Unvergesslich

Kapitel 44

Es war nun Ende September geworden. Daran dass Stefan sich noch immer so gut wie an gar nichts erinnern konnte, hatte sich nichts geändert, aber auch nicht daran, dass seine und Lisas Pläne sich eine gemeinsame Wohnung zu suchen vorerst auf Eis gelegt waren.

Der Kleine sprach nie wieder von diesen Plänen. Es freute Michael, auch wenn es ihm für seinen Freund Leid tat, dass er mit der blonden Tussi schon wieder Schwierigkeiten hatte. Er hatte gewusst, dass sie sich nicht ändern würde, auch nicht nach Stefans Stürz.

Das ganze österreichische Team war im Moment mit dem Deutschen gemeinsam auf der letzten Trainingsstation, bevor die neue Saison wieder beginnen würde. Sie waren auf Trainingscamp in Finnland und hatten gerade einen anstrengenden Tag hinter sich. Michael war bereits seit über zwei Stunden in seinem und Stefans gemeinsames Doppelzimmer, doch von dem Kleinen war keine Spur.

Natürlich hatte der Blonde versucht ihn zu erreichen, aber da der Braunhaarige sein Handy im Zimmer vergessen hatte und Michael nicht wusste wo er ihn suchen sollte, hatte er beschlossen hier zu bleiben und ungeduldig darauf zu warten, dass er Jüngere endlich zur Tür herein kommen wird.

Kurz vor elf Uhr abends öffnete sich endlich die Hotelzimmertür und Michael sprang schnell auf seine Füße und durchlöcherte seinen Freund sofort mit der Frage wo er so lange gewesen sei. Überrascht über seine Reaktion antwortete der Braunhaarige etwas überfordert „Ich war nur mit dem Andi noch was trinken. Wieso? Alles okay mit dir?"

Mit dem Andi also. Alleine wenn sich Michael dies nur vorstellte wurde ihm schon vor Eifersucht schlecht. Er war schon damals auf den gutaussehenden Deutschen eifersüchtig gewesen, aber heute nur noch mehr. Was ist, wenn Stefan plötzlich wieder klar wird, dass er nicht mehr auf Frauen, sondern auf Männer steht? Was ist wenn er sich anstatt in ihm in Andreas verliebt? Michael würde das nicht aushalten. Nicht noch einmal.

Damit dass Stefan und Lisa wieder ein Paar waren, hatte er sich bereits abgefunden, denn er wusste, dass wenn sie wegen dem Skispringen unterwegs waren, es nur sie zwei waren. Doch wenn Stefan mit Andreas zusammen kommen würde, dann würde er die beiden jeden Tag zusammen sehen und das würde er nicht schaffen. Er hatte schon so viel aufgeben müssen, er hatte ihn schon einmal gehen lassen müssen, doch das würde er nicht noch einmal schaffen. Er hatte ganz einfach keine Kraft mehr dafür.

Mittlerweile sah ihn Stefan besorgt an, da er noch immer auf seine Antwort wartete. „Ja, alles okay. Hab mir nur Sorgen um dich gemacht. Das ist alles." Sagte Michael in einer gleichbleibenden Stimmlage, fast so als wär es ihm egal, auch wenn ihm dies ganz und gar nicht war.

Ohne ein Wort mehr zu sagen, drehte sich der Größere um und legte sich wieder mit dem Rücken zu ihm in sein Einzelbett, worauf er sehr froh war dies zu haben. Er wusste, dass Stefan sich im Moment fragte was mit ihm los ist, aber der Kleine sagte nichts. Stattdessen ging er duschen und als er wieder aus dem Bad herauskam, tat der Blonde so als würde er bereits schlafen. Er wollte, nein er konnte heute nicht mehr mit Stefan reden. Eifersucht war ein so schreckliches Gefühl.

Es war mitten in der Nacht, als Michael von einen leisen aber gut hörbaren Geräusch geweckt wurde. Es hörte sich an, als ob Stefan sich in seinem Bett laut hin und her bewegte und dazu noch ungewöhnliche Geräusche machte. Noch halb schlafend rubbelte Michael sich die Augen wach, bevor er über seine Schulter fragte „Stef?"

Doch er bekam keine Antwort. Stattdessen begann der Kleine mit Händen und Füßen gegen die Matratze zu schlagen und flehte etwas in einer gequälten, ängstlichen Stimmlage. Michael konnte ihn nicht verstehen, aber dennoch wusste er, dass der Kleine nicht mit ihm sprach.

Der Blonde sah nun über seine Schulter, doch in der Dunkelheit konnte er nichts weiter erkennen, als dass sich der Jüngere schnell hin und her bewegte. „Stef? Alles in Ordnung bei dir?" Wollte er erneut wissen, doch als auch dieses Mal wieder keine Antwort kam und Stefan immer fester und härter gegen die Matratze einschlug und er nun auch nicht mehr flüsterte, sondern laut zu wimmern und jammern begann, drehte der Blonde das kleine Licht auf seinen Nachttischkästchen auf, um endlich etwas sehen zu können.