Mich selbst betrogen

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Ein Blick genügt und ich würde für ihn lügen.
Würde die schönsten Lügen erfinden.
Ich würde sie jedem erzählen. Freunden.
Familie.
Und ich würde sie solange erfinden, solange erzählen,
so sehr ausschmücken,
bis ich anfangen würde, sie selbst zu glauben.
Aber er ist doch gut,
er ist doch ehrlich,
er meint es doch ernst.
Er würde mich niemals dazu bringen, für ihn zu lügen.
Nein, er ist gut.
Gut für mich.
Er meint es ernst.
Ernst mit mir.
Er ist ehrlich.
Ehrlich zu mir.

Und ich nehme ihn in Schutz. Verteidige seine Worte, seine Taten. Jedes schlechte Wort, jede verletzende Tat.
Ich verteidige ihn.
Denn er ist gut.
Er meint es nicht so.
Er hatte einen schlechten Tag.
Er hat nur Angst vor Gefühlen.
Er hat Angst verletzt zu werden, deswegen verletzt er mich.
Er spielt nicht nur mit mir, er hat nur Angst sich festzulegen.

Und ich ignoriere die missbilligenden Blicke meiner Freunde, die mitleidigen Blicke meiner Familie. Ignoriere ihre Worte.
Sie sagen sie meinen es nur gut, wollen nur das Beste für mich.
Aber sie kennen ihn nicht so wie ich ihn kenne.
Er ist gar nicht so.
Er ist gut.
Gut für mich.
Er ist ehrlich.
Ehrlich mit mir.
Er meint es ernst.
Ernst mit mir.

Und am Ende des Tages, wussten sie es alle und die einzige Person,
die ich angelogen habe,
war ich selbst.
Mich habe ich betrogen,
mich selbst habe ich belogen.

Wortgewirr - Gedankenflut und ChaospoesieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt