Kapitel 21

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Luca richtet sich auf. Er sieht die Anderen an, die plötzlich in der Tür stehen. Sie haben die Tür von außen aufgebrochen und sie gegen die Wand dahinter geschmettert. Nicht Lucas Pistole hat diesen Knall verursacht, sondern die Tür. Sind das überhaupt Männer? Sie tragen merkwürdige silberne Anzüge, sind von Kopf bis Fuß verhüllt.

»Was macht ihr hier?«, fragt er und steht auf. Die Waffe noch immer in der Hand. Er hat Blut im Gesicht. Es tropft aus seiner Nase.

Auch ich stehe auf. Diese silbernen Anzüge kommen auf uns zu. Einer von ihnen greift nach mir. Ich versuche, hinter die dunkle Scheibe zu sehen, die das Gesicht verdeckt. Sind das Tesare? Haben sie uns gefunden? Hände, die auch in silbernem Stoff stecken, umschließen meinen Oberarm. Ich werde aus dem brennenden Raum gezerrt.

Ein anderer silberner Anzug nimmt Luca die Waffe aus der Hand und geleitet ihn auch aus dem Raum. Ich kann Lucas Gesicht nicht sehen. Er schaut auf den Boden. Wenn ich sein Gesicht sehen würde, könnte ich vielleicht verstehen, was hier passiert. Hat er Angst? Ist er beunruhigt? Oder ist es ihm egal? Schweben wir in Gefahr? Was ist hier los?

Ich versuche, mich gegen den Griff zu wehren. Die Finger drücken nur fester zu. Wir werden den dunklen Gang entlanggeführt. Die Treppen hinauf. Ich schließe die Augen, als wir an den verkohlten Überresten von Kaylas Bestattung vorbeikommen. Ich möchte nicht sehen, was von ihr noch zurückgeblieben ist. Hinter mir bringt etwas die Kiesel zum Rollen, aber ich sehe mich nicht um.

Man bringt uns zu einen Laster, so einen, wie ihn die Tesare benutzen. Vor dem Lkw steht noch ein weiterer Silberanzug. Er greift um meine Hüfte und hebt mich auf die Ladefläche. Ein anderer rollt Luca herauf. Luca scheint bewusstlos. Was haben sie mit ihm gemacht? Hat er sich gewehrt? Haben sie ihn getötet? Ich renne zu ihm hin. Die Luke wird geschlossen. Es ist finster.

Ich knie neben Luca nieder und taste über seinen Körper. Auf seiner Brust lasse ich meine Hände liegen und warte. Er atmet. Ich schüttele ihn, erst sanft, dann immer fester, doch Luca wird nicht wach. Verzweifelt lege ich meinem Kopf auf seine Brust und warte. Der Laster schaukelt, als er losfährt. Ich sehe nach oben, suche nach den Sternen, aber die Plane hat keine Löcher. Um uns herum ist absolute Finsternis. Ich lausche auf Lucas Atem. Er pfeift leise, wenn er Luft holt. Mit den Fingern suche ich nach seiner Stirn. Sie fühlt sich heiß an. Ich kneife die Lippen aufeinander.

Was jetzt? War alles umsonst. Eigentlich hätten wir beide in diesem Moment tot sein müssen. Vielleicht sind wir das auch und diese Silberanzüge bringen unsere Seelen jetzt in den Himmel. Aber nein, Marco hat erzählt, die Seelen würden in den Himmel hinauf fliegen. Wir befinden uns aber gerade ziemlich eindeutig in einem Laster, Ziel unbekannt.

Soll ich erleichtert sein, dass wir noch leben? Ein wenig bin ich das, ja. Aber ich habe auch ein schlechtes Gefühl dabei. Wenn das da draußen Menschen sind, werden sie sich anstecken. Und sie werden wieder andere anstecken ... Diese Krankheit wird nicht mehr aufzuhalten sein. Diese Krankheit wird sie alle töten, und Luca und ich, wir werden schuld sein. Wir werden nicht mehr lange genug leben, um zu bereuen, um Schuld zu empfinden, aber wir werden in dem Wissen sterben, dass wir Menschen getötet haben.

Und wenn es Tesare oder Leibsklaven sind, wie haben sie uns dann gefunden, ohne die Chips? Und warum haben sie uns nicht sofort getötet? Wohin bringen sie uns? Vielleicht ist es gut, dass Kayla das nicht mehr erleben muss. Sie muss nie wieder Angst haben. Ich wische mir die Tränen aus dem Gesicht. Vielleicht ist es besser so.

Der Laster bewegt sich lange über buckelige Wege. Lucas Körper wird neben mir hin und her geschaukelt. Ich lege meine Arme um ihn, versuche ihn so gut es geht zu stützen. Einmal stöhnt er und ich mache mir sofort Hoffnung, dass er aufwacht, aber das tut er nicht. Ich bette seinen Kopf in meinem Schoß und streichle über seine Haare.

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