So schwang ich mich auf das himmelblaue Fahrrad und fuhr los.
PoV. Jin
Mein Weg führte mich durch die dunklen Straßen der Vorstadt, vorbei an nebeligen Vorgärten und verlassenen Häusern. Der gruseligste Abschnitt auf dem Weg zur Arbeit führte jedoch durch Gloom Park. Viele Wege des Parks, zum Glück auch die, die ich benutzte, waren zwar von alten flimmernden Straßenlaternen beleuchtet, aber ich hatte jedes Mal ein flaues Gefühl im Magen, wenn ich durch den, einem Wald ähnelnden, Park fuhr.
Die Schatten neben den Wegen waren tief und man konnte absolut nichts erkennen. Keine Menschenseele war um diese Uhrzeit hier zu sehen, denn die meisten mieden die nebeligen Wege Gloom Parks und fuhren beziehungsweise liefen lieber einen Umweg. Ich könnte das zwar auch machen, aber dann müsste ich früher aufstehen und außerdem musste ich mich ja eigentlich vor nichts fürchten. Es war eh nichts dran an diesen ganzen Geistergeschichten. Es waren doch alles nur Gerüchte. Oder?
Ich erhöhte meine Geschwindigkeit und fuhr nun durch das alte verrostete Eisentor, welches die Vorstadt und Gloom Park voneinander trennte. Das gruseligste an diesem Tor war jedoch nicht das Tor selbst, sondern der junge Torwächter, der mich jeden Morgen mit leerem Blick anstarrte und jeder meiner Bewegungen folgte. Selbst wenn ich nach dem Passieren des Tors zurückblickte, haftete sein Blick immer noch an mir.
Ein Schauer lief mir den Rücken herunter, als er auch dieses Mal seinen leeren Blick über mich wandern ließ. Ich wisperte eine leises "Hallo" in seine Richtung und beeilte mich an ihm vorbeizufahren. Der Torwächter erinnerte mich an einen Körper, dessen Seele diesen schon längst verlassen hatte.
Gloom Park lag nun in voller Pracht vor mir. Die alten Bäume beugten sich stöhnend über den Weg und die Laternen warfen ein spärliches Licht auf den Weg. Bänke standen verlassen am Rand und der Nebel zog sich durch das Unterholz. Aus den tiefen Schatten hörte ich die Geräusche, welche nur die "Rufe der verlassenen Seelen" genannt wurden.
Ich hatte schon oft gerätselt woher diese Geräusche stammten, aber ich hatte absolut keine Ahnung wer oder was diese erzeugen konnte. Meine Augen huschten hin und her und ich atmete zischend die Luft ein, wenn eine Eule dicht über meinem Kopf vorbeiflog oder eine Bewegung in den tiefen Schatten entdeckte.
"Ganz ruhig, Jin.", versuchte ich mich selbst zu beruhigen, was jedoch nicht sonderlich gut funktionierte. Ich kam an einer großen Lichtung vorbei, auf welcher sich Nebelschwaden aus dem Wald zogen.
Es gab mir schließlich den Rest, als ich das glühende rote Augenpaar im Nebel sah und die Umrisse einer sich bewegenden Silhouette ausmachen konnte. Ich riss meine Augen auf und öffnete meinen Mund. Ich wollte schreien, jedoch verließ kein Laut meine Kehle. Paralysiert hielt ich mein Fahrrad an und blieb stehen. Das war das Dümmste, was ich machen konnte, denn sobald die Gestalt das sah, blieb sie ebenfalls stehen und starrte mich unverhohlen an. Ich konnte meine Augen nicht von der Silhouette lösen.
