Chapter Nineteen 》In Another Life

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I'd Rather Go Blind ~Etta James

Beverly's POV:

Manchmal, da brachte das Leben Augenblicke mit sich, in denen alles filmreif schien, so als hätte man einen Filter darüber gelegt und auf einmal war alles makellos, perfekt. Und vorallem machte sich niemand Gedanken darum, was nach der letzten Klappe eines belanglosen Liebesfilms geschehen würde. Es gab nur das hier und jetzt.

Das hier war einer dieser Augenblicke. Die Sonne tauchte alles in warmes, goldenes Licht. Das Verdeck des schwarzen Cadillacs war weit zum Himmel geöffnet und ließ mich diesem ganz nah sein. Mein offenes Haar flatterte im Wind, wie eine hoch gehisste Flagge. Aegeus' Augen funkelten mich wissend an, bevor sie wieder zur Straße wanderten. Mit einer Hand fuhr er sich durch das kurze, rote Haar, die andere umfasste mühelos das mit warzem Leder überzogene Lenkrad. Ich saß auf dem Beifahrersitz, und fühlte mich leicht ganz leicht. Und während aus den Lautsprechern 'I'd Rather Go Blind' dröhnte, riss ich, beflügelt von den Schwingen meiner Flucht vor jeglicher Verantwortung, feierlich die Hände in die Luft.

Nachdem wir aus der Schule getürmt waren und ich meine negativen Gefühle wegen Fiona hinuntergeschluckt hatte, hatte ich meinen Eltern Bescheid gegeben, dass ich bei einer Freundin schlief und Dean eine Nachricht geschrieben. Dann, während ich im Auto, vor dem Haus der Dunhills gewartet hatte, war Aegeus hinein gegangen und hatte eine Tasche gepackt.

Wir wussten nicht wohin mit uns. Wir wussten bloß, dass wir töricht und kindisch sein wollten, und fort wollten, selbst wenn es nur für wenige Stunden waren. Sicherlich war das hier nicht gerade die rationalste Entscheidung, die ich je getroffen hatte, doch manchmal musste jeder unvernünftig sein, auch die Sheriffs-Tochter. Und nein, es war nicht Aegeus' schlechter Einfluss. Es war mein freier Wille, der mich das hier tun ließ.

Nahezu malerisch zogen die in sattem Grün zitternden Blätter der Bäume am Straßenrand, an uns vorbei. Tief einatmend stellte ich fest, wie gut und reichhaltig die texanische Luft war.

"Hast du Hunger? ", es war das erste Mal seit einer Weile, dass ich seine Stimme hörte, als Aegeus mich abwartend angrinste.

Ich wurde etwas rot, weil ich immer schon rot wurde, wenn er mich so anblickte, und nickte: "Sicher."

Eigentlich hatte ich gar keinen Hunger, aber wenn Aegeus so fragte, dann hatte er bestimmt welchen. Wobei er vermutlich auch etwas zu essen für sich aufgetrieben hätte, hätte ich nichts gewollt.

Hinter uns lag sicher bereits eine Stunde Fahrt, als wir vom Highway in die Einfahrt eines kleinen Schnellrestaurants am Straßenrand einbogen. Es lag ziemlich abgelegen und wurde vermutlich nur von Truckern und Durchreisenden regelmäßig besucht. Zudem sah es aus, als wären dort selbst die Serviertenhalter quietschrosa.

"Rockville's Pfannkuchenhaus ", Aegeus schien amüsiert, "Das sieht doch vielversprechend aus."

Ich nickte stumm und kletterte aus dem Wagen, um ihm in den etwas in die Jahre gekommenen Laden zu folgen. Langsam sackte an der Stelle von Hunger Ernüchterung in meinen Magen und machte, dass dieser unangenehm zwickte. Meine Gedanken wurden klarer und ich begriff, wie dumm diese Aktion war. Ich bekam Ärger, weil ich Unterricht ausließ und was tat ich? Gewissenhaft wie ich war, schwänzte ich zwei weitere Stunden um mit meiner ersten Liebe in ein Pfannkuchenhaus zu flüchten. Ich brannte mit Aegeus Dunhill durch. Vor zwei Jahren hätte ich jetzt wahrscheinlich noch das Bewusstsein verloren und ein Sauerstoffzelt benötigt.

Die Stirn in Falten gelegt schüttelte ich den Kopf und schob somit die schlechten Gedanken beiseite. Anstatt mir weiter den Kopf zu zerbrechen, nahm ich gegenüber von Aegeus auf der pinken Lederbank Platz und versteckte meinen besorgten Gesichtsausdruck hinter der ziemlich übersichtlichen Speisekarte. Hier roch es seltsam nach Zuckerwatte und die nervig laut tickende, katzenförmige Uhr starrte mich verurteilend an.

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