Alcatraz

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Ich hob mein langes weißes Tanzkleid am Saum, bevor ich mit den drei Jungs eine stählerne Industrie Treppe hocheilte und dabei meine dünnen Ballet Schlappen ruinierte. Alle paar Stufen blieb ich stehen und lauschte ob jemand uns folgte. Bald standen wir vor der schweren, grauen Tür, die auf das Freiheitsversprechende Dach führen würde. Bevor ich sie öffnete, drehte ich mich um und schaute die drei in Leder und Schwarz gehüllten Einbrecher an. "Was?" fragte Lynx nervös. Ich atmete zitternd ein. Dann sah ich den Schwarzhaarigen an. "Nichts. Wenn ihr hier raus geht, stehen rechts vom Dach ein paar Bäume, an denen könnt ihr nach unten in den Garten. Da stehen nachts nie Soldaten. Und danach weiß ich leider nicht..." Erklärte ich und öffnete die massive Tür. Zögernd sahen Lynx, Malakai und... der andere sich an. Ein eisiger Wind wehte mir die Haare aus dem Gesicht als ich sehnsüchtig nach draußen starrte und darauf wartete, das die drei verschwanden. Regen nässte unsere Haare und Kleider, obwohl noch keiner aus der Tür getreten war. Nach einigen quälend langen Sekunden, trat der namenlose auf mich zu und starrte mir direkt in meine Augen. Seine Pupillen waren nicht auszumachen. Sie verloren sich in seiner pechschwarzen Iris, die alles Licht zu verschlucken zu schien. "Warum bist du nicht schon von den Bäumen geklettert, wenn du weißt wie es hier rausgeht?" Brummte er mit seiner unnatürlich dunklen Stimme. Ein Schauer lief mir runter. Ob er von der Kälte oder seiner Stimme kam, war mir in dem Moment nicht klar. Ich schluckte und drehte meinen Kopf, strich meine Haare zurück und präsentierte ihm meinen 'Shacker'. Einen Schocker/Tracker. (Die Erfindung und den Namen hat sich Maekken ausgedacht, sehr einfallsreich, nicht?) "Sobald ich Unwin verlasse, wird mein Gehirn getoastet und alle Soldaten in Proctor wissen wo ich mich aufhalte." Gab ich mit matter Stimme von mir. Lynx schaute gefrustet in die Ferne. Malakai wurde noch stiller als ohnehin. Schwarzauges Mimik veränderte sich kein bisschen. "Und was machen die Schweine, wenn du gleich zurück kehrst?" Meine Augen flatterten nervös beim Blinzeln. Ich räusperte mich unsicher, zog meinen Ärmel hoch und zeigte den dreien die Ausmaße meiner vorherigen "ungehorsamkeit". Mein rechter Arm war von hervorstehenden Adern übersehen in blau, rot und violett. Maekkens Lieblingswaffe war nunmal der Strom und so wurden unsere Arme mit allen möglichen Elektroschock Geräten bearbeitet, sobald man den Soldaten oder Tanzleitern widersprach oder sich ungehorsam benahm. Deswegen hatten alle unsere Uniformen und Tanzkleider lange Arme, um Maekkens eigens herbeigeführte Hässlichkeit ihn nicht störte, wenn wir wie Sklaven für seine Unterhaltung sorgten. Jetzt sah sogar Schwarzauge getroffen an mir vorbei und schien zu grübeln.

