Wie ein Vogel im Käfig - Teil1

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Meira saß halb schmollend, halb dösend im Bett. Ihr kupferfarbenes Haar war beinahe liebevoll über die unzähligen Kissen ausgebreitet, ihr verletzter Arm hing in einer Schlinge und ihre schmalen Finger zuckten immer wieder im Traum. Ihr Oberkörper steckte nur in einem dünnen Hemd, dessen Kragenschnürung offen hing weil sie nicht dazu in der Lage war es selbst zu schnüren, sich aber gegen jede Hilfe wehrte. Zwischen Hemd und den Felldecken, in die sie eingewickelt war, war ein streifen blasser, nackter Haut zu sehen und Illidan unterdrückte nur mühsam ein Knurren. Schweigend stand er in der Tür zu seinen Gemächern in denen er sie noch immer einsperrte und betrachtete wie selbst im Schlaf ihr Stolz nicht nachließ. 

Er hatte sie nachhause gebracht und war mehrere Tage kaum von ihrer Seite gewichen. Ihr Körper hatte die Vergiftungen mühsam selbst heilen müssen, da sie aus irgendeinem Grund nicht auf die Tränke ansprach. Die oberflächlichen Wunden waren schnell geheilt, aber die tiefen Stiche und ihre zerstörte Schulter forderten noch immer seine Zuwendung. Aber da war eine Wunde die er nicht heilen konnte, egal wie viel er ihr von seinem Blut gab und wie viele Stunden er sie hier einsperrte. 

Als sie zum ersten Mal wirklich bei Bewusstsein und wach gewesen war hatte er es gesehen. Sie hatte ihre Augen aufgeschlagen, fest umschlungen von seinen Flügeln und Armen, weil sie ihre typischen Alpträume vom Herren der Legion selbst gehabt hatte, und auf die verebbende Panik war purer Schmerz gefolgt. Illidan sah diese Art von Schmerz nicht zum ersten Mal und es half auch nicht, dass sie zwischenzeitlich wieder ihre stolze Maske aufsetzte, die sie selbst im Schlaf trug,  denn er blitzte immer wieder durch. Wenn er sich zu ihr legte und sie an sich zog, nachdem sie ans äußerste Ende des Bettes gerutscht war. Wenn er sie morgens zurück ließ und ihr nicht erlaubte aufzustehen und ganz besonders, wenn er sich um ihre Wunden kümmerte. Er hatte geglaubt, dass Meira ihm hatte beweisen wollen, dass sie kämpfen konnte, doch dieses leise zittern ihrer Unterlippe, der minimale Tränenschleier, der sich bildete, wenn ihre Augen groß und ihr Blick leer wurde kurz bevor sie sich abwandte. Das alles sagte ihm, dass sie niemals geplant hatte zurück zu kommen. Es war ein Selbstmordkommando gewesen und der Schmerz den sie trug war, weil sie wieder hier sein musste. Illidan hatte sie gebrochen und er hasste, wie sehr ihn das innerlich zerriss. Er durfte es nicht an sich heran lassen, aber er tat es. Selbst sein Dämon reagierte darauf und beinahe der gesamte Tempel. 

Die Anwesenden Dämonenjäger waren schwer beeindruckt gewesen, denn einen Dämonen zu beherrschen bedeutete mächtig zu sein. Sie unterwarfen sich reiner Macht und nichts anderem und Meira hatte eine riesige Herde an, zugegebenermaßen niederen, Dämonen beherrscht, die sich gegen ihre Herren gestellt hatte für sie. Damit mochte sie zwar körperlich noch nicht dem Kampf gewachsen sein, aber es schlummerten definitiv Kräfte in ihr, die er ihr nicht zugetraut hatte. 

Er legte das Päckchen auf die Kommode und ging langsam zu ihr ans Bett. Er widerstand dem Drang seine Krallen durch ihre Haare gleiten zu lassen und tippte ihr nach einem Moment in dem er sie still betrachtete sachte auf die Schulter. Sie zuckte zusammen und war zu seinem Unmut sofort hellwach. Erst wirkte sie verwirrt, dann sah sie ihn an und ihr blick klärte sich. Wieder wich alle Emotion aus ihrem Blick und sie rückte zur Seite um ihm Platz zu machen. "Schon wieder?", fragte sie mit der gesunden Hand an ihrem Halsband und wandte den Blick von ihm ab. "Es ist Zeit!", antwortete er simpel, unfähig etwas zu sagen oder zu tun, dass ihr half die seelische Verletzung zu heilen. Sie musste stärker werden und es überwinden, dachte er sich schweigend, aber was wusste er schon vom Überwinden. Er verlangte es stetig von all seinen Untergebenen, aber eigentlich wusste er am wenigsten darüber. 