Plötzlich rannte die Gestalt in unglaublicher Geschwindigkeit auf mich zu und wich in letzter Sekunde aus um an mir vorbei in den Schatten zu verschwinden. Ein spitzer Schrei verließ nun endlich meine Kehle. Ich kniff die Augen zusammen und versteckte mein Gesicht in den Händen. Dann drehte ich mich blitzschnell um und konnte gerade noch die weißen Haare der Gestalt zwischen meine Finger hindurch erkennen, bevor sie komplett von der Dunkelheit verschluckt wurde. Hinter mir konnte ich ein leises Knistern ausmachen, als würde ein Blatt Papier auf den Boden fallen. Ich drehte mich langsam um und nahm meine Hände wieder herunter. Und tatsächlich. Vor mir auf dem Boden lag ein Papierstück. Ich hob es auf und las die Worte, welche mit schwarzer Tinte darauf geschrieben waren.
Verzweifelter Vampir sucht lieben Blutspender.
Bei möglichem Interesse melden Sie sich bitte bei folgender Adresse:
Gloom Gardens 11a
Ich schluckte und las mir die Zeilen noch einmal durch. Das war der Artikel aus der Zeitung von heute Morgen. Meine Hände fingen an zu zittern. War das Ganze etwa doch kein dummer Scherz gewesen? Ich steckte das Papierstück in meine Jackentasche und schwang mich wieder auf mein Fahrrad. Ich musste so schnell wie möglich von hier verschwinden. Keine Sekunde länger würde ich freiwillig in diesem Park verbringen. Noch nie hatte ich so schnell das südliche Eisentor erreicht und hatte somit Gloom Park verlassen wie heute. Mir graute es jetzt schon vor dem Heimweg. Morgens war es ja noch halbwegs in Ordnung, da es immer schon ein wenig hell draußen war, aber abends war er stockdunkel und nur das Licht der Straßenlaternen erhellte den Weg. Die tief hängenden Bäume ließen nur sehr wenig Mondlicht durch ihr Dach dringen.
Ich war nun endlich in den hell erleuchteten Straßen der Vorstadt angekommen. Es war zwar immer noch die Vorstadt, jedoch unterschied sie sich grundlegend von der Gegend in der ich wohnte. Hier war alles sehr modern gehalten und keinesfalls alt. Es zog sich auch kein kalter Nebel durch die Vorgärten und die Straßenlaternen waren ebenfalls modern und leuchteten hell. Ich schließlich an einer Ecke nach rechts ab und legte die letzten Meter zurück. Vor meinem Laden stieg ich ab und schloss mein Fahrrad an einer der Laternen an. Mein Blick schweifte über die pinke verschnörkelte Schrift, die sich über der weißen Ladentür befand. Dort stand "Magic Shop". Ich habe lange überlegt, welchen Namen ich meinem Laden geben könnte, aber schlussendlich fand ich, dass dieser hier sehr gut passte. Ich kramte meinen Schlüssel aus der Jackentasche und steckte ihn ins Türschloss. Mit einem leisen Knacken öffnete sich die Tür und sofort stieg der verführerische Duft von süßer Schokolade in meine Nase. Und wie immer, wenn ich über die Türschwelle trat, waren meine Sorgen verflogen und musste lächeln.
Der Laden war in hellen Tönen gehalten. Die Wände waren weiß, der Boden sowie die Regale an den Wänden bestanden aus hellem Holz. In den Ecken und auf den Fensterbänken hatte ich einige Pflanzentöpfe und Deko, wie Kerzen, Bilder und ein Schild mit dem Spruch " Those who do not believe in magic will never find it" aufgestellt. Ich hörte Schritte aus dem Zimmer hinter der Theke kommen. "Da bist du ja, sonst bist du doch immer mindestens eine halbe Stunde vor mir da.", meinte eine sehr bekannte Stimme.
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•Desperate Vampire• ~ Namjin
Fanfiction"Verzweifelter Vampir sucht lieben Blutspender. Bei möglichem Interesse melden Sie sich bitte bei folgender Adresse: Gloom Gardens 11a" Die Anzeige stand Donnerstag Morgens in der Zeitung. Jin war sich sicher, es wäre nur ein dummer Scherz. Doch das...