Meinen Geburtstag hatte ich mir anders vorgestellt. Nicht nur, dass Lorcan mir aus dem Weg ging, jetzt häufte ich auch noch das Laub auf, damit wir es später weg bringen konnten. Und das allein. Ich rächte über den Boden und spürte die Wut in mir brodeln. Besonders, da es bereits einen kleinern Haufen gab und dieser so weit vom anderen Laub weg lag, dass ich einen Umweg laufen musste.
Lorcan hatte mir das nicht mal selbst sagen können. Nein, er hatte ausgerechnet Milan, seinen Beta geschickt. Wütend schnaubte ich und rechte so kräftig über den Boden, dass ich Gras mit herausriss. Allerdings war es mir egal. Es war mir wirklich egal. Es war nur etwas Gras. Seufzend rechte ich alles zu dem anderen Haufen und spürte ersten Schweißperlen in meinem Nacken und auf der Stirn.
Der dicke Hoodie, den ich trug, war einfach zu dick. Heute scheinte ausnahmsweise die Sonne und für den ersten November war es noch einmal sehr warm. Zeit, die Sonne und das wärme Wetter zu genießen, hatte ich aber nicht. Bald würde es Frühstück geben und bis dahin sollte alles geregelt sein. Denn für später waren Sturmböen angesagt. Wenn ich also nicht wollte, dass meine Arbeit umsonst war, musste ich mich beeilen.
Als ich eine gute halbe Stunde später das Laub in den Sack gab, hielt ich erstaunt inne, als meine Hände auf etwas Hartes trafen. Zuerst nahm ich an, dass es ein Stück Holz war oder etwas Ähnliches. Als ich es aber herauszog erkannte ich ein Geschenk. Mein Herz machte einen Satz. Ich sah die Karte an, die dabei war. Auf ihr stand mein Namen in schöner, geschwungener Schrift.
Lächelnd machte ich es auf und staunte nicht schlecht. Es waren die Hörbücher zu Dark Elements. Ich hatte sie nie gekauft, weil ich nicht so viel Geld hatte, aber ich hatte sie immer gewollt. Strahlend betrachtete ich die Hörbücher. Dann spürte ich plötzlich ein Kribbeln im Nacken und eine merkwürdige Hitze machte sich auf meiner Haut breit.
»Gefällt es dir?«, raunte Lorcan hinter mir, während er seine Arme um mich schlang. Lächelnd schmiegte ich mich an seinen harten Körper und genoss seine Nähe und seinen Geruch, der mir in die Nase stieg. Sanft hauchte er einen Kuss hinter mein Ohr, während er auf meine Antwort wartete. »Ja, danke, dass du mir das gekauft hast. Das bedeutet mir viel«, hauchte ich und schloss für einen Moment die Augen.
Seine Nähe war toll. Viel zu toll. Ich genoss sie sehr. »Bedank dich nicht bei mir«, hauchte er und drehte mich in seinen Armen um. Ich sah ihn an und lächelte. In seinen Augen war dieser warme Ausdruck. »Dann mach ich eben etwas anderes«, wisperte ich. Lorcan runzelte verwirrt die Stirn, dann drückte ich auch schon meine Lippen auf seine. Ein überraschtes Keuchen kam über seine weichen Lippen, dann erwiderte er meinen Kuss.
Der Kuss war süß und unschuldig im Vergleich zu gestern. Er löste sich auch schnell wieder von mir. Doch diesmal stand Sorge in seinem Blick. »Geh ins Haus«, befahl er mir. Gerade wollte ich fragen, was er damit meinte, dann hörte ich die Motoren und die Stimmen. Ich hörte auch Phils Stimme. Ein kalter Schauer jagte meinen Rücken hinunter.
»Nicht ohne dich«, sagte ich ernst und nahm seine Hand. Lorcan sah mich ernst an. »Mach, was ich dir sage, Nera.« Es dauerte einen Moment, dann fügte er hinzu: »Bitte.« Ich wusste, dass er es ernst meinte, doch ich auch. Er konnte sich nicht allein verteidigen. »Du brauchst Hilfe«, sagte ich. Er seufzte. »Ich kann mit den Jungs per Gedanken kommunizieren, Nera. Sie kommen gleich. Geh bitte rein.«
Einen Moment lang sah ich ihn an, dann nickte ich. Vielleicht hatte er recht. Und doch... ich wollte mich nicht im Haus verstecken. Ich wollte helfen. »Ich will mich nicht verstecken«, sagte ich zu ihm. »Das weiß ich aber du hast keine Kampfausbildung. Jemand müsste auf dich achten. Es wäre mir lieber, wenn du drinnen bist bei Toran und Scarlett«, sagte er. »Ob jetzt sie auf mich aufpassen oder du. Wo ist der Unterschied?«, hakte ich nach und musterte ihn. Lorcan seufzte abermals.»Ich kann mich besser konzentrieren, wenn ich weiß, dass du in Sicherheit bist, Nera. Tu mir den Gefallen«, erklärte er mir. Also nickte ich widerwillig. Er drückte einen Kuss auf meinen Kopf, dann sah ich seine Augen glühen. Sie glühten wieder in diesem hellen Blau. Allerdings blieb mir keine Zeit näher darüber nachzudenken. So schnell ich konnte rannte ich ins Haus, wo mir schon Milan und ein paar andere entgegenkamen.
Ich beeilte mich nach drinnen zu kommen. Irgendwie wurde mir klar, dass ich es die ganze Zeit geahnt hatte. Phil hatte nur gewollt, dass wir uns sicher fühlen. Das war sein Plan gewesen. Ich könnte mich dafür ohrfeigen, dass ich das geglaubt hatte. Ich konnte einfach nicht glauben, dass ich mich für ein paar Tage in Sicherheit gefühlt hatte.
Ich hätte Phil bessern können müssen. Eigentlich hatte ich ja immer diese Ahnung gehabt, doch das brachte mir wenig, wenn ich diese Tatsache verdrängte. Jetzt war er hier. Mit so vielen Leute wie er konnte, nahm ich an. Somit brachte ich alle in Gefahr. Besonders Lucie. Eine kalte legte sich bei diesem Gedanken um mein Herz und drückte fest zu.
So fest, dass ich nicht mal mehr richtig Luft bekam. Sie alle waren wegen mir in Gefahr. Nur weil Phil mich als Versuchsobjekt haben wollte. Nur, weil ich von einem Alpha abstammte. Dabei hatte ich diesen Alpha nie persönlich gekannt. Meine Blutlinie war so verdünnt, dass ich mich nicht einmal mehr verwandeln konnte. Ich verstand also nicht wirklich, was diese Versuche bringen sollten. Aber das sagte ich nicht. Stattdessen versuchte ich Ruhe zu bewahren. Mein Blick glitt aus dem Fenster.
Dort standen bereits erste Werwölfe aber auch erste Menschen. Ich erkannte merkwürdige Waffen, die ich bis jetzt noch nie gesehen hatte. Dazu komische Netze und ich sah Phil, der triumphierend grinste, als noch mehr Männer und Frauen aus dem Wald traten oder fuhren. Es waren sehr viele. ZU viele, damit wir das alle überleben könnten. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und ich wollte näher ans Fenster treten, doch Toran hielt mich zurück. »Nicht, sonst sieht er dich«, sagte er ernst. Ich seufzte und gab mich dann geschlagen.
Dennoch spitzte ich die Ohren und lauschte. »Ich weiß, dass du sie hast, Lorcan Withmore. Sie ist schließlich eine Gefährtin«, hörte ich Phil sagen. Lorcan knurrte ihn nur an. Er war bereits in seiner wölfischen Gestalt. Er war größer als die Wölfe um ihn herum. Phil schien das allerdings nicht zu beeindrucken. »Deine spitzen Zähne machen mir keine Angst. Ich habe Werwolfjäger und noch viel mehr. Gib sie mir einfach und du wirst leben, so wie sein Rudel. Wenn du es nicht tust, greifen wir an und glaub mir, dass werdet ihr nicht überleben«, sagte er mit einem bösen Grinsen.
Mir lief es dabei eiskalt den Rücken hinab, da ich nicht genau wusste, was er damit meinte. Was hatte noch anderes, was uns töten konnte? Vampire? Moment, die gab es gar nicht... Hmm... Ich dachte nach, doch verstand es nicht genau. Im nächsten Moment sah ich Wölfe aus dem Wald treten. Wölfe, die überhaupt nicht zu Hayes zu gehören schienen.
Dann erkannte ich einen von ihnen und meine ganze Welt schien stehen zu bleiben. Da war Liam. Liam war hier. Ein Kloß bildete sich in meinem Hals und mir wurde auf einmal klar, warum er meinen Geburtstag ausgesucht hatte. Wütend umklammerte ich das Geschenk in meinen Händen. Ich brauchte etwas, voran ich mich festhalten konnte. Also hielt ich mich an Lorcans Geschenk fest. So sehr, dass meine Fingerknöchel weiß hervortraten.
»Liam...«, brachte ich gerade so hervor. Hinter mir hörte ich alle keuchen, während die Wölfe aus dem Wald traten. Wie schaurige Gespenster. Ich verstand nicht, wie die beiden zusammenarbeiten konnte. Ich verstand es nicht. Liam hasste Leute wie Phil eigentlich auch. Das hatte er mir zumindest mal gesagt. Aber vermutlich war das auch nur eine Lüge gewesen. So wie alles andere. Ihn zu sehen tat nicht mehr weh. Es schien so, als hätte Lorcan diesen Teil meines Herzens geheilt.
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Lorcan - "Sie will zu mir" ✔
Hombres LoboAls Phil, Neras Freund, ihr einen Antrag macht, kann sie nicht ja sagen. Etwas hindert sie daran. Sie weiß nur nicht genau was. Kaum hat sie sich versehen, läuft sie weg und folgt einem inneren Trieb, den sie sich nicht erklären kann. Kurz darauf fi...