THIRTY-EIGHT - Das Lächeln eines Psychopathen - ✔️

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Aria POV

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Lange Zeit hört man nur das gedämpfte Schluchzen von Alexa, die sich gerade von ihrem Bruder verabschieden musste. Ich will gar nicht wissen, wie schwierig das für sie sein muss, vor allem, da ihr eigener Bruder solch ein Arschloch war. Doch, obwohl Alexa sich für die Salvatores entschieden hat, schien sie ihren Bruder ganz tief in ihren Herzen trotzdem noch zu lieben. Und ich finde, dass das eine unglaublich starke und reife Leistung von ihr ist, denn auch wenn Santos wirklich kein guter Mensch war - schlussendlich war er immer noch Alexas Bruder. Und das wird er auch immer sein.

„Geht's dir gut?" Besorgt untersuche ich Liam grob mit meinen Augen, immer darauf vorbereitet, plötzlich irgendwo eine große Wunde oder so zu finden. Doch ich finde nichts, und Liam nickt nur. „Es ist alles in Ordnung, du musst dir keine Sorgen machen. Mir geht's gut." Ich nicke erleichtert, lasse mir aber einen letzten, prüfenden Blick nicht nehmen. Das kommentiert Liam nur mit einem Augenrollen, ehe er mich nochmal kurz an sich drückt.

„Leute, es wird Zeit hier rauszukommen. Die Stimmung hier gefällt mir ganz und gar nicht. Liam, wo ist dein Vater?"

„Dad hat ihn schon rausgebracht. Wir sind die letzten, die hier noch drin sind. Sobald wir raus sind, werden auch die Scharfschütze ihren Posten verlassen", kommt Nicola Liam zuvor, und Raffa nickt. „Gut. Dann lasst uns gehen."

Alexa rappelt sich auf, und ich greife sofort nach ihrer Hand. Dankbar lächelt sie mich an, und wir setzen uns hinter den Jungs in Bewegung. Auch wenn wir eigentlich sicher sein sollten, halte ich meine Waffe trotzdem fest umklammert und somit einsatzbereit, denn hier drin kriege ich richtige Paranoia.

Raffa lotst uns anhand des Lageplans zum Ausgang, und auch wenn die Erleichterung über die gelungene Aktion zu spüren ist, verliert keiner auch nur ein Sterbenswörtchen. Ich denke, dass die ganze Anspannung erst dann weg sein wird, wenn wir alle heil zu Hause angekommen sind.

Die Gänge sind eng, und erst jetzt fällt mir auf, wie bedrückend diese Betonwände auf einen wirken können. Auf dem Hinweg war ich viel zu fokussiert darauf, ja keinen Laut oder Fehler zu machen, denn das hätte die ganze Operation zunichtemachen können.

„Ich möchte ihn neben meinem Bruder begraben", murmelt Alexa plötzlich, und ich schaue zu ihr. „Du hattest noch einen Bruder?" Alexa nickt langsam, und als ich sie fragend ansehe, winkt sie ab. „Ich erzähle dir die Geschichte, wenn wir zu Hause sind. Hier ist gerade nicht so der beste Ort dafür." Verständnisvoll nicke ich, und wieder kehrt diese Stille ein.

Wenn ich den Hinweg richtig in Erinnerung habe, brauchen wir nur noch eine Türe zu passieren, ehe wir dann vor dem Ausgang stehen sollten. Diesmal sind uns die Kameras, die überall aufgehängt sind, völlig egal. Santos ist tot, er kann uns nichts mehr tun. Wir treten erneut durch eine Türe, und Nicola beleuchtet mit zwei Taschenlampen gleichzeitig den Weg vor uns, damit Raffa sich voll und ganz darauf konzentrieren kann, den Lageplan nach dem Weg nach draußen zu durchforsten.

Und er macht seinen Job wirklich gut. Ich hätte mich schon längstens heillos verirrt, und würde wahrscheinlich neben Santos bald in irgendeiner Ecke kümmerlich verrücken. So gut bin ich im Kartenlesen. Mein Sportlehrer hat mich freiwillig von allen möglichen Orientierungsläufen dispensieren lassen, da ich wirklich immer von einem Lehrerkomitee gesucht werden musste, weil ich vom Weg abgekommen war.

Es gab noch kein einziges Mal, wo ich im Ziel angekommen bin. Nicht mal mit einer Partnerin oder mit einem Partner zusammen.

Alexa reibt sich mit beiden Händen übers Gesicht, und ich stecke meine Hände in die Hosentaschen meiner Cargo Hose, die wir alle tragen. Ich sehe mich etwas um, entdecke jedoch außer Beton und noch viel mehr Beton nicht wirklich viel.

Nicola - ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt