♕13 - Dunkle Zukunft♛

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Taehyung

Wenn ich an den Hass auf dieser Welt dachte, hatte ich kein klares Bild davon in meinem Kopf. Verschiedene Szenarien kreisten meine Gedanken, unnötiges Blutvergießen kam mir in den Sinn und die schrillen Schreie aller Opfer, die in einer dieser unzähligen Schlachten gefallen waren, ließen meine Gedanken verstummen. Wenn man dieser Emotion eine Form geben wollte, stellte sich heraus, dass sie keine genaue besaß und jeder den Hass anders definiert. Und trotz seiner verschiedenen Formen hatte er eine Quelle und diese war niemand anderes als wir Menschen.

Auf unsere Situation bezogen konnte ich behaupten, gerade mit der Quelle dieses Hasses an einem Tisch zu sitzen und auch wenn sie wie wir Menschen waren, waren wir dafür bekannt, trotz dieser Gemeinsamkeit nicht gleich zu sein. Und nur weil zwischen zwei mächtigen Menschen wie meinen Vater und seinem Bruder Hass herrschte, schlich sich dieser auch unter das Volk und das so weit, dass sie lernten sich zu verachten.

Die Blicke, mit denen hier im Raum inspiziert wurden, waren allesamt scharf und feindlich. Es war klar, dass wir von Alvarez hier nicht gerne gesehen werden, auch wenn wir mit friedlichen Absichten hier aufgetaucht waren. Den Worten eines feindlichen Menschen zu glauben war wie einen Mord bewusst zu begehen und dann zu behaupten, man hätte es nicht absichtlich getan. Unglaubwürdig.

Sie erwarteten heimtückische Pläne und bereiteten sich auf diese vor, weswegen man uns inspizieren, überwachen und auf jedem Schritt verfolgen würde.
»Da sich die Gelegenheit bei einem solchen Essen geradezu ergibt, halte ich es für angebracht, nach dem Grund eurer langen Reise zu fragen«, ertönte nun die Stimme meines Onkels, dem König dieses Reiches und zerstörte damit die unangenehme Stille, die sich seit Beginn des Mahles im Raum verbreitet hatte.

Mein Vater räusperte sich einmal und seine Gesichtszüge entspannten sich nach seinem tiefen Durchatmen, daraufhin setzte er zu einer Antwort an, »Wir sind hier um das zu beenden, das droht uns zu vernichten«, sagte er mit ruhiger Stimme, vermied aber den Augenkontakt mit seinem Bruder. Sie hassten sich und das zeigte sich in all den Kleinigkeiten, die ein gewöhnlicher Außenstehender nicht bemerken würde, aber ich tat es und wusste sie auch zu deuten.
»Du sprichst von dem Krieg.«

Mein Vater nickte und wieder einmal erkannte ich die hitzige Spannung zwischen den beiden, die anderen Anwesenden hüllten sich in Stillschweigen und begannen dem zu lauschen, das ihre Könige sich gegenseitig zu sagen hatten. Ihre Gesichtsausdrücke waren finster und sie selbst bereit, sich auf den Feind zu stürzen, wenn es nötig war. Aber wer meine Aufmerksamkeit noch viel mehr auf sich zog, waren nicht etwa mein Vater oder mein Onkel, sondern der Kronprinz dieses Reiches, Jeongguk. Es schien mir so, als hätte er keinerlei Interesse an dem Gespräch der beiden Könige, er saß zurückgelehnt auf seinem Stuhl, hatte seine Augen geschlossen und seine Arme vor dem Oberkörper verschränkt.

»Der Krieg, der uns in den Ruin treibt, wenn wir ihn nicht endlich aufhalten«, ergriff ich nun das Wort und spürte daraufhin, wie sich alle Augenpaare auf mich richteten und ihre Blicke mich beinahe durchbohrten. »Dass der Krieg uns viel Leid beschert hat, mag stimmen. Aber wie planst du etwas zu beenden, dessen Ursprung bereits Jahrhunderte zurück liegt?«, fragte man mich nun und ich begann zu überlegen. Es war für mich neu, angehört zu werden und mir war bewusst, wie präzise ich meine Worte nun wählen musste, um mit ihnen überzeugen zu können.

Dieser Druck sorgte dafür, dass meine Hand anfing zu zittern und ich wie gebannt auf sie starrte, während mich noch immer alle im Visier hatten. Ich atmete tief durch und kam dann endlich wieder zur Ruhe.
»Indem wir all unsere Prinzipien verwerfen und uns alle endlich als das sehen, was wir sind. Menschen. Einfach nur Menschen, die alle den gleichen Wert haben und die keinen Grund hatten, sich gegenseitig zu vernichten.« Nachdem ich diese Worte ausgesprochen hatte, spürte ich nun auch den Blick Jeongguks auf mir liegen. Seine braunen Augen nagelten mich beinahe an die Wand und ein Schauer rieselte mir für einen Moment über den Rücken.

Er hasste auch.

»Und wie stellst du dir das vor? Du kannst einem Kleinkind, das gelernt hat mit seinen Beinen zu laufen, nicht auf einmal sagen dass es das nun mit den Händen tun muss«, erwiderte ein im Raum stehender Berater des atirianischen Königs. »Es ist alles eine Frage des Willen, dem Kleinkind stellen sich körperliche Schwierigkeiten in den Weg, aber in unserem Fall liegt der Fehler in unserer Denkweise.«
Wildes Gemurmel machte sich unter den Anwesenden breit und ich stellte für einen Moment Augenkontakt mit meinem Vater her, er nickte mir zu und ein erleichtertes Lächeln machte sich auf meinen Lippen breit.

»Ruhe!«, rief mein Onkel durch die Menge und sorgte damit für sein gewünschtes Schweigen, daraufhin erwiderte er meinen Blick und nickte langsam mit dem Kopf. »Taehyung, wir sind nicht närrisch. Auch wir wissen, dass der Krieg auf Dauer keine Lösung sein kann. Aber auch du solltest wissen, dass Atirian und Alvarez zusammen nicht funktionieren können«, kam er wieder zu Wort.
»Weißt du es oder glaubst du es zu wissen? Atirian und Alvarez waren einst ein gemeinsames Volk«, antwortete ich ihm dann.

»Und sind seit ihrer Trennung verfeindet«, beendete er meinen Satz mit dem unausgesprochenen Teil, den ich nie auflisten wollte.
»Daran ist der Hass schuld«, sagte ich dann und ein Schweigen machte sich wieder im Raum breit.

»König Ardyn!« Noch bevor jemand zu Wort kommen konnte, wurde das Schweigen durch einen hereinstürmenden Botschafter unterbrochen und alle Aufmerksamkeit lag nun auf ihm. Vollkommen außer Atem wanderte sein Blick suchend durch die Runde, bis seine Iriden den König ausmachten und er erleichtert lächelte.
»Einige unserer Händler wurden in Brassdock überfallen«, keuchte er erschöpft hervor und ich spürte regelrecht, wie das Blut in meinen Adern zu gefrieren begann.

Wir hatten die Schlacht um Brassdock verloren und nun wurden ihre Händler dort überfallen, der Verdacht lag also verdammt nahe, dass wir von Alvarez hinter diesem Angriff steckten. Und auf dieser Basis fürchtete ich um meinen Plan, den Frieden wieder herzustellen. Wütend funkelte Ardyn erst mich und dann meinen Vater an und deutete dann seinen Leuten, ihm zu folgen.
»Das Mahl ist beendet.«

»Mist!«, ärgerte ich mich daraufhin, denn gerade war eine der besten Gelegenheiten, die ich bekommen konnte.

Und plötzlich spürte ich eine extreme Kälte und diesen Schauer von vorhin wieder, als ich die Gestalt von Jeongguk neben mir ausmachte und es schien, als könnte er mit seinem finsteren Blick meine Gedanken lesen.
»Ein einfacher Mensch kann nichts gegen das Schicksal tun, das man uns vor Äonen auferlegt hat. Versuche es und pass auf, dich nicht von der Finsternis verschlingen zu lassen. Sonst endest du wie sie alle auch.«

Brotherhood メ VkookWo Geschichten leben. Entdecke jetzt