13. „Verpiss dich hier"

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POV Alex

Milos Bruder wirkt mehr als nur angsteinflößend und auch Milos Blick als er aufgetaucht ist macht mich stutzig. Bevor ich weiter darüber nachdenken kann, unterbricht meine Lehrerin die Starre, in welcher ich stecke, indem sie meinen Namen sagt. „Alex kannst du die Aufgabe bitte vorne lösen", meint sie und sieht dann wieder auf ihr Blatt. Ich sehe mir die Aufgabe an der Tafel an und stehe langsam auf.

Als ich an Milos Tisch vorbei gehe, kann ich seinen Blick auf mir spüren und verfluche mich dafür, dass dies mich überhaupt interessiert. Ich konzentriere mich wieder auf die Tafel und schreibe schnell die Lösung dran. „Danke", meint meine Lehrerin lächelnd. „Milo erkläre bitte seine Schritte für die anderen!", ihr strenger Blick lässt mich in Ruhe und ich muss mir ein Grinsen verkneifen. Der Typ kann ja vieles, aber Mathe gehört nicht dazu. Trotzdem versuche ich meinen Blick nicht zu ihm zu wenden und gehe an ihm vorbei. Als ich schlussendlich wieder auf meinem Platz neben meinem Großvater sitze, traue ich mir doch einen kurzen unschuldigen Blick zu. Der landete allerdings erst auf Milos Rücken und dann in den Augen seines Bruders. Dieser sieht auch nicht gerade begeistert zu mir und ich wende mich schluckend wieder meinem Arbeitsblatt zu.

„Milo?!" „Ich.. Keine Ahnung, fragen sie ihn doch selbst", mault er herum und meine Lehrerin zieht die Augenbrauen hoch. Auch ich bin ein wenig verwundert, sonst reimt er sich wenigstens irgendwas zusammen. Kopfschüttelnd schreibt sie etwas in ihren Block und das Grinsen kommt endgültig auf mein Gesicht. Milo ist ansonsten eigentlich relativ gut in der Schule, also kann ich auch mal schadenfroh sein.

In der Pause spaziere ich mit meinem Großvater über das Gelände und versinke dabei in meinen Gedanken. „So so", höre ich dann meinen Opa leicht lachen und schaue auf. „Das ist also dieser Milo", meint mein Großvater und ich beiße mir auf die Lippe. War ja klar, dass er darauf nochmal zurück kommt. „Ich habe ihn mir anders vorgestellt." „Du hast dir Milo vorgestellt?", meine ich und muss ein wenig lachen. „Wirst du mir je erzählen was es mit euch beiden auf sich hat?", fragt mein Opa leise, aber ernst. „Keine Ahnung", meine ich und bin dabei ganz ehrlich. Irgendwas in mir drin möchte es jemanden erzählen, doch auf der anderen Seite will ich es auch nicht. Denn in momentan ist alles in mir kreuz und quer verstreut und bis ich wieder für Ordnung gesorgt habe, sollte es keiner mitbekommen. „Du kannst es aber." „Ich weiß Opa, danke", meine ich und lächle ihn ehrlich an.

„Mister Carter", hören wir hinter uns eine Stimme und drehen uns zu eben dieser um. Mein Herz beginnt schneller zu schlagen, als ich Milo und seinen Bruder sehe. Während Mo lächelnd auf meinen Großvater zugeht, wirft Milo mir einen kalten Blick zu. Irgendwas sagt mir, dass dies etwas mit seinem Bruder zu tun hat. Auch wenn ich gerne Fragen würde was los ist, weiß ich das ich es dann zu weit treibe. Milo war vorhin schon nicht gut auf mich zu sprechen, dass habe ich gesehen und ich kann mir meine Neugier auch nicht erklären. Vorhin tat er mir einfach nur irgendwie leid, doch das ist genau eines dieser Gefühle die nicht in mir existieren sollten, in Bezug auf ihn.

