♕26 - Fernes Echo♛

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♕ Jeongguk ♛

Neugierig und schmunzelnd folgten Yoongi und ich diesem merkwürdigen Schimmern. Noch nie zuvor hatte ich etwas derartiges gesehen und für eine Weile dachte ich, dass uns die Augen einen Streich spielen wollten, dass es lediglich eine Illusion war, die durch den Mond hervorgerufen wurde. Doch es bewegte sich und etwas in mir sagte, dass es wollte, dass wir hinterher gingen.

»Mit dir nach draußen zu gehen, ist noch nie gut ausgegangen«, blaffte Yoongi, mehr ironisch als vorwurfsvoll und ein amüsiertes Seufzen entwich meiner Kehle, als ich an all die lustigen Erinnerungen von früher dachte. Das war noch zu der Zeit, in der ich mir keine Gedanken um Leben und Tod machen musste.

»Aber wir haben nie draus gelernt«, erwiderte ich lachend, ohne unser Ziel aus dem Visier zu nehmen. Ich war viel zu neugierig, als dass ich riskieren würde, es aus den Augen zu verlieren.
Nickend bestätigte Yoongi meine Antwort und ich bemerkte, dass die Sicht um uns herum immer unklarer wurde. Zum einen konnte das an meinem Mangel an Schlaf liegen, doch ich hatte keine Schwierigkeiten damit, meine Augen offen zu halten.

Aber als ich die Konturen der Bäume immer schlechter erkennen konnte, bemerkte ich, dass ein dichter Nebel aufkam und uns unserer Sicht beraubte. Lediglich das Schimmern war noch deutlich zu erkennen und ich orientierte mich deshalb alleine daran. Ich merkte, dass wir uns immer weiter von unserem Zuhause entfernten und das nicht in die Richtung, die zur Zivilisation führte. Wir waren im Wald angekommen.

Würde nun jemand versuchen mich zu töten, käme keiner zur Hilfe, denn meine verzweifelten Schreie würden alle in der Ferne ersticken.

»Yoongi«, sprach ich den Namen meines Begleiters aus und biss mir leicht auf die Unterlippe, ich spürte mein Herz gegen die Brust klopfen, denn es war, als wäre das Rascheln der Bäume und das Pfeifen des Windes erloschen. Ich hörte nichts mehr, das mich fühlen ließ, als sei ich lebendig. Und von Yoongi kam keine Antwort, ich konnte seine Anwesenheit nicht mehr spüren und blieb abrupt an Ort und Stelle stehen. Verwirrt ließ ich meinen Blick umhergleiten und versuchte die Gestalt von Yoongi in dem dichten Nebel ausfindig zu machen.

Allerdings konnte ich ihn nirgends entdecken und runzelte deshalb mit der Stirn. Ich atmete tief durch und versuchte Ruhe zu bewahren, immerhin war ich nur in einem benebelten Wald, der nicht allzu weit entfernt von meinem Zuhause lag.

Meine Hand ballte sich zur Faust und auch das Schimmern, wegen dem wir überhaupt erst in dieser Situation landen mussten, war nicht mehr zu sehen und ich wurde immer skeptischer. Hatte ich mir das Ganze tatsächlich bloß eingebildet? Wurde ich etwa wahnsinnig, wegen all dem Chaos, das in meinem Kopf gedeihte?

Ich wagte es, einen Schritt nach dem nächsten voran zu gehen, mit aller Vorsicht und bereit, auf alles zu reagieren, das auf mich zu kommen könnte. Normalerweise würde ich lachen, aber ohne mein Schwert war es ein ganz anderes Gefühl. Mythen waren für mich immer absurd, doch das hier wirkte, als wäre ich gerade ein Teil von dem, das mich zuvor nie interessiert hatte. Und das alles zu einer Zeit, in der ich nichts mehr als Zufall abstempeln konnte.

Ich vernahm ein Rascheln und augenblicklich schnellte mein Blick in besagte Richtung, doch wie bereits zu erwarten war, vernahm ich nichts, das mir einen Hinweis auf meine Position geben konnte. Als ich den nächsten Schritt gehen wollte, spürte ich, dass etwas meinen Fuß behinderte und ich deshalb ins Straucheln geriet.

Ich konnte mich wieder fangen, aber als ich dann wieder nach vorne starrte, machte ich eine Gestalt aus und ein Grinsen breitete sich auf meinen Lippen aus. »Da bist du ja«, rief ich erleichtert, doch erhielt schon wieder keine Antwort. Meine Lippen blieben einen Spalt weit offen und ich kneifte meine Augen zusammen, in der Hoffnung, besser erkennen zu können. Doch das Gegenteil trat ein, die Gestalt verblasste.

»Warte«, forderte ich den Fremden auf, allerdings hörte er nicht auf mich.

Plötzlich vernahm ich einen starken Windzug und die Blätter begannen wieder zu rascheln, diesmal aber viel stärker als sonst. Ich hörte Raben, wie sie krächzten und das Donnergrollen am Himmel. Ein Gewitter zog auf, doch warum so schlagartig?

»Ihr, die ihr die Menschen in ihren Untergang geleitet.«

Eine Stimme drang wie ein Echo in mein Ohr. Nein, es fühlte sich sogar an, als sei sie schon längst in meinem Kopf drinnen.

Erneut erschien nicht weit von mir eine Gestalt, deren Gesicht ich nicht erkennen konnte und diesmal stürmte ich auf sie zu, mit der Intention, sie nicht entkommen zu lassen.

»Ihr, die ihr Leid und Kummer über diese Welt gebracht habt.«

Es war egal, wie weit ich rannte, ich konnte sie einfach nicht erreichen. Sie kam nicht näher, sie entfernte sich nicht, aber jedes Mal wenn ich glaubte, sie zu erreichen, war sie wieder verschwunden und tauchte woanders auf. Das konnte keine Illusion mehr sein, meine Augen spielten mir keinen Streich. Hier musste irgendwas stattfinden, das den Verstand der Menschen überstieg. Und es war töricht zu wissen, dass kein Mensch glauben würde, was hier passierte.

»Ihr, die ihr diese Welt habt leiden lassen mit eurem abersinnigen Verhalten.«

Ich schnaufte tief durch. »Was soll das werden?«, rief ich laut und lehnte mich gegen Baum, neben dem ich zum Stehen kam. Meine zur Faust geballten Hand drückte ich immer fester zusammen und schlug mit sämtlicher Wucht gegen den Stamm neben mir. Die Wut begann in mir zu kochen.

»Die Welt ist nicht auf euch Herrscher angewiesen, ihr seid es, die auf die Welt angewiesen seid.«

Und mit diesen Worten begann sich der Nebel zu lösen. Ich spürte, wie sämtliche Kraft meine Beine verließ und ich deshalb wie gebrochen in mich zusammensackte. Ich fühlte mich verwundbar und das nicht, weil ich verletzt war, sondern weil diese Worte dafür sorgten, dass mein Herz rasant schnell schlug. Was um alles in der Welt war das bloß?

»Jeongguk!«, vernahm ich dann die Stimme von Yoongi und bemerkte, dass er neben mir stand. Als er sah, dass ich keinerlei Kraft in meinem Körper hatte, ging er runter in die Hocke und schaute mir besorgt in die Augen. »Wo warst du?«, fragte ich ihn dann und versuchte mich wieder zu sammeln, schüttelte dann meinen Kopf, um wieder zur Besinnung zu kommen.

»Ich bin dem Schimmern gefolgt, auf einmal warst du weg«, erklärte er mir und ich schnaubte, sagte ihm daraufhin, dass es bei mir genau dasselbe war. Ich erzählte ihm von dem gespenstischen Ereignis von eben und erhob mich anschließend wieder.

»Ich habe auch eine Stimme gehört«, erwähnte er dann und ich zog ungeduldig meine Augenbraue nach oben.

»Sie sagte, dass diese winzige Nuance zwischen Narzissmus und Altruismus der Abgrund von uns Menschen sein würde, wenn wir nicht bald erkennen, dass wir es sind, die uns dorthin führen werden.«

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Mein Wattpad funktioniert aus irgendeinem Grund nicht, wie es sollte. Sagt mir mal bitte, ob ihr das Kapitel lesen konntet 😊

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