24. Kapitel

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              »Aber ich will ihr noch alles Gute zum Geburtstag wünschen, Lorcan«, war das erste, was ich hörte, als ich langsam wieder wach wurde. Anscheinend schien der Tag noch nicht vorbei zu sein. »Nein, lass sie schlafen, Lucie. Sie ist müde. Du kannst ihr das morgen immer noch sagen und ihr dann dein Geschenk geben«, hielt Lorcan dagegen. Es rührte mich, dass er mich nicht wecken wollte. Ich spürte seine Abwesenheit neben mir ganz deutlich. Es war kalt. Fröstelnd kuschelte ich mich mehr in die Decke ein.
           »Morgen hat sie aber nicht mehr Geburtstag, du Idiot. Dann ist das doch blöd«, hörte ich Lucie dagegenhalten. Ein kleines Lächeln huschte über meine Lippen, doch ich wollte meine Augen noch nicht öffnen. Ich wollte hören, was Lorcan als nächstes sagte. Einfach aus Neugier. »Sie schläft. Ich will sie nicht wecken und ich will auch nicht, dass sie jemand weckt. Sie ist müde und sie braucht ihren Schlaf«, sagte er dann ernst.
           Nun wurde das Lächeln auf meinen Lippen noch breiter. Es war süß von ihm und sehr rücksichtsvoll. Wirklich sehr rücksichtsvoll. »Lorcan bitte. Bitte. Ich will es ihr heute noch geben. Es sind nur noch fünf Minuten. Bitte«, bat Lucie. Und das führte dazu, dass ich lächelnd die Augen öffnete. »Ihr seid so süß«, sagte ich. Lorcan drehte sich zu mir und Lucie rannte sofort zu mir ins Bett. Sie strahlte mich an. »Du bist wach!«
           »Gerade noch so«, meinte ich. Sofort kletterte sie aufs Bett und schlang ihre Arme um meinen Hals. »Alles Gute zum Geburtstag«, gratulierte sie mir und umarmte mich fest. Grinsend erwiderte ich ihre Umarmung. »Danke kleine Maus«, hauchte ich. Schnaubend löste sie sich von mir. »Ich bin keine kleine Maus. Also wirklich, Nera.« Dennoch grinste sie mich an. Wir hatten uns gern. Sehr gern.
             »Dann sage ich eben was anderes. Was darf ich denn noch so zu dir sagen?«, fragte ich. Lucie rollte mit den Augen. »Das besprechen wir morgen. Du brauchst noch dein Geschenk«, sagte sie und sprang vom Bett. Eilig huschte sie davon und stand kurz darauf wieder im Zimmer. Fragend sah ich auf das, was sie in der Hand hatte. Es war tatsächlich ein eingepacktes Geschenk. Etwas schüchtern hielt sie es mir hin. Genüsslich packte ich es auf.
           In meinem ganzen Leben hatte ich nur wenige Geschenke bekommen und immer wenn es so weit gewesen war, hatte ich das Öffnen genossen. Die Ungewissheit und die Vorfreude gleich dazu. Ich liebte es. Und ich genoss es. Als ich es dann geöffnet hatte, sah ich ein Bild, dass sie ausgedruckt hatte. Es war das Bild von mir und Lorcan, wo wir auf der Treppe gestanden hatten.
           Die Art wie er mich ansah, ließ Schmetterlinge in meinem Bauch tanzten. So wollte jedes Mädchen angesehen werden. Mit so viel Wärme und Zuneigung im Blick. Jedes Mädchen wollte so angesehen werden. Daran gab es keinen Zweifel. Unter dem Bild kam noch etwas. Eine Mütze. Keine normale Mütze. Eine Mütze aus der Fankollektion der New Orleans Saints. Ein breites Lächeln schlich sich auf meine Lippen. »So eine hatte ich mir schon immer gewünscht«, sagte ich und sah auf. Lucie strahlte mich an und wirkte zufrieden mit sich.
           »Danke«, sagte ich und hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. Sie strahlte mich weiter an, dann fiel ihr Blick auf ihr Uhr. Es war Mitternacht. Sie schmollte. »Mein ganzer Plan ist schiefgegangen. Wegen diesem dummen Phil konnte ich dir nicht mal meinen Kuchen geben und wir konnten nicht zusammensitzen und eine heiße Schokolade trinken«, meinte sie wütend. Ich schenkte ihr ein Lächeln.
           »Gar kein Problem. Das können wir ja mor- äh heute machen«, versicherte ich ihr und strich ihr über den Kopf. Zwar wirkte sie nicht ganz überzeugt, nickte aber. Dann wünschte sie uns beiden eine gute Nacht, bevor sie aus dem Zimmer ging. Lächelnd sah ich ihr hinterher. »Du hast eine süße Schwester«, sagte ich zu Lorcan. Er lächelte. »Darüber bin ich auch froh. Sie kann sich an den Tod unserer Eltern kaum erinnern. Eigentlich kann sie sich eh kaum an beide erinnern. Deswegen leidet sie nicht so. Wenn Hayes nicht wäre, wäre das alles vermutlich anders.«
           Diese Richtung des Themas sagte mir nicht ganz zu. Wirklich nicht. »Aber wir müssen nicht jetzt darüber reden. Wir haben noch genug Zeit, dir das zu erzählen. Jetzt können wir erstmal schlafen«, meinte er und kam zu mir. Kurz darauf wurde ich an seine harte Brust gezogen und kurz darauf verfiel ich wieder in einen tiefen Schlaf.

Lorcan - "Sie will zu mir" ✔Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt