Ich wollte ihm nicht wehtun, aber mein inneres Ich zwang mich schließlich doch dazu es zu tun.
PoV. ???
Er fuhr schnell mit seinem Fahrrad, aber ich war um einiges schneller als er. Er strampelte sich hier einen ab, während ich nur in einem langsamen Joggingtempo im Schatten der Bäume neben ihm herrannte. Seine Augen huschten fast schon paranoid hin und her. Er schien ziemlich große Angst vor diesem Park zu haben. Ich fragte mich warum er dann überhaupt den Weg durch Gloom Park nahm.
Jeder normale Mensch würde diesen Park nur über seine Leiche betreten und schon gar nicht nachts. Welch eine Ironie, dass der Friedhof in der Mitte des düsteren Parks lag. Die Menschen die hier her kamen, waren dann nicht mehr lebendig, sie waren tot. Ihr versteht? Nur über ihre Leiche betreten? Ok, nicht lustig. Das war eben der unverkennbare Humor eines Vampirs.
Der Hunger trieb mich dazu mein Ziel zu fixieren. Gleich würde ich dieses wunderbar süße Blut auf meiner Zunge schmecken. Es würde warm meinen Hals hinunterfließen und meinen unstillbaren Blutdurst zumindest für heute befriedigen. Ich beschleunigte meine Schritte und blieb an der nächsten Wegkreuzung im Schatten einer großen alten Eiche stehen. Der junge Mann kam schnell näher.
Als er nur noch einen Meter von mir entfernt war, sprang ich aus meinem Versteck und riss ihn von seinem Fahrrad. Er schrie, als er meine Augen sah. Sein Gesicht war voller panisch und er begann sich zu winden und um sich zu treten. Doch ich war zu stark. Mit meinen Händen fixierte ich seine Handgelenke rechts und links neben seinem Körper. Ich setzte mich auf ihn drauf, sodass er nun keine Chance mehr hatte mir zu entkommen.
Ab diesem Moment war es mir egal, was mit ihm passierte, wenn ich mit ihm fertig war. Ich würde meinem Hunger so oder so nicht mehr widerstehen können. Mein brennender Magen schrie schon fast nach seinem Blut. Irgendwie tat er mir zwar schon leid, aber, hey, ich war auch nur ein Vampir. Ich konnte nicht auf alles Rücksicht nehmen, ich wollte doch auch nur überlegen.
Es war eine abscheuliche Vorstellung, anderen wehtun zu müssen, um selbst überleben zu können, aber so war nun mal das Leben. Ich hatte mir schließlich nicht ausgesucht ein Vampir zu sein. Wenn es nach mir ginge, würde ich auch lieber ein Mensch sein. Aber ich konnte nichts daran ändern, also musste wieder eine unschuldige Seele ins Gras beißen. Und mit diesen Gedanken gab ich mich voll und ganz meiner Natur hin und nahm mir das, worauf ich schon so lange Zeit verzichtet hatte.
Es war schön dabei zuzusehen, wie sich der hilflose Mensch unter mir verzweifelt zu wehren versuchte, obwohl er ganz genau wusste, dass er eh keine Chance hatte zu entkommen. Er schrie, schluchzte und wimmerte. Aber genau das verstärkte meinen Hunger noch mehr. Es war ein unglaubliches Gefühl als ich meine spitzen Vampirzähne in die unglaublich weiche Haut seines Halses grub.
Der junge Mann schrie gequält auf und stoppte in seinen Bewegungen. Wahrscheinlich hatte er bemerkt, dass es nur noch mehr wehtun würde, wenn er seinen Kopf ruckartig hin und her warf. Sein Fleisch war warm und sofort schmeckte ich sein leckeres Blut. Gierig begann ich nun zu trinken. Es füllte meinen leeren Magen und ich wollte gar nicht aufhören zu trinken.
Ich wusste, dass es ab einem bestimmten Zeitpunkt für einen Menschen kritisch werden würde, wenn er so viel Blut verlor. Nach einer Zeit spürte ich, wie sich die Anspannung in den Armen des jungen Mannes langsam löste und er aufhörte sich zu wehren. Sein Kopf kippte zur Seite und ich hörte nur noch sein leises Wimmern. "B...Bitte....nicht...", kam ihm noch über die Lippen, bevor er seine Augen schloss und ich nur noch sein schwaches leises Atmen hörte.
Ich realisierte, dass ich nun zu weit gegangen war und war endlich in der Lage mich mit Mühe loszureißen. Ich zog meine Zähne zurück und leckte mir das Blut aus den Mundwinkeln, bevor ich meinen starken Griff um den Handgelenken meines Gegenübers löste und mich aufsetzte.
