Kapitel 3

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Nachdem wir zwei weitere Stunden durch den Wald geirrt waren, hatte langsam die Dämmerung eingesetzt, weshalb wir in einem etwas dichterbewachsenen Gebiet, welches uns etwas Deckung für die Nacht geben würde, beschlossen hatten, unser Quartier aufzuschlagen. Die meiste Zeit war Draco an meiner Hand neben mir her gelaufen, doch gegen Ende hin, hatte man ihm angesehen, dass er kaum noch die Augen aufhalten, geschweige denn Gehen konnte, weshalb ich mich dazu erbarmt hatte, den erschöpften Jungen auf den Arm zu nehmen, auf welchem er wenig später auch eingeschlafen war. Trotz, dass ich überzeugt davon gewesen war, dass wir ihn unmöglich einfach hätten dort zurücklassen können, hatte es mich einiges an Überwindung gekostet dem Jungen, dessen späteres Ich mich als Schlammblut beizeichenen und ein Todesser sein würde, zu gestatten, seine kleinen Arme um meinen Hals zu schlingen. Jedoch hatte sich der Anflug von Hass schnell wieder gelegt, als mich der jüngere Draco aus erschöpften Augen angesehen und dann seinen Kopf müde auf meiner Schulter abgelegt hatte.

Zuerst war ich überrascht davon gewesen, dass er mir schon jetzt so viel Vertrauen schenkte, doch schnell war mir bewusst geworden, dass es nicht speziell an mir lag. Malfoy hatte niemanden von seinen Freunden oder seiner Familie ausmachen können und dass musste den kleinen Jungen sehr verängstigt haben. Als ich von uns Dreien dann als erster die Initiative ergriffen und ihm in sanften Ton klargemacht hatte, dass er uns vertrauen könne, war ihm in seiner Notsituation nichts anderes übriggeblieben. Dies war zumindest die logischste Erklärung für das Verhalten des Slytherins, die mir in den Sinn kam, schließlich glaubte ich schon lange nicht mehr an Zufälle.

Nachdem wir das Zelt aufgebaut, die Umgebung mit Schutzzaubern gesichert und uns etwas zu Essen gesucht hatten, ließ ich mich nun müde auf meine Matratze sinken. Draco hatte ich schon vor etwa einer dreiviertel Stunde in sein Bett gelegt und dennoch schweiften meine Gedanken unerwünschter Weise, immer wieder zu dem blonden Slytherin. Er hatte sich nicht ein einziges Mal negativ zu dem langen Marsch geäußert oder sich darüber beschwert, obwohl man ihm angesehen hatte, wie erschöpft er gewesen war. Wenn ich an sein späteres Ich dachte, war ich mir sicher, dass dieser es sich nicht nehmen gelassen hätte, uns dafür zu verspotten, weil wir nicht wussten, wohin wir gehen sollten und doch hatte sich der etwa Vierjährige nicht zu der Situation geäußert, hatte stattdessen geschwiegen.

Erst jetzt wurde mir bewusst, dass ich meinen eigenen Argumenten widersprach, schließlich hatte ich erst vor wenigen Stunden Ron und Harry erklärt, dass Draco Malfoy in der Gestalt eines Kleinkindes noch nicht schlimmes verbrochen hatte und dennoch rechnete ich jede Sekunde mit einem verbalen Angriff. Doch er war nun so anders, viel stiller und vor allem zeigte er mir gegenüber nicht die gewohnte Verachtung, welche er sonst immer durch Beleidigungen zum Ausdruck brachte. Es war seltsam den sonst so kalten Slytherin, so verängstig und schüchtern zu erleben, wie ich es ansatzweise nur im sechsten Schuljahr bei ihm beobachtet hatte und doch ließen mich die vergangenen Jahre misstrauisch bleiben. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf schloss ich meine müden Augen, nur um zu spüren, wie mich die Erschöpfung vollständig umhüllte und ich mir endlich gestatten konnte, meine Augen zu schließen.

Mit einem Mal saß ich kerzengerade im Bett, während ich angestrengt versuchte meinen Atem erneut unter Kontrolle zu bekommen. Erschöpft bettete ich mein Gesicht in meine Handflächen, um mir noch einige Sekunden zu gestatten, die Augen geschlossen zu halten, bevor mich erneut die grausamen Bilder erreichen konnten. Vor meinem Inneren Auge spielten sich erneut all die grauenvollen Ereignisse ab, welche ich während des vergangenen Tages, versucht hatte zu verdrängen und doch konnte ich sie nun so klar vor mir sehen, dass ich es nicht noch einmal wagte mich der Müdigkeit hinzugeben. Ausschnitte, in welchen meine Freunde gefoltert oder sogar getötet wurden, spukten in meinen Gedanken umher, doch auch meine eigene Tat beschäftigte mich, schließlich hatte ich einem Menschen die Zukunft genommen, einem anderen die Schwester und einem Anderen vielleicht die große Liebe.

Dramione - Krieg ohne jegliche GefühleWo Geschichten leben. Entdecke jetzt