Luca und ich teilen uns ein Bett. Ich kuschle mich ganz nahe an ihn und genieße es, wie er mich hält, damit ich nicht runter rolle. Ich muss an Kayla denken. Sie hätte sich hier bestimmt wohlgefühlt. Die Dusche wäre ein Abenteuer in ihren Augen gewesen. Ich denke, wenn sie fertig mit Duschen gewesen wäre, wäre der Raum komplett unter Wasser gestanden. Ich seufze. Luca streichelt mir über den Rücken.
»Denkst du an Kayla?«
»Ja«, sage ich.
»Mach dir keine Gedanken. Es ist besser so, wie es ist. Sie hat es schon hinter sich.«
Luca hat vorhin Nasenbluten gehabt. Fast habe ich das Gefühl, dass es bei ihm schneller vorangeht, dabei hat er den stärkeren Körper. Ich will nicht, dass er vor mir stirbt. Ich habe schon Kayla sterben sehen. Ich halte das nicht noch einmal durch. So schön es hier ist, die andere Sache, unser gemeinsamer Tod, der hat mir mehr zugesagt. Vielleicht gibt es ja noch immer einen Weg, wie wir es zu Ende bringen können?
Irgendwann bringt man uns Essen, es wird durch eine Klappe geschoben, hinter dieser Klappe gibt es einen Schacht, die Tür zu diesem Schacht, ist auf unserer Seite der Scheibe. Seit Längerem sitzt der junge Mann auf der anderen Seite der Scheibe und beobachtet uns. Anfangs haben mich seine Blicke gestört und ich habe versucht, mich hinter Luca zu verstecken, aber irgendwann habe ich mich daran gewöhnt.
Der Mann schreibt etwas, sieht zu uns auf, schreibt wieder. Luca scheint sich nicht an ihm zu stören. Aber auch er achtet darauf, dass der junge Mann mich nicht zu genau mustern kann. Manchmal legt er besitzergreifend beide Arme um mich und küsst mich flüchtig, als wolle er dem anderen zeigen, dass ich ihm gehöre. Irgendwie gefällt mir das.
Der Mann auf der anderen Seite der Scheibe ist muskulöser als Luca, etwas kleiner, schätze ich, aber bestimmt zwanzig Sommer alt. Seine Haare sind ganz kurz geschoren, was sein Gesicht kantig wirken lässt. Er hat stahlblaue Augen, so blau, dass ich sie problemlos durch die Scheibe hindurch leuchten sehe. Das gefällt mir irgendwie. Ich habe bisher noch niemanden mit so auffälligen Augen gesehen. Was er wohl schreibt?
Hinter ihm geht die Tür auf, der ältere Mann tritt ein, es knackt.
»Ich sehe, ihr habt geduscht. Also, am besten, ich stelle mich mal vor. Ich bin Alexander, der Onkel von Roland. Das ist mein Sohn Aiden. Du bist Luca, das wissen wir auch, aber wer ist denn unser hübscher Gast?« Alexander drängt seinen Sohn von dem Stuhl und setzt sich selber. Die Zwei reden etwas, was wir wieder nicht hören können, danach geht Aiden, nicht ohne mir noch einmal frech zu zu grinsen.
»Also, Kleine? Sagst du uns deinen Namen?«
»Brenna«, sage ich.
Der Mann schreibt etwas, ich nehme an, meinen Namen. Plötzlich interessiert es mich, wie mein Name wohl geschrieben aussieht.
»Brenna, aus welcher Kolonie bist du?«
»Kolonie D«, springt Luca ein. »Wozu das Ganze? Sagt uns jetzt mal einer, was hier los ist?«
Der Stift bewegt sich wieder über das Papier. Alexander sieht zu uns auf, er tippt sich mit den Fingerspitzen an die Stirn, dann zieht er die buschigen Augenbrauen hoch. Jetzt fällt mir ein, warum er mich so an Roland erinnert. Sie haben beide diese wilden Borsten über den Augen.
»So viel wir wissen, hat man euch Kindern einen Virus geimpft«, sagt der Mann.
Diese Information erstaunt mich nicht wirklich. Mittlerweile wissen wir recht gut, dass diese Impfung alles andere als nett gemeint war. Zumindest konnte es kein Zufall sein, dass wir alle nach dieser Spritze krank geworden sind. Aber es schockiert mich trotzdem, dass die Tesare uns absichtlich infiziert haben. Dass sie Kaylas Tod absichtlich hervorgerufen haben. Warum tun sie so was? Warum machen sie Kinder erst krank und bringen sie dann um, wenn sie krank sind? Was für merkwürdige Experimente sind das? Wozu soll das gut sein?
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Tesarenland
Fantasy75 Jahre ist es nun her. Sie kamen mit ihren riesigen Fluggefährten und nahmen uns alles. Jetzt wollen sie mir auch noch meine Schwester nehmen. Mir bleibt nur ein Ausweg: Ich muss mit Kayla die Sicherheit der Sklavenkolonie verlassen. Doch wie kan...