Friedlich lag der leblose Körper des hübschen Mannes vor mir. Das war ich. Ich hatte das getan. Die Schuldgefühle krochen über mich. Ich hatte ihn in diesen Zustand versetzt. Ich war nichts als ein Monster. Wie konnte man nur so selbstsüchtig sein?! Fassungslos über mich selbst streckte ich eine zitternde Hand aus und streichelte die Wange des Menschen. Ich spürte etwas Nasses unter meinen Fingern erblickte schockiert die Tränenspuren in seinen Augenwinkeln.
In diesem Moment hasste ich mich so sehr. Was sollte ich denn jetzt machen?! Ich kann ihn doch nicht einfach so hier seinem Schicksal überlassen. Die Bisswunde, die ich an seinem Hals hinterlassen hatte, hatte bereits aufgehört zu bluten. Nur noch eine dunkelrote Kruste war zu erkennen.
Hektisch überlegte ich, wie ich nun vorgehen sollte. Ich KONNTE ihn nicht hierlassen. Das ließen meine Schuldgefühle einfach nicht zu. Dann blieb nur eine Möglichkeit. Ich würde ihn mit zu mir nachhause nehmen. Ich wohnte eh nicht weit weg von Gloom Park. Gloom Gardens war nur eine Straße entfernt, also wäre ich schnell Zuhause. Also war es eine beschlossene Sache. Der junge Mann würde die nächste Zeit in meinem Haus verbringen.
Da gab es nur ein Problem. Ich war nicht der einzige Vampir im Ort. Direkt nebenan in Gloom Gardens 10 wohnte ein weiterer Vampir. Ich würde ihn nicht als meinen besten Freund bezeichnen, aber auch nicht als meinen Feind. Er war eben ein Kumpel. Wenn mir langweilig war, ging ich einfach rüber und wir tranken gemeinsam ein Glas Blut. Etwas, was Kumpels eben so taten.
Wenn er mitbekommen würde, dass ich einen Menschen bei mir beherbergte, würde er nicht lange zögern und sich auch an seinem Blut bedienen. Vor allem, da das Blut des jungen Mannes so verdammt verlockend roch und mindestens doppelt so gut schmeckte.
Aber eigentlich war es gar keine schlechte Idee mein Opfer mit zu mir zu nehmen, denn dann könnte ich meinem Nachbarn schön eins damit auswischen. Dieser Idiot hatte mich ausgelacht, als ich ihm erzählt hatte, dass ich eine Anzeige in die Zeitung gestellt hatte. Er hatte gemeint, dass sich da niemals jemand melden würde.
Ja gut, es ist ja nicht so als ob ich das Gleiche gedacht hatte, aber das habe ich natürlich nicht zugegeben. Diese Genugtuung wollte ich ihm nicht auch noch geben. Ein diabolisches Grinsen schlich sich auf meine Lippen, welches in der Situation, in der ich mich befand, sehr unangemessen war, ich jedoch nicht zurückhalten konnte. Ich würde meinen Nachbarn so richtig neidisch machen.
Abermals sah ich nach unten, wo mein Opfer noch immer bewusstlos unter mir lag. Mein Lächeln erlosch und die Sorge um den Menschen kehrte wieder zurück. Wieder musste ich feststellen, dass der junge Mann wunderschön war. Seine Haare waren erdbeerblond und verwuschelt. Seine Haut war makellos rein. Frustriert fuhr ich mir mit einer Hand durch die eigenen grau- schwarzen Haare.
Ich stand langsam auf. Aufrecht stehend, richtete ich den Kragen meines weißen Hemdes und richtete mein schwarzes Jackett. Ja, ich trug meistens Anzüge. Nein, ich trug keinen Dracula-Umhang. Das war mir dann doch zu viel Vampir.
Nachdem meine Kleidung wieder ordentlich saß, nahm ich den erstaunlich leichten Körper des Menschen auf und schlug den Weg nachhause ein. Ein normaler Mensch würde für diesen Weg circa 7 Minuten brauchen. Ich jedoch erreichte mein Haus, oder sollte ich Mansion sagen, innerhalb von 30 Sekunden. Einer der wenigen Vorteile, wenn man ein Vampir war.
Ich hoffte, mein Opfer würde nicht zu sehr erschrecken, wenn er in einem fremden Haus aufwachen würde.
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•Desperate Vampire• ~ Namjin
Fanfiction"Verzweifelter Vampir sucht lieben Blutspender. Bei möglichem Interesse melden Sie sich bitte bei folgender Adresse: Gloom Gardens 11a" Die Anzeige stand Donnerstag Morgens in der Zeitung. Jin war sich sicher, es wäre nur ein dummer Scherz. Doch das...