Maekken Androcles

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Als ich mir am wohl kältesten, nässestem und graustem Morgen dieses Jahres meinen kleinen Zeh so heftig am stählernem Gestell meines Bettes stieß, das mir Tränen in die Augen schossen, wusste ich, heute würde einer dieser Tage. Ein Tag so Lustlos und gemein, das man ihm am liebsten im Bett verbringen würde und nur aufstehen würde, wenn einem die Blase fast platzte. Als der Schmerz endlich nachließ und ich aufhörte meinen Zeh zu reiben, als würde das irgendwas zur Linderung des Schmerzes beifügen, sah ich mich gähnend in dem großen, in grau-weiß gehaltenem Schlafsaal um, in dem ungefähr vierzig Mädchen in meinem Alter hin und her liefen. Sich fertig machten und für diese Uhrzeit viel zu laut waren. Die Betten standen wie kopiert in Zehnerreihen nebeneinander und man bekam schon Rückenprobleme wenn man ihre Handdicke Matratzen auch nur ansah. Ich stolperte nach vorn, als mich Marinda, auch ein Mädchen meines Schlafsaals, anrempelte als sie sich ihre Tanzschuhe hüpfend versuchte anzuziehen. Noch immer hüpfend entschuldigte sie sich. Ich grummelte schlecht gelaunt etwas in ihre Richtung und schlurfte in den eiskalten Flur, wo ich mir aus einem Schrank meine Tanzkleidung besorgte.

Etwa eine Stunde später gingen wir alle vierzig im Gleichschritt durch die viel zu langen Flure Richtung Frühstückssaal. Nicht um zu essen. Um die erste Vorführung heute zu geben. Uns hatte man damals gesagt, wir hätten Glück gehabt. Der Krieg habe unerbittlich für sieben Jahre seelenlos auf der ganzen Welt getobt. Man sagte uns, unsere Eltern waren umgekommen. Wir wären nur ein paar weitere Kriegswaisen, die auf der Straße arbeiten und niemals Ephronium zu Gesicht bekommen, hätten sie uns nicht "aufgenommen". Seit ich denken kann, bin ich hier. Seit ich denken kann, drillte man uns jede Woche neue Choreografien auf, die wir Maekken und seinen lächerlichen Ratsmitgliedern zwei Mal am Tag vorführen "durften." Keiner von meinen dämlichen Zimmernachbarinnen dachte auch nur daran dass außerhalb dieser Mauern etwas lebenswertes warten könnte. Nur ich träumte davon aus diesem routiniertem Albtraum zu entkommen. "Ophelia!" Keifte mich jemand von hinten an, als ich aus dem Gleichschritt Rhythmus kam. Augenrollend ging ich weiter und blieb vor der gigantischen Tür zum Frühstückssaal stehen. Dann ertönte Musik und wir schwebten auf den geräumigen, hochglanzweißen Tanzboden. Als wir fertig waren und in der Endpose des Balletstücks verharrten, starrte ich hoch zu Maekken. Maekken Androcles. Vor gut zwanzig Jahren bekam es dieser völlig Irre Fanatiker zustande eine Droge namens Ephronium zu entwickeln, die mithilfe einer fragwürdigen Maschine, dem Ephrograph Gedanken in sogenannte Ephromoleküle zu verwandeln, die aus dem Gehirn gelangen und sich zusammensetzten. Ohne Fachchinesisch: Eine Droge die Wünsche in Realität verwandelt. Anstelle diese fürchterlich gefährliche Substanz für gute Zwecke einzusetzen oder sie wenigstens geheimzuhalten (Wie es jeder normale Mensch tun würde) erzählte Maekken der Welt von seiner Erfindung und der erste Weltweite Drogenkrieg brach aus. Unzählige Nachahmer scheiterten an der Herstellung des Ephroniums und so wurde Amerika zur Zielscheibe der Welt. Manche Länder unterwarfen sich. Nur wegen des Ephroniums. Manche andere, größere Länder lieferten sich einen Kampf mit dem Land das jetzt jede beliebige Waffe in Unendlichkeit Herstellen konnte und das nur mittels Gedanken. Es ist unerheblich zu sagen, das diese Länder komplett ausgelöscht wurden. Nun existierte nur noch ein einzelnes Land auf der gesamten Welt. Proctor. Und Maekken hatte sich überraschender Weise zum Diktator von ganz Proctor gemacht und saß jetzt den lieben langen Tag in seiner weißen Festung der Hauptstadt von Procotor. Unwin, das seit schon immer auch mein "Heim" war. Was außerhalb von Unwin liegt, können wir uns nur vorstellen. Denn weder unsere Tanzleiter noch die vielen Soldaten gaben Auskunft über eine solche Sache. Maekkens farblose Augen glitten über uns. Dann hob er seine Nebelweiße Hand und machte eine Wegwischende Bewegung. Wir verbeugten uns und trippelten davon.

Im Badezimmer wusch ich meine Hände und stützte mich aufs Waschbecken. Was würde ich dafür tun, Unwin zu verlassen. Nicht tageintagaus in Maekkens Irre Augen zu sehen. Meine Fingerspitze berührte kurz die Schneeweiße Wand vor mir. Es klickte kurz und schon war die Wand ein Spiegel. Unüberrascht starrte ich in meine langweiligen, blauen Augen. Ich strich durch meine blonden Haare  und versuchte mein Spiegelbild mit einem falschen Lächeln in etwas hübsches zu verwandeln. Augenrollend zog ich an der dummen silbernen Strähne, die jeder Bewohner in Proctor haben musste. Maekken betrachtete das als "fair". Genauso wie er in Unwin Farben verboten hatte. Deswegen war alles Weiß, grau und silber. Er selbst konnte keine Farben sehen und Gott behüte jemand anderes besaß etwas, was er nicht besaß. Maekken litt an  Albinismus und holte sich sein Mitgefühl zwangsweise, sonst würde nämlich kein Mensch darauf kommen ihn zu bemitleiden. Unbeeindruckt ließ ich den Spiegel wieder Wand werden und verließ das Badezimmer um zu meiner Tanzstunde zu gehen.

Ich war mal wieder spät dran, wie mir die leeren Flure verrieten. Schluckend dachte ich an die Elektroschocks, die die Tanzleiter mithilfe eines langen Tasers den "Ungehorsamen" verpassten. Also rannte ich so schnell mir mein blödes langes Tanzkleid es erlaubte die Meilenlangen Flure lang. Hinter einer Ecke stieß ich mit jemandem zusammen, vom dem ich annahm, das es einer von Maekkens Soldaten war. Sofort kniete ich Bor ihm und starrte auf dem Boden. Manchmal schlugen sie dann nicht so fest zu. "Scheiße man, jetzt müssen wir abbrechen, oder Traz? Dienstmädchen petzten immer, richtig?" kam von oben. Verängstigt aber auch neugierig schaute ich auf. Vor mir standen drei Typen, ein bisschen älter als ich. Sie waren bizarr gekleidet, in dunklen Farben und hatten scharfe Munition und Waffen dabei. Der vorderste von allen hatte schwarze Haare, ohne Silberne Strähne, mitternachtschwarze Augen und eine Auffällige Narbe, die an seiner linken Schläfe anfing, haarscharf sein Auge verfehlte und bis zu seinem unteren Kiefer reichte. "Wer seid ihr?!" flüsterte ich scharf. Hektisch schaute ich mich um und drückte mich an die Wand. Da hörte ich schon den Gleichschritt von Maekkens Soldaten. "Hier lang!" drängte ich die drei und schon sie in ein Badezimmer, das ich abschloss. Warnend hielt ich den Finger vor meine Lippen. Die drei hochgewachsenen waren definitiv von Außerhalb. Ich musste die Chance bekommen mit ihnen zu reden. Ich zuckte zusammen, als von der Tür lautes Klopfen kam. "Wer ist da drin?" fragte eine Männerstimme schroff. Ich atmete tief durch und sagte so selbstbewusst ich konnte: "Tänzerin 21!" Die Schritte entfernten sich und ich atmete tief durch. Die drei Typen sahen ein bisschen fragend drein. "Maekken hält sich echt Tänzerinnen, ja? Schwein." Er drehte sich zu mir. "Bist du hier freiwillig?" Ich schüttelte den Kopf. "Und du hast uns geholfen weil du Maekken nicht ausstehen kannst, richtig?" Diesmal nickte ich. "Dafür erstmal danke." Sagte er und reichte mir seine Hand, bekleidet mit einer Art Handschuh ohne Finger, dafür mit integriertem Schlagring. Er hatte dunkelblonde Haare, auch ohne silberne Strähne. Und trotz der vielen Waffen sah er wirklich freundlich aus. "Ich bin Lynx." Dann deutete er auf seinen Asiatischen Freund, "Das ist Malakai und das ist Al.." bevor er zu dem schwarzäugigen Hercules kam, zischte der dazwischen und deutete uns, ruhig zu sein. "Wir müssen zurück, Jungs, diese Mission muss eindeutig wiederholt werden" sagte der Namenlose. Lynx und Malakai zögerten und schauten zu mir. "Wir sollten sie mitnehmen, Boss." Sagte Lynx schließlich. Malakai nickte. Der Namenlose zögerte. "Nein" sagte er dann bestimmt. Meine Hoffnungen hier rauszukommen schwanden mit einem Mal und meine Schulter sackten zusammen. "Traz! Sie ist Tanzsklavin, sie passt doch zu uns! Und sie hat uns geholfen, das hätte sie nicht machen müssen..." Bevor er weiterreden konnte, sagte... Traz? "Moment! Wir kommen ja wieder, dann nehmen wir sie meinetwegen mit. Aber jetzt ist das zu riskant. Hör zu, Tänzerin, wenn du uns einen halbwegs sicheren Ausweg zeigst, kommen wir wieder und holen dich aus diesem Irrenhaus, Deal?" Ich nickte und wusste, wenn ich ihnen den Ausweg zeigte, würde ich sie nie wieder sehen.





So Friends, das hier ist meine neuste Geschichte "Alcatraz und Ophelia". Diesmal mit ein bisschen Zukunft. Natürlich Romantik und ich hoffe auch ein bisschen Komik. Falls euch dieses erste Kapitel gefällt, würde ich mich riesig über ein Vote von euch freuen.

Habt ihr denn auch schon eine Idee, wer das neue Power Couple werden könnte? ;)

Eure Secrecy

Alcatraz & OpheliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt