Lächelnd betrachtete ich unser Werk. Die Kürbisse standen vor dem Haus und strahlten Licht durch die schaurigen Grimassen, die wir herausgeschnitten hatten. Lucie machte lächelnd ein Bild davon. »Das sieht alles so toll aus«, schwärmte sie. Ich lächelte und legte meinen Arm um ihre Schulter. Sie schmiegte sich an mich. Im nächsten Moment kam Lorcan und grinste uns beide an. »Das sieht toll aus«, meinte er. Lucie grinste ihn stolz an. Lorcan sah sich das alles an.
Er betrachtete alles mit einem Lächeln. Er wirkte mehr als zufrieden. Dann wandte er seinen Blick an mich. »Danke, dass du das mit ihr gemacht hast«, bedankte er sich bei mir. Lächelnd nickte ich ihm zu. Ein paar Minuten später liefen wir alle nach drinnen. Im Haus roch es bereits nach Kürbissuppe. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, als ich mir den Geschmack der Suppe in Erinnerung rief. Es schmeckte wirklich mehr als gut. Diese Suppe war sehr lecker.
Und das Strahlen in Lucies Augen machte das alles noch gleich viel besser. Sie schien Halloween sehr zu lieben. Da störte es mich auch nicht, dass es zwei Tage in Folge Kürbissuppe geben würde. Im Gegenteil. Etwas später saßen wir alle am Tisch und unterhielten uns über Halloween. Hayes war heute nicht da. Morgen würde aber kommen, weil Lucie sich das wünschte.
Hayes schien sie wirklich sehr zu lieben. Man konnte es auch immer spüren und sehen, wenn er da war. Er würde sehr viel für sie tun. Als wir uns so unterhielten, erwähnten sie, dass Hayes nicht allein kommen würde. Für einen Moment wurde mir etwas flau im Magen, als ich an die ganzen Leute dachte, die hier sein würden. Hayes würde viele Mitglieder seines Rudels mitbringen. Nicht alle, aber viele. Alle, die eben sehr an Halloween interessiert waren. Bei der Vorstellung, wie voll es im Haus sein würde, wurde mir etwas heiß.
Ich war noch nie ein großer Fan von Menschenmassen gewesen. Eher das Gegenteil. Ich hatte immer alles lieber allein gefeiert oder im kleinen Freundeskreis. Die Freunde hatte ich aber über die Jahre hinweg verloren und die Familie hatte ich so oder so nie wirklich gehabt. Es ängstigte mich also etwas, mit so vielen Leuten in einem Raum zu sein. Besonders, da ich nicht auskommen würde. Ich freute mich nämlich eigentlich auf morgen.
Halloween war der beste Tag im Herbst. Schon als kleines Kind hatte ich Halloween geliebt. Die Kostüme, die Kürbisse und all das alles. Es hatte irgendwie immer zum Oktober gepasst. Doch meine „Familie" hatte mir nie erlaubt, daran teilzunehmen. Warum, verstand ich bis heute nicht wirklich. Das Einzige, was ich tun durfte, war Kochen und Kürbisse aushüllen. Das musste ich alles selbst machen. Mir wurde nie dabei geholfen.
Schnell schüttelte ich die Gedanken daran ab und dachte daran, dass ich hier nicht mehr bei meiner Familie war, sondern bei Lorcan und dem Rudel. Sie unterhielten sich alle sehr angeregt über den morgigen Tag. Man merkte, dass sie sich freuten endlich mal wieder das andere Rudel zu sehen. Dass sie Freunde waren und keine Rivalen, wunderte mich. Von Liam wusste ich, dass er sich mit Hayes Rudel in den Haaren hatte. Er hatte die Schuld natürlich auf die anderen geschoben, doch mittlerweile fragte ich mich, ob das stimmen konnte.
Hayes schien nicht der Typ von Alpha zu sein, der grundlos Streit suchte. Er war ein guter Anführer, der vermutlich dafür sorgen wollte, dass alle in seinem Rudel in Frieden leben und sich nicht aufregen müssen. Das konnte ich mir zumindest gut vorstellen. Hayes war darauf bedacht, seinem Rudel keinen Ärger zu machen. Wie Lorcan. Deswegen glaubte ich Liam kein Wort mehr. Früher hatte ich das getan. Jetzt nicht mehr.
Mit 17 war ich eben etwas leichtgläubig gewesen, jetzt, fünf Jahre später, nicht mehr so. Bei Lorcan wusste ich einfach, dass er es ernst meinte. Schon allein daran, wie er mich behandelte. Mit Respekt. Als schien er zu wissen, dass ich über ihn nachdachte, richtete er den Blick auf mich und lächelte mich an. Etwas schüchtern lächelte ich zurück, bevor ich meinen Blick wieder auf die Suppe vor mir legte. »Was ziehst du eigentlich morgen an, Nera?«, fragte Lucie mich ganz aufgeregt.
In dem Moment wurde mir bewusst, dass ich kein Kostüm hatte. Ich hatte nie eins getragen und mein Kopf hatte automatisch nicht daran gedacht, weil ich nie eins getragen hatte. Einfach nie. In meinem ganzen Leben noch nicht. Ich hatte auch nie ein Kostüm im Schrank gehabt. Die letzten Jahre mit Phil hatte ich eins gewollt, doch er war nie Halloweenfan gewesen und allein, mit 20 durch die Straßen zu ziehen wäre wohl etwas peinlich. Und mit dem Kostüm nur im Haus zu sitzen wäre Verschwendung gewesen.
»Ich äh...«, stammelte ich. Alle Blicke richteten sich auf mich und am liebsten wäre ich unterm Tisch versunken. »Das wird eine Überraschung, Lucie«, schaltete sich Lorcan ein. Überrascht sah ich ihn an. Dann fiel mir ein, dass er morgen eh ein Mädchen überraschen wollte. Dabei wären wir schon in der Stadt und könnten einkaufen. Erleichterung durchströmte mich und eine gewisse Vorfreude. Ich würde endlich ein Kostüm tragen.
Dank Lorcans Aufmerksamkeit. »Ach kommt schon...«, schmollte Lucie, doch ich grinste sie nur an, nachdem ich Lorcan dankend angelächelt hatte. »Na schön, aber dann bin ich die erste, die es morgen sieht!«, meinte sie. »Klar. Versprochen«, sagte ich zu ihr. Lucie lächelte stolz, dann löffelte sie ihre Suppe weiter. Der Rest des Essen verschlief genau, wie der Anfang. Viele unterhielten sich, auch ich wurde ab und an in Gespräche miteinbezogen. Und Lorcans Blick lag immer auf mir.
Warum das so war, wusste ich nicht genau. Er sah mich einfach immer an. Und da war immer dieses warme Funkeln in seinen Augen. Ein Funkeln, was mir einen heißen Schauer über den Rücken jagte. Immer und immer wieder. Schließlich beendeten wir das Essen und räumten den Tisch ab. Als ich später eine Sekunde mit Lorcan allein fand, flüsterte ich ihm zu: »Danke, dass du das gesagt hast.« Er schenkte mir ein Lächeln. »Kein Problem. Immer wieder gerne.« Ich wusste, dass das nicht nur eine Floskel war, die er aus Nettigkeit sagte.
Lorcan war so ganz anders als jeder Mann, den ich je getroffen hatte. Nicht nur, weil er ein Werwolf war. Er sah mich ganz anders an, als Phil oder Liam es getan hatten. Die Art, wie er mit mir und mit seinen Mitmenschen umging war ebenfalls anders. Liam war nie so mit den Leuten aus dem Rudel umgegangen. Im Gegenteil. Er hatte sie herumkommandiert und auch die Kinder hatten schon Arbeiten müssen. Lorcan war da ganz anders. Vielleicht lag es an der Erziehung. Ich wusste es nicht.
Ich wusste nur, dass mein Herz immer schneller schlug, wenn er bei mir war. So wie jetzt. Er war mir so nahe, dass ich die Wärme spüren konnte, die von ihm ausging. Es kribbelte mir in den Fingern mich an ihn zu schmiegen. Nicht nur wegen der Wärme. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis wieder von seinen starken Armen umschlossen zu werden, einfach um für einen Moment nicht in der Realität zu sein. Das klang für mich besser als alles andere auf der Welt. Und doch hielt ich mich zurück.
Ich wollte mich nicht schon wieder blamieren. Nicht jetzt und auch nicht morgen. Eher wollte ich die Ereignisse einfach vergessen. »Hast du eigentlich ein Kostüm?«, fragte ich ihn. Er grinste mich an und nickte. An seinem frechen Grinsen konnte ich sehen, dass er es mir nicht sagen würde. Also fragte ich gar nicht ernst weiter nach. »Wo gehen wir dann morgen einkaufen?«, fragte ich ihn stattdessen. Er lächelte mich an. »Lass dich überraschen.« Schmollend schob ich die Unterlippe vor und kam mir dabei vor wie ein Kind.
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Lorcan - "Sie will zu mir" ✔
Hombres LoboAls Phil, Neras Freund, ihr einen Antrag macht, kann sie nicht ja sagen. Etwas hindert sie daran. Sie weiß nur nicht genau was. Kaum hat sie sich versehen, läuft sie weg und folgt einem inneren Trieb, den sie sich nicht erklären kann. Kurz darauf fi...