Between Dreams and Reality

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- 6 Monate später -

Seit diesem einen verheißungsvollen Abend handelten seine Träume nur noch von einem Thema: ihm, dem gottverdammten Barkeeper der ihn so sehr aus den Socken gehauen hatte. Dabei hatte er diesen seit dem Vorfall nicht mehr zu Gesicht bekommen, wie auch. Der Blonde war seitdem nicht einmal mehr in der unmittelbaren Nähe des kleinen Clubs gewesen und die Wahrscheinlichkeit ihm auf der Straße zu begegnen war ungefähr gleich 0 denn schließlich war Köln am Ende des Tages eine Großstadt. Und sobald Samuel ihn darauf ansprach was an diesem Abend passiert war, schwieg er. Sein bester Freund würde vollkommen ausflippen, wenn er davon erfahren würde. Aber so langsam aber sicher trieben ihn diese Träume in den Wahnsinn und es wäre eine Lüge zu behaupten, dass er den geheimnisvollen jungen Mann nicht noch einmal sehen wollte. Im Gegenteil, das Gefühl nach Sehnsucht hatte sich schon längst in seine Seele gefressen.
Er wischte die Gedanken an seine Träumereien aus seinem Kopf, klappte seinen Laptop zusammen und räumte die Bücher wieder in die Regale der Universitätsbibliothek zurück, um sich auf den Weg machen zu können.
Simon legte sehr viel Wert auf Pünktlichkeit und war dementsprechend genervt, als seine 3 Freunde allesamt 15 Minuten zu spät in ihrem gemeinsamen Lieblingscafé eintrafen. Also Kim würde er es noch verzeihen, da sie als Eventmanagerin nicht einfach aufstehen und gehen konnte, wenn noch Dinge zu tun waren. Aber Samuel hatte keinerlei Nachmittagsvorlesungen gehabt, genauso wie Simon selbst, und Jonas war selbstständig was bedeutete das er sich selbst überlegen konnte wann er arbeiten wollte. Trotzdem kamen alle gemeinsam zu spät, was den Jüngsten des Gespanns dazu brachte die Augen zu verdrehen. Allerdings versuchte er das zu verstecken, indem er betont lässig auf den Bildschirm seines Laptops, während er sich alle Mühe gab, seine Konzentration auf die bereits geschriebenen Zeilen seiner Hausarbeit zu lenken, damit die anderen seine Laune ja nicht bemerkten.
"Ey du alter Musikwissenschaftler. Was erforschen wir denn heute? Klaviere oder eher Gitarren?" Manchmal wollte Simon Jonas eine knallen, ob liebevoll oder nicht wusste er dabei selbst nicht so genau. Dieser mochte zwar gewisse Rapskills besitzen, was er schon oft genug auf Partys zur Schau gestellt hatte, aber verstand am Ende absolut nichts von seinem Studium. "Sehr lustig. Auf welcher Mission bist du denn heute? Mich zu nerven oder was wird das?" knurrte der Blonde leise, was Samuel dazu veranlasste in schallendes Gelächter auszubrechen. "Simi warum bist du denn schon wieder so eine Mimose? Schlecht geschlafen?" Angesprochener quittierte das lediglich mit einem genervten Grummeln. Die Freunde wussten, dass sie jetzt definitiv nicht an ihn herankommen würden. "Ok also mal Themawechsel. Was genau war die letzten Tage so los bei euch? Wie läuft die Hausarbeit Simon? Ist der Werbeclip den du schneiden solltest schon fertig Jonas?" Kim wie sie leibte und lebte. Sie hatte immer alles im Blick und wusste scheinbar ganz genau was bei wem zu welcher Zeit anstand und um was es sich handelte. Es erweckte beinahe den Eindruck als wäre sie ein wandelndes Notizbuch. "Ja ist fertig und rendert zu Hause noch, dann kann ich es nachher wegschicken. 2 Tage vor Abgabetermin." Das Jonas einmal vor Ende der Frist fertig war sorgte für allgemeine Überraschung, sodass der Fokus von Simon endgültig abrückte. Stattdessen schaltete sich Samuel als nächstes ein und berichtete ausführlich von den letzten Vorlesungen und das er sich so langsam auf das Schreiben seiner Masterarbeit vorbereiten musste. Das erinnerte Simon an genau zwei Dinge: zum einen das sein bester Freund ganze 3 Jahre älter war als er selbst und zum anderen, dass dieser bald mit dem Studium fertig sein würde. Was auch immer er vorhatte mit seinem Philosophieabschluss anzufangen. Er hingegen war noch nicht einmal mit seinem Bachelor durch, hatte erst die Hälfte geschafft. Plötzlich fühlte er sich wie ein kleines Kind neben seinen Freunden, er war das Küken der Gruppe und aus einem seltsamen Grund schämte er sich auf einmal dafür. Dafür das er mit seinen 21 Jahren noch beinahe ein Kind war, das ihm Erfahrungen im Leben fehlten welche seine 3 Freunde bereits gemacht hatten, das er immernoch nicht in der Lage war sich in die Gesellschaft einzugliedern geschweige denn normale Konversationen mit Fremden zu führen. Das schlimmste aber war das er IHN vor einem halben Jahr in dem Club getroffen hatte und einfach abgehauen war, weil er überfordert gewesen war. Und jetzt träumte er jede Nacht von ihm, wie albern war das bitte?!
