Aria POV
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Kerzen. Kerzen! Für verdammte Kerzen stapfe ich gerade durch den Schnee, friere mir meinen Arsch ab und hole mir womöglich eine Lungenentzündung, an der ich dann kläglich abkratzen werde. Und das alles nur wegen Kerzen. Mit meinem Blick stur nach vorne gerichtet bahne ich mir einen Weg durch die Menschenmenge, und langsam bekomme ich ernsthafte Gedanken, manchen einfach auf die Füsse zu treten, damit sie merken, dass mitten auf der Strasse kein geeigneter Platz ist, um mit drei Kinderwägen einfach mal stehen zu bleiben um die Space Needle zu bewundern, die man ja von fünf Metern weiter rechts nicht mehr gesehen hätte.
Die ist ja so winzig.
Mit einem genervten Seufzer wickle ich mir meinen Schal noch etwas enger um den Hals und bin froh, als ich Malia's Lieblings-Weihnachtsgeschäft endlich am Ende der Strasse entdecke. Sie akzeptiert nur Kerzen, die von dort stammen, und leider habe ich eine Wette verloren, und muss jetzt welche holen gehen. Wir stecken nämlich gerade mitten in der Adventszeit, und heute wollen wir das Haus dekorieren. Jedenfalls war dies der Plan, bevor mein bester Freund, Malia und ich uns eine Kissenschlacht geliefert haben, bei der leider zwei Kerzen zu Bruch gegangen sind.
Ups.
Jetzt dekorieren Malia, übrigens meine ältere Schwester, und Liam eben alleine weiter, während ich uns Kerzen besorge.
Mit einem innerlichen Jubelschrei betrete ich das Geschäft und werde von leiser Weihnachtsmusik und einem köstlichen Geruch nach Plätzchen empfangen. Der etwas ältere Verkäufer, dem der Laden auch gehört, streckt vom Lager kurz den Kopf hinein und lächelt, als er mich sieht. „Aria! Schön, dich auch mal wieder zu sehen. Bisher ist fast nur noch Malia aufgetaucht." Ich lächle ebenfalls, und ziehe mir den Schal vor dem Mund etwas runter, damit Mr. Humps mich überhaupt verstehen kann, wenn ich spreche.
„Ja, wir dekorieren gerade das Haus, und dabei sind uns leider zwei Kerzen runtergefallen. Malia und Liam haben es fertiggebracht, mich bei dieser Kälte vor die Türe zu setzen, und hier bin ich nun." Mr. Humps lacht, und der warme Klang erwärmt jedem sofort das Herz. Er ist so unglaublich gutmütig, dass es fast wehtut. Er kennt Liam, Malia und mich seit wir klein sind. Wir haben immer auf dem Platz vor dem Geschäft gespielt, und er hat uns mit seiner Frau zusammen immer Plätzchen, Kuchen und Getränke serviert.
Seine Frau ist leider vor einem Jahr verstorben, doch Mr. Humps scheint sehr gut darüber hinwegzukommen. Er hat es geschafft, mit nur einer Aushilfe den Laden wieder neu aufblühen zu lassen, und er sieht richtig glücklich aus. Ich denke, dies ist auch genau das, was Mrs. Humps wollte. Dass ihr Mann glücklich ist mit seinem Leben, und dass das Geschäft, ihr gemeinsames Lebenswerk, läuft. Ich gehe zum Regal in welchem die Kerzen stehen, und nehme mir eine Weisse und eine Rote heraus.
Dann gehe ich damit zur Kasse, wo Mr. Humps schon auf mich wartet. Er streckt mir einen Teller mit unglaublich gut riechenden Plätzchen entgegen, und ich merke erst, dass ich vor Hunger fast umkomme, als ich sie sehe. Dabei habe ich zum Mittagessen zwei nicht gerade kleine Portionen Spaghetti Carbonara verschlungen. Mr. Humps lächelt mich auffordernd an, und ich greife zu. Mit zwei Plätzchen im Magen, zwei Kerzen in der Tasche und dem Auftrag, meine Familie und Liam zu grüssen, verlasse ich das Geschäft wieder, und vergrabe meine Nase sofort in meinem Schal.
Es ist nicht kalt.
Es ist arschkalt.
Sofort sinkt meine Laune etwas, als ich all die Menschen sehe, und am liebsten würde ich direkt wieder Kehrt machen und Mr. Humps beim Backen oder so helfen. Ich kann nicht backen, aber es wäre mir weitaus lieber, als das hier. Menschen, Kinderwägen, plärrende Kinder – alles Dinge, die ich an einem Samstag wirklich nicht erleben will. Ich laufe in Gedanken versunken für mich selbst fluchend die Strasse entlang, und weiche den Menschen nur sehr knapp aus, als plötzlich ein Raunen durch die Menge geht, und alles stehen bleibt, weshalb ich ebenfalls eine Notbremsung hinlegen muss.
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Nicola - ✔️
Teen Fiction- überarbeitet - Was einem durch den Kopf geht, wenn man den Lauf einer Waffe an der Schläfe spürt, mag vieles sein. Aber ganz bestimmt nicht, dass der Sohn deines Entführers dein Leben auf den Kopf stellen wird. -- Als Aria sich genau in dieser S...