Störts dich?

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Als ich meine Augen aufschlug, blickte ich ihn Hattilys Augen. Ich schreckte hoch und musste mir stöhnend den Kopf halten, der jetzt tatsächlich noch mehr schmerzte. Erst kicherte Hattily amüsiert, dann legte sie den Kopf schief und deutete auf mein neues Pflaster. "Was ist das denn jetzt schon wieder?" Fragte sie besorgt. Grummelnd richtete ich mich auf und atmete tief durch.

Ich rang mit mir. Sollte ich es Hattily erzählen? Sie schien einen höheren Rang zu besitzen, sonst wäre sie kaum mit einem Jungen zusammen. Vielleicht sah sie es als Beleidigung, dass mich ein Junge geküsst hatte. Andererseits hatte ich das Gefühl ihr Vertrauen zu können. Doch ich wollte auf keinen Fall meinen neu gefundenen Platz bei den Wallrider in Gefahr bringen und aufgeben. Ich musste sie anlügen, bis ich herausgefunden hatte, wie die Regeln waren.

"Was meinst du? Ich habe nur ein größeres Pflaster besorgt, das andere war schon so ekelig durchgesiebt" schüttelte ich sie ab. Sie verzog ihr mit Piercings gerahmtes Gesicht und schien nicht weiter darüber reden zu wollen. Sehr gut. Meine Intentionen für diesen Tag waren nicht über Alcatraz zu reden, ihn zu sehen oder an ihn zu denken. Mein Magen knurrte und Hattily wartete ungeduldig darauf, das ich mich anzog, damit wir zum so genannten Frühstück gehen konnten. Noch immer haperte ich mit dem Essen und obwohl ich die Welt der Geschmäcker erkunden konnte, erwischte ich mich dabei wie ich mir die Fütterungen zurück wünschte, nur weil es einfacher war.

Wie letztes Mal, saßen wir an einem Tisch mit Lynx und Malakai. Ich betete, das weder Alcatraz noch Morrigan auftauchen würden. Ich zwirbelte meine schwarze Strähne wieder und wieder um meinen Finger, während ich mit meinem Essen zu kämpfen hatte. Heute versuchten die anderen mir die Benutzung des Bestecks beizubringen. Bisher hatte ich nur Maekken dabei beobachten können wie er sich vornehm Speisen mithilfe der kleinen, glänzenden Werkzeuge in den Mund schaufelte. Deswegen waren sie nicht allzu Fremd und ich kam besser klar als gestern mit der Pizza und konnte die Größe der Essensstücke besser kontrollieren.

Gerade nahm ich ein Stück Pancake und wollte es in meinen Mund befördern, da hörte ich eine schrille Stimme genau neben meinem Ohr. "Mein Platz!" keifte Morrigan. Ich ließ die... Gabel? Fallen und zuckte zusammen. "Morrigan, setz dich einfach auf einen anderen verdammten Stuhl und hör auf zu nerven." Forderte sie Lynx genervt auf.
Bittersüß lächelte sie ihn an.
"Ganz bestimmt nicht."
Ich schluckte stark und wusste nicht was ich machen sollte. Hattily kicherte gerade in Malakais Schulter und schielte zu mir. Ich musste mich stark beherrschen. Da fühlte ich eine starke Hand auf meiner Schulter und Alcatraz ließ sich auf den Stuhl neben mir fallen. "Gott, Ophelia, du küsst wie keine zweite, das müssen wir wiederholen." Sagte der Idiot extra laut. Meine Augen rissen sich auf und ich starrte stumm auf meinen Teller.
Ich konnte deutlich spüren wie sich sämtliche Augenpaare auf mich richteten. Ich hörte ein entsetztes Luftschnappen von Hattily. Verdammt. Jetzt schmeißen sie mich raus. Ich konnte fühlen, wie Morrigan wieder nach meinen Haaren schnappte. Schnell stand ich auf und konnte schlimmeres verhindern. Blitzschnell huschte sie auf meinen Stuhl und lächelte siegessicher. Etwas unsicher stand ich also da und sah Hattily zum ersten Mal in die Augen. Sie... grinste. War nicht sauer. War meine Sorge grundlos? Mir war natürlich aufgefallen das Unwins Regeln hier kaum praktiziert wurden, doch ich wollte mich auf nichts uneindeutiges verlassen. Jetzt fühlte ich mich reichlich blöd, wie ich da mitten im Raum stand und auf irgendetwas wartete.
Dann stieß Alcatraz schwungvoll seinen Stuhl zurück, legte seinen riesigen Arm um mich und schob mich mit ihm Richtung Ausgang.
Ein Raunen ging durch den Saal und ich fühlte mich sehr beobachtet.
"Alcatraz" zischte ich.
"Was?" fragte er stumpf.
"Was soll das?!"
Er lachte auf. Ich sah ihn an und dieses blöde Kribbeln ging wieder durch meinen Bauch.
"Ich will die Alte endlich los werden. Und du bist so nett und hilfst mir dabei."
"Du hast mich nicht um Hilfe gefragt." Gab ich zurück während wir durch die getarnte Tür traten.
"Du hast dich nicht gewehrt" erwiderte er schulterzuckend.
Ich wusste nicht was ich antworten sollte.
"Du hast deinen Arm immernoch... da" erinnerte ich ihn.
"Störts dich Tänzerin?" fragte er.
Ich wusste wieder nicht was zu antworten war.
"Ich keine nur, hier ist niemand, der das sehen könnte."
"Genau" raunte er und wurde plötzlich schneller.
Auf einmal drückte er mich gegen die kalte Betonwand und kesselte mich zwischen seinen Armen ein.
Erschrocken sah ich in seine faszinierenden Augen und hörte meinen schnellen Herzschlag in meinen Ohren.
Er musterte mein Gesicht ehe er mir seine Lippen wieder auf den Mund drückte.
Was tat ich hier bloß? Fragte ich mich während ich ihm erlaubte mich zu berühren, obwohl ich mich so verwirrend fühlte, wenn er da war.
Dann hörten wir Schritte.

Alcatraz & OpheliaWo Geschichten leben. Entdecke jetzt