Kapitel 6

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Lockwood stellte seine Tasse mit leisem klirren auf den Tisch und ein wenig Tee schwappte über den Rand.
"Ich habe dich angerufen Kipps, weil es einen Zwischenfall gab. Man hat Mrs. Johnson gestern tot auf ihrem Wohnzimmerteppich gefunden. Laut BEBÜP Geistersieche."
Wir sahen Lockwood an. Damit hätten wir nicht gerechnet. Selbst Holly viel völlig unelegant die Kinnlade herunter.
"Mrs. Johnson? Das war doch die aus Kensington mit dem schreibenden Gemälde, oder?", fragte George, während Lockwood viel zu viel Zucker in seinen Tee kippte: "Ja. Genau die. Jetzt können wir sie auch zu nichts mehr befragen. Und eine ganz andere Frage: Sollen wir den Auftrag ohne Klientin überhaupt noch erledigen? Ich meine... Es gibt deutlich interessantere und nicht zuletzt prestigeträchtigere Aufträge."
"Was ist denn mit dem los? Der ist mir ein schöner Agent. Überlegt, ob er einen Auftrag annehmen soll oder nicht. Wenn ich Hände hätte, hätte ich mir gerade an den Kopf gefasst.", meldete sich der Schädel seit längerem wieder. Insgeheim stimmte ich ihm zu, schob aber trotzdem den Riegel vor das Gitter in seinem Glas, woraufhin er einen wütenden Purzelbaum schlug.
"Gut." fuhr Lockwood fort, "Euren Blicken nach nehmen wir den Auftrag an. George, wir müssen uns jetzt auf deine Informationen verlassen. Nicht dass ich mir da Sorgen machen würde, aber wie immer ist Vorsicht besser als Nachsicht." Er zwinkerte uns an, stand auf und verließ den Raum. Der Schädel zog immer noch wütende Grimassen, ich ignorierte ihn aber.
"Ach ja.", Lockwood steckte nochmal den Kopf durch die Tür: "Luce, würdest du bitte unseren Vorrat an Eisenspänen aufbessern?" Ich nickte.

Die Baker Street war eine dieser Straßen mit dermaßen vielen Hinterhöfen, dass wahrscheinlich nicht einmal die Anwohner wussten, wo sie endeten.
Am MaryleboneMarket bog ich rechts ab und kam in einen gepflasterten Hinterhof in einer Ecke standen überquillende Müllcontainer und ein Obdachloser hatte sein Zelt in einem Kreis aus alten Nägeln, Dosen und Kronkorken aufgebaut. Vor mir waren zwei Türen. Die linke war aus Metall, die rechte aus Holz. Ich öffnete die linke und trat ein. Der Raum den ich betrat hatte edle Holzwände mit eingravierten Einhörnern. Nur die Gravuren erinnerten noch an den Vorbesitzer, die Fittes-Agentur.
"Hallo Miss Carlyle.", begrüßte mich der kleine, glatzköpfige Mann hinter der Glastheke.
"Hey Sam. Ich möchte die Eisenspäne abholen."
"Macht 20£."
Ich bezahlte und verließ den Laden. Irgendwie hatte ich das Gefühl, etwas sei anders gewesen als sonst. Aber was war es?

Lockwood & Co. - Das kreischende BildWo Geschichten leben. Entdecke jetzt