Meira schob den Ärmel von ihrer Schulter und löste die Verbände. Illidan hatte sich abgewöhnt ihr zu helfen, denn sie wurde zur Furie, wenn er es tat und er war dankbar dafür, denn auch für ihn war das kribbeln seiner Fingerspitzen, wenn er sie berührte, kaum aus zu halten. Ihre Berührungen auf das mindeste zu reduzieren war das Beste, was sie beide tun konnten. Vorsichtig half er ihr den Arm aus der Schlinge zu ziehen. Ihre Wunde war so tief gewesen, dass sie von innen heraus heilen musste. Mehrmals täglich öffnete er die Wunde mit seinen Krallen neu und leckte sie dann aus. So schloss sich das Fleisch jedesmal ein paar Millimeter weiter, bis es irgendwann wieder mit dem Rest ihrer Haut eine gleichmäßige Oberfläche bildete. Meira biss die Zähne zusammen, aber sie konnte das wimmern nicht unterdrücken, als er ihr Fleisch einritzte. Er selbst verbot sich ein Knurren, während er die Wunde intensiv ausleckte. 

Er war so nahe an ihrem Nacken... Er hätte den Kopf nur drehen brauchen um sie zu beißen...nur ein paar Fingerbreit...Das ihr Blut seinem Dämon auch noch außerordentlich gut schmeckte, brachte ihn jedes Mal an die Grenzen seines Verstandes... 

Er atmete schweigend durch, während sie ihre Schulter wieder verband und sich seufzend zurücklegte und von ihm wegdrehte. Illidans Finger zitterten beinahe, als er ihr Hemd hochschob um sich um die Wunden an ihren Nieren auf die selbe Art zu kümmern. Mit jedem Tag fiel es ihm schwerer sich zurück zu halten, vor allem wenn ihr einzigartiger Geruch sich wie jetzt in seine Nase legte. Er ließ die Kuppe seines Daumens über den Rand der Wunden gleiten und sie wich ihm mit einem Zischen aus. 

Nun auf dem Bauch liegend konnte sie ihm nicht weiter entkommen, etwas, dass sein Dämon unglaublich begrüßte. In Zeitlupe drückte er seine Kralle in die dünne Kruste, die den Einstich bedeckte. Es tat so mehr weh, aber der Gedanke, dass sie Schmerzen für ihn aushielt, erregte ihn - nein, seinen Dämonen -  zutiefst. Sie keuchte schmerzerfüllt, aber sie bewegte sich keinen Millimeter, als er nach und nach in ihre Wunde eintauchte. Seine Sinne auf Hochspannung fuhr er die Kontur der Wunde nach und als die Hand zu ihrer Hüfte führte, sah er nur noch sie ihm Tunnelblick.  

Er hörte Meiras Atem, die Frequenz erhöht, ihr Herz pulsierend. Ihr Körper, die Energie die er sah, pulsierte in Blau und dunklem Rot. Ihre Trauer kämpfte mit der Lust, die er in ihr auslöste. Sein Dämon tobte im Inneren, als er sich hinunter beugte um das kleine rote Rinnsal, das in die Kuhle ihrer Wirbelsäule floss und dort einen perlengroßen See bildete, aufzulecken. 

Es hätte gereicht, wenn er seine Zunge in die Wunde geschoben hätte, doch er küsste ihren Rücken. Seine Krallen gruben sich dort in ihre Haut, wo er sie seitlich festhielt. Meira wimmerte. Ein herrliches Geräusch in seinen Ohren, er wollte mehr davon. Er wollte sie schreien hören. Sie sollte seinen Namen schreien, sich zu ihm bekennen, ihm gehören... 

"HÖR AUF!!", ihre Stimme hallte in seinem Kopf wie in einer leeren Krypta. Aber es war nicht die Lautstärke, die ihn zurück schrecken ließ, sondern der Schmerz in ihrer Stimme. Auch wenn ihr Körper auf ihn reagierte, sie wollte ihn nicht mehr. Ein kleiner Stich zuckte durch Illidans Seele, aber er ignorierte ihn während er sich zurück zog und erschrocken sein Werk betrachtete. Ihre Hüfte zeichnete ein Abdruck seiner Krallen, die sich tief genug in ihr Fleisch gegraben hatten, so das sie blutig glänzten. An ihrer Taillie, mehr als weit genug weg von ihren Wunden, die bereits wieder heilten, trug sie eine kleine Reihe an Biss spuren...

So weit war er noch nie gegangen. Illidans Atmen ging schwer als er sich zurück setzte. Er leckte sich über den Daumen um seine Spuren auf ihrem Körper zu verheilen und flüsterte dann ein heißeres "Danke, dass du mich zurück gehalten hast!".

Meira antwortete nicht. Er war nicht in der Lage sie anzusehen, bis er ihr Schluchzen hörte. Weinte sie etwa?

Stranded in Azeroth - IllidanWo Geschichten leben. Entdecke jetzt