Plötzlich hörten wir die Tür ganz unten aufschlagen und wummernde schwere Schritte waren auf der Treppe zu hören. "Schnell! Verschwindet, wenn ihr am Leben bleiben wollt!" Schob ich sie raus. Lynx drehte sich besorgt zu mir. Ich machte eine hektische scheuchende Bewegung. Gefrustet atmete er aus. "Wie heißt du Tänzerin?!" Fragte er im Sprint über seine Schulter. Schwarzauge blieb plötzlich stehen und starrte mich interessiert an. Irritiert verriet ich meinen Namen. "Lia!...also Ophelia!" Lynx lächelte bevor er sich übers Dach schwang. Dann hielt er inne. Schwarzauge sah noch immer zu mir, mit Regentropfen die seine Schwarzen Haare in nassen Strähnen vor seinen Augen hängen ließ. "Traz!" Rief Lynx. "TRAZ!!" Verwirrt sah ich ihn an und versuchte ihn dazu zu bringen seinen Freunden zu folgen. Lynx kletterte wieder herauf und zog an seinem Kumpel. "ALCATRAZ!!" Woom. Da war sein Name. Alcatraz. Traz. Er passte zu seinem geheimnisvollem Besitzer wie die Faust aufs Auge.Doch Alcatraz bewegte sich keinen Millimeter. Er sprintete auf mich zu, in einem Tempo, das für gewöhnlich nur Raubkatzen aufbrachten. Kurz bevor er mich umrannte, lenkte er nach links und verschwand hinter der Tür. Lynx folgte ihm entnervt. Keine Sekunde zu früh, denn die Soldaten trafen kurz danach ein und stießen mich grob um, ehe sie sich umsahen. Ich rappelte mich auf und kniete mich auf das Steinharte, kaltnasse Betondach. Nachdem die dummen Trottel das Dach freigaben, widmeten sie sich mir. "Identifizier dich, Tänzerin!" Brüllte man mich an, ehe man mich an meinen Haaren zum liegen zwang und mein Gesicht am Beton aufschabte. Schmerz Tränen liefen mir aus den Augen. "Mach schon!" brüllte man mich wiederholt an. Aus meinem Augenwinkel sah ich Lynx und Alcatraz. In diesem Moment wollte ich einfach aufgeben. Ich hörte einen der Soldaten einen Schocker anmachen. Das statische Geräusch ging mir durch Mark und Bein. Ich versuchte mich auf den Schmerz einzustellen. Ich versuchte mich auf den eiskalten Regen zu konzentrieren, der mich inzwischen komplett durchnässt hatte. Dann spürte ich den Metallischen Bügel des Schockers und hielt die Luft an. Dann hatte ich das Gefühl jemand würde in einem Bruchteil einer Sekunde eine dicke, kalte Stricknadel durch meine Venen jagen. Ich hatte mir vorgenommen nicht zu schreien doch da wand ich mich nun Markerschütternd Kreischend und nach Luft ringen. Als es endlich aufhörte und ich mich schwer atmend und weinend aufsetzte, trat mir jemand mit einem Schweren Stiefel ins Gesicht und ich lag mit einem Klingeln in den Ohren wieder auf dem Beton. Kurz verlor ich mein Bewusstsein, und meine Sinne kehrten nur schleichend zurück. Mit ihnen kam auch der Schmerz zurück und ich stöhnte verwundet. Ich fragte mich allerdings, warum ich nicht mehr angebrüllt wurde. Ich richtete mich wie in Zeitlupe auf und hielt mir den Kopf. Da bemerkte ich erst den Kampf, der um mir herum stattfand. Lynx war schwer beschäftigt damit seinen Schlagring zu benutzen, was ich bereits bei drei der acht Soldaten gelungen war, die wie Puppen auf dem Boden lagen. Malakai nahm es mit zwei gleichzeitig auf, die ihn mit ihren Schockern immer wieder verfehlten. Schnell wie ein Blitz schien er sich zu bewegen. Er teilte nur in sehr knappen Situationen aus und sorgte erstaunlich geschickt dafür, das sich seine Angreifer gegenseitig am meisten Schaden zufügten. Ich wirbelte herum. Alcatraz hielt einen der Soldaten direkt über den Abgrund des Daches und hatte den Schocker von einem anderen in der Hand. Er hatte eine unbeschreibliche Wut im Gesicht und ehe er den Soldaten tatsächlich vom Dach warf, als wäre der nichts als eine Papiertüte, steckte er ihm den Schocker tief in den Mund und drückte ab. Erstaunt fühlte ich eine große Erleichterung. Jemand hatte mich gerettet. Noch nie hatte sich jemand für mich eingesetzt. Jetzt wirbelte Alcatraz herum und die Regentropfen flogen von seinen Klamotten und Haaren. Dann kam er zu mir gejoggt.

Alcatraz & OpheliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt