-9-

216 10 2
                                    

Als die Musik verstummt, führt Arthur mich von der Tanzfläche. Glücklich darüber den letzen Tanz fehlerfrei überstanden zu haben, bildet sich ein kleines Lächeln auf meinem Gesicht. „Entschuldigen Sie, junge Damen," ertönt eine dunkle Stimme hinter mir. Arthur und ich drehen uns zu der mir unbekannten Stimme um, die einem etwas älteren Herren gehört. Er hat dunkelbraune Haare mit einzelnen grauen Strähnen an den Seiten. Seine langen Haare sind zu einem tiefen Zopf im Nacken zusammengebunden. Er trägt einen rubinroten Anzug und um seinem Hals hängt eine goldene Kette mit einem sternförmigen Anhänger. „Darf ich mich vorstellen. Mein Name ist Mr. Bluré", stellt sich der Herr vor. „Mrs. Smith", antworte ich kurz. Mr. Bluré hält mir seine Hand hin und fordert mich auf, meine Hand dort hinein zu legen. Widerwillig folge ich seiner Aufforderung. „Es freut mich sehr Ihre Bekanntschaft zu machen Mrs. Smith", sagt er und beugt sich vor, um einen Kuss auf meine Hand zu hauchen. Angeekelt von seiner Geste, ziehe ich meine Hand zurück und putze diese unauffällig an meinem Kleid ab. Arthur neben mir verfolgt die ganze Szene mit einem düsteren Blick. „Wollen Mademoiselle mir die Ehre geben, mit mir zu tanzen?", wendet Mr. Bluré sich erneut an mich. Ich wollte schon ablehnen, als mir die Bitte von Carter einfällt Mr. Bluré im Auge zu behalten. Also stimme ich Carter zur Liebe zu. Die ganze Zeit über würdigt Mr. Bluré Arthur keines Blickes, was Arthur noch mehr zu verärgern scheint. Doch bevor dieser eine Szene machen kann, ergreift Mr. Bluré meine Hand erneut und zieht mich zurück auf die Tanzfläche.

Als die Musik erklingt, zieht Mr. Bluré mich etwas näher zu sich und flüstert in mein Ohr: „Wie kommt es, dass eine so hübsche, junge Dame wie Sie in Begleitung von Offizier Mr. Jacobs ist?" „Hegen Sie etwa einen Groll gegen Arthur?" setzt ich zur Gegenfrage an, um seine nicht beantworten zu müssen. Denn ehrlich gesagt, ist mir dieser Mr. Bluré sehr unsympathisch. „Es ist mir zwar nicht gestattet darüber zu reden, Mrs. Smith, aber einer so hübschen Dame, wie sie es sind, kann ich einfach nicht widerstehen.", säuselt er mir ins Ohr. Innerlich verdrehe ich meine Augen und lächle Ihm zu. „Das ist aber sehr großzügig von Ihnen," antworte ich. „Vor nicht allzu langer Zeit, als Mr. Jacobs noch kein Offizier war, war er drauf versessen, meine Cousine Aubré zu ehelichen. Doch bevor es soweit kam, nahm sich Aubré das Leben. Aus sicheren Quellen habe ich erfahren, das Mr. Jacobs der Grund für diese Tat war." Ich schaue Mr. Bluré mit geweiteten Augen an, geschockt über die Geschehnisse, die er mir gerade geschildert hat. „Verstehen Sie jetzt, wieso ich einen Groll gegen Mr. Jacobs hege?" fragt mein Tanzpartner. „Mr. Bluré Ihnen ist bewusst, dass ihr Groll lediglich aus Tratsch besteht? Denn ich bezweifle, dass Ihre Quellen die ganze Geschichte kennen. Eventuell sollten Sie sich Mr. Jacobs Standpunkt anhören, bevor Sie sich ihren Groll hingeben." antworte ich ihm. „Mrs Smith, Sie sind schlauer, als ich gedacht habe. Aber auch wenn Sie hier ein gutes Argument eingebracht haben, denke ich, dass meine Quellen sehr zuversichtlich sind. Ich bitte Sie mich zu entschuldigen, ich hoffe wir können diese Unterhaltung ein anderes Mal weiterführen." Mit diesen Worten verabschiedet sich Mr. Bluré und lässt mich auf der Tanzfläche zurück. Aus dem Augenwinkel beobachte ich, wie Mr. Bluré sich kurz mit einem Diener unterhält, bevor er mit diesem den Ballsaal verlässt.

Schnell eile ich von der Tanzfläche Richtung Ausgang, doch bevor ich die Tür erreichen kann, laufe ich gegen eine harte Wand. Ich versuche mein Gleichgewicht zu halten, was aber unmöglich in diesem Kleid ist. Kurz bevor ich nach hinten kippe, ergreifen mich zwei starke Arme. „Da haben Sie aber noch mal Glück gehabt", ertönt die dunkle Stimme meines Retters. Als ich meinen Blick hebe, erstarrt mein ganzer Körper und ich glaube meine Augen nicht. „Josh" steht dort vor mir. Seine dunklen braunen Augen starren mich belustigt an, genauso wie das erste Mal, als wir uns kennen gelernt haben. Josh's Hände lassen mein Arme los und mit einer Hand fährt er sich durch seine blonden Locken. „Ich glaube, Sie verwechseln mich, mein Name ist nicht Josh. Wenn ich mich vorstellen darf, mein Name ist Edward de Haan, Captain der Häagen Dazs" stellt sich Josh, der doch nicht Josh ist vor. Es fällt mir ziemlich schwer, mich zu fassen, bis meine rechte Hand eine kleine metallische Flöte in meiner Rocktasche spürt und mir einfällt, dass ich Mr. Bluré im Auge behalten soll. „Danke für Ihre Rettung, aber ich muss jetzt los", antworte ich nicht Josh und flitze an ihm vorbei Richtung Ausgang, wo Mr. Bluré eben den Ballsaal verlassen hat. Als ich durch den langen Flur eile, halte ich Ausschau nach ihm, doch vergebens. Selbst draußen auf der Treppe ist er nicht zu sehen. Ich schaue mich nach einem ruhigen Plätzchen um, wo ich die Pfeife pfeifen kann, da ich sehe, wie mich einige der Gäste, die draußen stehen mit missbilligen Blicken beobachten. Als ich endlich etwas Abseits einen großen Baum entdecke, eile ich schnell zu diesem und hole die Pfeife aus meine Rocktasche hervor. Ich atme tief ein, bevor ich mit all meiner Kraft in die Pfeife blase. Ein schriller, ohrenbetäubender Ton erklingt, der alle Vögel in meinem Umkreis aufscheuchen lässt, Ein bunter Papagei, der Richtung Küste fliegt, fällt mir dabei besonders ins Auge.

Der Papagei fliegt immer höher, durch die dunkleNacht. Nur der volle Mond spendet ihm Licht, welches gerade reicht, damit erseinen Weg findet. In der Ferne kann der Papagei die Wellen an den Felsen brechenhöheren und dreht nach links ab. Dabei überholt er eine Kutsche, die mit hoherGeschwindigkeit durch die Nacht braust. Langsam kommt ein großes Anwesen zumVorschein, welches dicht an den Klippen liegt. In der zweiten Etage ist einsder Fenster so weit geöffnet, dass der Papagei mühelos durchfliegen kann. Alser im inneren des Hauses ist, setzt er sich auf die Schulter einer Person,deren Gesicht nur halb vom Mondlicht angestrahlt wird. „Er ist bald da!"krächzt der Papagei.

Tagebuch eines PiratenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt