TWENTY-TWO - Es ist vorbei, Aria Davis - ✔️

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Aria POV

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„Los, komm schon!" Ich schlucke und lasse mich von Nicolas Stimme tatsächlich provozieren. Ich renne auf ihn zu und weiche seinem Verteidigungsschlag aus, während ich aushole und ihn tatsächlich in der Magengrube treffe. Doch Nicola lässt sich nichts anmerken, während ich das Gefühl habe, in meiner Hand hätten sich mindestens fünf Knochen verschoben. „Das war gut", sagt Nicola nur, und grinst mich an. „Aber zu schwach."

Ich lasse mich frustriert auf die Matte unter uns fallen und lege den Kopf in den Nacken. „Ich habe das Gefühl, meine Hand auf fünf verschiedene Arten gebrochen zu haben", nörgle ich, und begutachte meine – normal aussehende – Hand. Nicola lacht nur leise und setzt sich neben mich. „Das wird oft so sein, aber irgendwann wirst du dich schon dran gewöhnen. Es ist auch gut möglich, dass du mal das Gefühl haben wirst, eigentlich tot zu sein, vor lauter Schmerzen. Kleiner Spoiler: du bist es nicht."

Ich verdrehe erneut die Augen, und schaue Nicola mit einer gehobenen Augenbraue an. „Wie überaus beruhigend", murre ich nur, und erneut lacht der Italiener leise. „Komm, wir haben erst gerade angefangen." Er springt einfach so auf und streckt mir dann eine Hand entgegen, die ich verzweifelt nehme, und hochgezogen werde. Wieso nochmal habe ich mich zum Training überreden lassen?

Theo ist schon lange nicht mehr mein Trainer, da Nicola das seiner Meinung nach so gut macht, dass er es nicht mehr für nötig hält, dabei zu sein. Er verschafft sich ab und zu mal einen kleinen Überblick über meine Fortschritte, aber das war's dann auch.

Nicola baut sich wieder vor mir auf, und ich bringe mich ebenfalls in Position, ehe er angreift. Kurz darauf lande ich eher unsanft wieder mal auf der Matte.

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„Wir machen Schluss für heute." Nicola wirft mir mein Handtuch entgegen, und ich nicke heilfroh. Ich war kurz davor, einfach zu kollabieren, so sehr hat Nicola mich gefordert. Wie hat er das nur schon jahrelang ausgehalten? Das muss doch die Hölle sein!

Ich reibe mir lange übers Gesicht, bis ich nicht mehr das Gefühl habe, einem Wasserfall Konkurrenz zu machen, und folge dann Nicola langsam zum Ausgang. Auch hier ist die Halle direkt am Haus, und wir sind genau fünf Schritte von der Haustüre entfernt. Obwohl es hier wärmer ist als in Seattle, liegt auch hier eine dünne Schneedecke, und auch hier bewältige ich diese fünf Schritte kreischend. Da wir am Morgen trainieren, wecke ich somit alle, die noch geschlafen haben. Und es ist mir jeden Morgen aufs Neue eine Ehre.

Mit zusammengepressten Lippen setze ich langsam einen Fuß vor den Anderen, und eine Gänsehaut bildet sich auf meinen Armen, die aus meinem Shirt rausgucken. An eine Jacke habe ich natürlich nicht gedacht, es sind ja nur fünf Schritte. Fünf Schritte durch die Hölle, um genau zu sein.

Nicola geht nur belustigt neben mir her, und denkt nicht daran, mich auch nur vielleicht huckepack zu nehmen. Er meint, ich sollte selbst daraus lernen, und wartet auf den Tag, an dem ich endlich eine Jacke mitnehme. Vielleicht ist es also auch mein Stolz, der mir verbietet, eine Jacke anzuziehen.

Gerade betreten wir das Haus, als Amy uns entgegenkommt. „Kinder, ich weiß, Aria dürfte nicht so oft raus, aber ihr müsst einkaufen gehen. Alexa hat Fieber, und Raffael ist mit seinem Vater beschäftigt." Ohne uns überhaupt die Zeit für eine Antwort zu lassen, drückt Amy mir Geld und einen Einkaufszettel in die Hand, und ich nicke perplex. Obwohl ich unglaublich gerne duschen gehen möchte, scheint es anscheinend dringend zu sein, weshalb ich mir seufzend meine Jacke greife und sie mir überziehe. Nicola tut das Gleiche, und dann sind wir schon wieder draußen.

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„Du trägst das!" Ich zeige auf die überfüllte Einkaufstasche, und Nicola motzt irgendwas auf Italienisch, während er nach der Tasche greift. „Bitte?", sagt er nur, und ich zucke mit den Schultern. „Nö. Du bittest mich auch nie um Dinge." Nicola schmunzelt nur und lädt die Tasche dann in den Kofferraum.

Nicola - ✔️Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt