutsbänder zerstören konnte, denn eigentlich waren wir nichts weiter als eine Familie.

Eine Familie, die mit einem Dolch auseinander gebracht wurde. Keiner wusste, ob diese Wunde je wieder geheilt werden konnte.

»

Sie sagte, dass wir Menschen uns in unser eigenes Verderben stürzen würden, dass uns alleine dafür die Schuld treffen würde.«
Für einen Moment weiteten sich meine Augen, denn diese Worte geisterten schon so lange in meinem Kopf herum, ich hatte sie so oft schon gehört.

Ich wusste nicht, was ich darauf antworten sollte, also blieb ich still und dabei blieb es auch. Je weiter tiefer wir in den Wald spazierten, desto mehr veränderte sich die Atmosphäre. Die Luft wurde feuchter und das Gestrüpp wurde dichter, aber da war noch etwas anderes,  das mich beunruhigte. Ich wusste nur noch nicht, was es war.

Der Mondlichtsee war das Ziel, aber ich verstand nicht, warum wir ausgerechnet dorthin gehen sollten. Theoretisch würde dieser Wald doch schon ausreichen, warum also noch tiefer hinein gehen?
Aber irgendwie freute ich mich auch, als ich besagten See das letzte Mal gesehen hatte, war ich so fasziniert davon, dass ich unbedingt noch mal dorthin kommen wollte. Es war, als würde etwas magisches diesen See umgeben und auch in den Büchern gab es viel über ihn zu lesen.

»Bleib mal stehen«, kam es dann auf einmal von Jeongguk und ich tat, was er sagte. »Was ist los?«, fragte ich, aber er symbolisierte mir mit seinem Finger, dass ich still sein sollte. Ich spähte vorsichtig umher und versuchte etwas wahrzunehmen, das ihn vielleicht beunruhigt hatte, doch da war rein gar nichts, weshalb ich ihn fragend anschaute.

»Es ist totenstill. Nicht ein Tier hat bisher unseren Weg in diesem Wald gekreuzt. Irgendwas ist seltsam«, erklärte er mir dann und seiner Mimik konnte ich entnehmen, dass er sehr vorsichtig war. Allerdings entschieden wir uns dann wieder weiterzugehen.

Ich begann mich zu wundern, ob die Schlacht bereits begonnen hatte, wie viele schon gefallen waren und was uns erwarten würde, wenn wir wieder heimkehren würden. Ich fühlte mich so dreckig, als würde ich gerade mein Land verraten. Ich hätte auch etwas tun sollen, stattdessen irrten wir in einem Wald herum, der nahezu wie ausgestorben war.

Ein lautes Gekrächze riss mich aus meinen Gedanken und mein Blick schnellte zu einem der nahegelegenen Bäume. Auf einem Ast saß eine pechschwarze Krähe und ich hatte das Gefühl, als würden unsere Blicke sich direkt treffen. Ich bekam ein ungutes Gefühl, ihr Blick war starr auf uns gerichtet, selbst als wir weiterliefen wand sie sich nicht von uns ab.

»Was ist? Angst vor so einer kleinen Krähe?«, höhnte Jeongguk amüsiert und ich zog prüfend meine Augenbraue nach oben. »Hast du Angst vor etwas Stille? Such dir aus, was peinlicher ist«, konterte ich und er zischte nur wütend.

Je weiter wir gingen, desto unklarer wurde die Sicht vor uns.
»Nebel«, sagte ich dann. Und ein ziemlich dichter nebel noch dazu. Woher um alles in der Welt kam der her?

Ich hatte von Anfang an kein gutes Gefühl bei dieser Sache, es geschahen zu viele merkwürdige Dinge die alles wahrscheinlich auf etwas hinauslaufen würden. Aber worauf nur?

Gerade als ich Jeongguk etwas fragen wollte, bemerkte ich, dass er gar nicht mehr da war und ich blieb sofort an Ort und Stelle stehen. »Jeongguk?«, rief ich laut, doch erhielt keine Antwort. Das durfte doch einfach nicht wahr sein, in diesem Nebel würde ich ihn doch nie finden.

Langsam ging ich voran und hielt Ausschau nach ihm, konnte ihn aber nicht finden und erhielt keine Antwort auf meine Rufe. Er war verschwunden, obwohl er gerade noch neben mir her lief. Irgendwas ging hier nicht mit rechten Dingen zu, das war mir jetzt klar. Dieses ungute Gefühl konnte einfach kein Zufall sein und ich atmete tief durch, um nicht die Fassung zu verlieren.

Aber eines war klar: Ich musste ihn wiederfinden, bevor etwas böses passierte.

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A/n

Endlich mal wieder ein neues Chapter 😊
Seid ihr schon gespannt auf das, was den beiden noch so passieren wird und wie sich ihre Beziehung zueinander entwickeln wird?

Brotherhood メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt