Kapitel 22

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Zittrig drehte ich mich um. Der einst so ruhige Wald hatte sich in einen bedrohlichen Albtraum verwandelt. Die Sonne schien nur noch schwach durch die drohenden Zweige. Finsternis überkam den Wald. Dunkle Schatten zeichneten sich auf dem Waldboden ab und schienen nach mir zu greifen. Das beklemmende Gefühl in meiner Brust kehrte zurück. Mein Herz raste unaufhörlich.

Nach tiefem Durchatmen gab ich mir einen Ruck und rannte weiter Richtung Stadt. Erst als ich an meiner Haustür ankam, hörte ich auf mich ständig zu vergewissern, ob mich jemand verfolgte. Panisch zog ich den Schlüssel aus meiner Hosentasche. Ich brauchte einige Anläufe, bis ich es schaffte das Schlüsselloch zu treffen. Ich stieß die Haustür mit einem lauten Knall zu und glitt an ihr hinab auf den Boden.

Schützend hielt ich die Hände über meine pochenden Schläfen. Noch immer verstand mein Kopf nicht, was eben passiert war. Fynns Augen hatten sich in mein Gedächtnis gebrannt. Jedes Mal wenn ich die Augen schloss, sah ich sie bedrohlich scheinend vor mir. Ohne zu überlegen, nahm ich das Medaillon ab und betrachtete es eingehend.

Erinnerungen an frühere Zeiten kamen mir urplötzlich ins Gedächtnis. Unzählige Köpfe, die amüsiert auf mich herabschauen. Niemand, der mir aus dieser misslichen Lage verhilft. Kopfschmerzen, die sich wie Pfeile in meinen Schädel bohren.

Ich sah sie. Jung und hübsch auf einer Schaukel in gleichmäßigen Bewegungen hin und her schwingen. Sie befand sich in vollkommenen Einklang mit der Luft. Es fühlte sich fast an wie Fliegen. Sie blendete alles um ich herum aus. Es gab nur sie und die Schaukel. Nur das leichte Knarzen erinnerte sie, dass die Erde existierte. Jeden Tag ging sie um die selbe Uhrzeit wieder auf den Boden, doch heute entschied sie sich anders. Sie wollte nicht zurück. Sie wollte in der Luft bleiben. Einen Augenaufschlag dauerte es, bis das Auto mit quietschenden Reifen in die Schaukel krachte. Sie brach in sich zusammen. Die Einzelteile donnerten mit einem gellenden Laut auf den Boden. Für sie kam jede Hilfe zu spät. Ihr Körper wurde vom Auto erfasst und auf den Boden geschleudert. Der Ort, nach dem sie sich am wenigsten sehnte, brachte ihr schließlich den Tod. Nun würde sich ihre Seele in die Luft begeben und im Himmel landen.

Ein Meer aus Tränen überflutete mein Gesicht. Die Vergangenheit hatte mich eingeholt. Ich hatte Visionen. Visionen vom Tod. Seit ich umgezogen war, musste ich nicht mehr diese Qualen durchleiden, doch nun trafen sie mich mit voller Wucht. Sie wirkten jedes Mal so real und wirklich.

In meiner alten Schule hatten mich deshalb alle für verrückt erklärt. Oftmals lag ich auf dem Boden, wimmerte und schrie, doch niemand wusste warum.

Das Pochen meiner Schläfen kehrte zurück und verstummte mit einem Mal. Ich betrachte das Medaillon in meiner Hand. Der grüne Stein blitzte kaum merklich auf. Alles, woran ich mich erinnerte war, dass ich die Kette von Fynn hatte. Ein Teil meiner Erinnerungen war wie gelöscht. Krampfhaft versuchte ich mich zu entsinnen. Vergebens.

Augen aus SmaragdWo Geschichten leben. Entdecke jetzt