Kapitel 12

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Die Zeit, die sich alle vertreiben musste, bis es endlich los ging war immer die Schlimmste. Vor allem wenn die Trainingssprünge nun endlich vorbei waren und der eigentliche Wettkampf losgehen sollte. Aber es war noch nie so schlimm für Michael gewesen als wie an diesem Tag.

Der Blonde wusste, auch ohne dass er ihn danach gefragte hatte, dass Stefan genauso empfand. Sie mussten sich ständig warm halten, in Bewegung bleiben, versuchen nicht allzu nervös zu sein und ihre Nerven behalten. Der Jüngere und er hatten sich schon gestern Abend ausgemacht, dass sie die heutige Vorbereitungszeit alleine, getrennt voneinander, verbrinden würden.

Wie sonst auch immer üblich waren sie nicht die ganze Vorbereitungszeit über zusammen, denn jeder hat seine eigene Art und Weise sich vorzubereiten, aber heute wollten sie wirklich Abstand voneinander halten. Sie wollten sich auf sich selbst konzentrieren, denn sie beide wussten, dass wenn der andere in der Nähe war, sie nicht mehr fokussiert waren, sondern nur mehr auf den anderen Acht gaben.

Spät aber doch fing der erste Durchgang dann endlich um 16:30 Uhr an. Es war zwar bewölkt aber kein Wind, also gute Bedingungen. Das lange Warten machte Michael fast verrückt und manches Mal hatte er das Gefühl, dass ihm im nächsten Moment schlecht werden würde. Wahrscheinlich lag es auch daran, dass er zu Mittag so gut wie gar nichts runter bekommen hatte.

Er wollte sich auch gar nicht vorstellen wie es seinen besten Freund im Moment ging, denn von Michael selbst erwartete sich keiner etwas, außer Stefan natürlich. Möglicherweise machte Michael auch genau das so nervös und quirlig. Er wollte ihn, aber auch sich selbst, heute einen großen Wunsch erfüllen und zwar zum ersten Mal ganz oben zu stehen.

Es war ungewohnt, aber dieses Mal musste Stefan vor dem Älteren den Aufwärmraum in Richtung Schanze verlassen. Trotz ihrer Abmachung, heute nur an sich selbst zu denken, setzte sich der Kleine dennoch noch kurz bevor er weg musste neben den Blonden und flüsterte ihn zu „Gib dein Bestes."

Aufmunternd lächelte Stefan seinen Freund an, so wie es Michael die letzten Tage so oft getan hatte. Und auf einmal fühlte sich der Größere auch gleich wieder besser, wenn er in seine vertrauten Augen sah und das süße Lächeln auf seinen Lippen.

„Du auch, Kleiner." Erwiderte Michael mit einem etwas besseren Gefühl als noch Sekunden zuvor, bevor Stefan auch schon raus in die Kälte musste. Der Blonde sah gerade noch, dass sein Zimmerkollege sein Duell selbstverständlich gewonnen hatte, er sogar derzeitiger Führender war und wie er in die Kamera zufrieden strahlte, bevor er selbst an er Reihe war. Stefans derzeitige Führung brachte auch den Älteren zum Grinsen und plötzlich fühlte sich alles nicht mehr so schlimm an.

Die Atmosphäre war atemberaubend, als Michael ganz oben am Balken Platz nahm und für einen Moment kurz hinunter sah und es einfach nur genoss. Eigentlich hatte er ja nichts zu verlieren. Es war hier seine Lieblingsschanze, seine Familie und auch Freunde feuerten ihn lauthals an, er musste nur so springen wie gestern und Stefan wartete bereits unten auf ihn.

Also stieß sich der Blonde mit Vorfreude vom Balken ab, sein ganzer Fokus war auf seinen Sprung gerichtet. Natürlich bekam er die Jubelrufe, die lauten Tröten, die wehenden Fahnen und das langgezogenen zieh vom Sprecher mit, aber in der Luft waren diese Eindrücke nur zweitrangig.

Schon nach dem Absprung merkte Michael, dass dieser Sprung ihn auch wieder gelingen würde. Spätestens als er der grünen Linie immer näher und näher kam und diese schließlich unter seinen Füßen sogar verschwand, wusste er, dass er es geschafft hatte.

Nachdem er einen perfekten Telemark in den Schnee gesetzt hatte und auch die Sturzlinie hinter sich gebracht hatte, begann der Blonde zu jubeln. Die Menge rund um ihn herum gab ihr Bestes und auch sein Duellgegner wusste, dass er keine Chance gegen ihn heute hatte. Es fühlte sich fast so an als ob niemand eine Chance heute gegen Michael hatte.

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