"Erde an Simon Vogt! Noch anwesend?" 3 besorgte Augenpaare musterten ihn. "Ja..ja bin noch da alles gut, wirklich es ist nichts." Samuels Miene verfinsterte sich. "Simi ich sehe dir an der Nasenspitze an das du lügst. Was ist los? Das geht jetzt seit...ja 6 Monaten ständig so. Du driftest in deine Gedankenwelt an und im nächsten Moment siehst du aus als ob du gleich einen Nervenzusammenbruch hast. Was zum Teufel ist an dem Abend passiert, an dem du aus dem Club abgehauen bist?" Simon konnte darauf keine Antwort geben. Er war komplett geplättet davon, dass sein bester Freund schon vor einiger Zeit bemerkt haben musste, dass irgendwas nicht stimmte aber ihn nie unter Druck gesetzt hatte. Nun schien er aber endgültig am Ende seiner Geduld zu sein, was der Blonde auch nachvollziehen konnte aber er war trotzdem unfähig sofort eine Antwort zu geben. "Darf ich kurz eine Rauchen gehen? Ich erklärs euch danach, also versuche es zumindest so gut es geht versprochen." flüsterte Simon heraus, schnappte sich seine Kippenschachtel und flüchtete vor die Tür.
Das Nikotin beruhigte seine flatternden Nerven und die Anspannung fiel ein Stück weit von ihm ab. Simon sah dem Rauch dabei zu, wie er geschwungene Muster in die Luft malte, welche in der nächsten Sekunde schon wieder verschwunden waren. Er mochte die Vergänglichkeit des Rauches, es hatte etwas beinahe magisches. Und es erinnerte ihn daran, dass so ziemlich alles im Leben vergänglich war. Diese Seelenverwandschaft war das einzige in ihrer schnellebigen Gesellschaft, was eine Konstante bildete. Der Partner würde bis zum bitteren Ende bei einem bleiben, egal welche Stürme um sie herum wüteten. Das eigene Gegenstück schenkte Sicherheit, Wärme, Vertrauen, Nähe wie kein Zweiter es konnte. Simon seufzte. Er wollte den anderen gern kennenlernen, aber dazu musste er erstmal über seinen Schatten springen. Oder besser gesagt über sein Schamgefühl, welches ihn beinhe unerträglich plagte seit dieser Begegnung.
Geistesabwesend drückte er die Zigarette aus und trottete wieder zu seinen Freunden, welche ihn aufmerksam musterten. "Na dann leg mal los." kam es sogleich von Samuel, damit der Blonde ja nicht auf die Idee kam abzulenken. Manchmal verfluchte er es, wie gut sein bester Freund ihn kannte. Aber er hatte versprochen zu reden. Mit zitternder Stimme setzte er an: "Es ist kompliziert zu erklären. Also dein Kollege in dem Club, der andere Barkeeper, der mit den blauen Augen und den vielen Tattoos und so weiter, naja also keine Ahnung irgendwie wir haben zwar nicht miteinander gesprochen oder irgendwas in der Richtung aber...also ich...ichglaubeerkönntemeinGegenstücksein". Den letzten Teil seiner Erzählung ratterte der Jüngste am Stück herunter, es klang beinahe wie ein Wort. "Ok, ok also nochmal ganz in Ruhe. Du vermutest das Samuels Kollege das zu dir passende Gegenstück sein könnte? Habt ihr euch angesehen und du hattest diese innere Eingebung oder wie?" Kim war erneut in ihrem Element. Analysieren lag ihr viel zu gut. Simon zögerte erneut, presste dann leise hervor: "Ja wir haben uns angeschaut. Es war wie dieser alberne Mythos von der Liebe auf den ersten Blick und ich war so überfordert, dass ich abgehauen bin." Es war förmlich zu hören wie 3 Kinnladen regelrecht auf den Boden krachten. Jonas schlug beinahe die Hände über dem Kopf zusammen während Samuel seine Stirn auf die Handflächen sinken ließ. "Also ja, das ist nicht so die beste Entscheidung von dir gewesen aber warum gehst du nicht einfach nochmal hin, wenn Samu auch Schicht hat und sprichst ihn an?" "Auf KEINEN Fall bist du irre? Ich meine wie peinlich ist es eigentlich das ich abgehauen bin und dann soll ich jetzt einfach wieder dahin gehen als wäre nichts passiert? Nein vergiss es Kim." Entschlossen schüttelte Simon den Kopf. Das kam unter keinerlei Umständen in Frage, er würde den anderen überall wiedersehen wollen außer in diesem verfluchten Club. "Eine Hausparty. Hatten Kim und ich sowieso vor. Ich werd ihn einladen und du-" Samuel blickte seinen besten Freund durchdringend an "wirst definitiv auch anwesend sein. Und dann lauft ihr euch "zufällig" über den Weg oder ich stelle euch einander vor oder wie auch immer. Keine Widerrede." Der Schwarzhaarige duldete keinen Protest, soviel war klar.
Also dann. Eine Hausparty. Eine Stimme tief in seinem Inneren sagte Simon, dass das ziemlich peinlich enden könnte, aber versuchte das gekonnt zu ignorieren. Es würde schon irgendwie funktionieren. Hoffentlich.

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