„Tut mir leid wenn ich störe, ich wollte unser Gespräch von vorhin nur noch weiter führen", meint Mo und lächelt leicht. „Mein Bruder hat erzählt, sie kannten mal jemanden mit unserem Nachnamen", fährt er fort und mein Opa lacht freundlich auf. „Oh ja Amelie, war eine sehr gute Freundin von mir. Was machen sie beruflich junger Mann?", mein Opa zeigt sein Interesse ganz offen und ich sehe wie Milo nervös wird. Als er meinen kritischen Blick bemerkt räuspert er sich und die Herren sehen ihn an. „Ich bin in der Kanzlei unseres Vaters angestellt und lebe so vor mich hin", witzelt Mo und mein Opa lächelt amüsiert.
„Wieso ist ihr Vater nicht auch hier?", fragt mein Opa erneut und auf einmal höre ich wie jemand neben Milo auf den Boden fällt.

„Mist", zischt der Junge und schlägt sich den Dreck von der Hose. „Ups", macht Milo nur und sieht dann in meine Richtung. Sein Blick ist kalt und auch seine gesamte Ausstrahlung hat sich verändert. Vorher war er nervös, nun macht er mir einfach nur Angst. Mein Opa und Mo gehen direkt zu dem jüngeren und helfen ihm auf, was Milo anscheinend als seine Chance sieht. „Verpiss dich hier", zischt er mir in leisem Ton entgegen und klingt bedrohlich. „Was warum?", frage ich verwirrt, doch eigentlich will auch ich einfach nur noch weg von ihm. „Wenn du nicht gleich verschwindest Carter, dann-" „Alles gut?", fragt Mo und legt eine Hand auf Milos Schulter. Dieser schüttelt sie aber sofort ab und sieht mich weiter durchdringend an. Wenn Blicke töten könnten, würde ich glaube ich schon längst nicht mehr hier stehen.

„Der Unterricht fängt gleich an und ich wollte dir noch was zeigen Opa", meine ich, klinge dabei aber wenig überzeugt. „Bist du sicher?", fragt Mo und bringt mich damit aus dem Konzept. „Ja", sage ich nach ein paar Sekunden und meine Stimme ist zum Glück wieder fester. Irgendwie kann ich den Typen nicht leiden. „Ist schon okay, wir können ja später weiter reden", vertröstet ihn mein Opa und hält Mo seine Hand hin. „Das nehme ich als Versprechen Mister Carter", meint Mo und hat wieder ein Lächeln auf dem Gesicht.

Als ich nach meinem Großvater an Milo vorbei gehe remple ich ihn absichtlich an, was sich als schlecht Idee herausstellt. Mit einem aggressiven Blick greift er nach meinem Arm. „Was sollte der Scheiß gerade!", Milo wirkt nicht mehr wie er selbst, zumindest habe ich ihn noch nicht so erlebt. „Lass meinen Arm los", meine ich nur ruhig und sehe danach in seine Augen. „Lass meinen Arm los Milo", wiederhole ich mich leise und sein Gesichtsausdruck wird lockerer. Er lässt meinen Arm los und ich beobachte wie er langsam seine Hand sinken lässt. Direkt erkenne ich in seinem Blick, dass es ihm leid tut. Trotzdem drehe ich mich zu meinem Großvater um und versuche das Kribbeln in meinem gesamten Arm einfach zu verdrängen. „Alles in Ordnung?", fragt dieser mich und sieht besorgt aus. „Alles gut", versichere ich ihm und gehe mit ihm in Richtung Eingang. „Wirst du hier immer so von ihm behandelt?" „Wie meinst du das?", frage ich und sehe ihn fragend an. „Ich meine es so wie ich es gefragt habe Alex", meint er nun ernster. „Milo ist nur leicht aufbrausend und reizbar, es ist amüsierend ihn zu provozieren", sage ich und beruhige ihn damit wohl nur wenig. „Treibs aber nicht zu weit Junge", meint er und ich erwidere seinen Blick mit einem Nicken.

Zum Ende des Schultages hin findet in der Aula der Schule eine große Feier statt. Es gibt unteranderem Aufführungen der jüngeren Jahrgänge, Reden der Lehrer und Musik. „Ich komme gleich wieder", sage ich zu meinem Opa und verlasse den Platz neben ihm um mir etwas zu trinken zu holen.
Nachdem ich den ersten Schluck der kalten Cola getrunken habe und zurück gehen möchte, pralle ich gegen einen harten Körper. Die Person zischt auf und sieht mich aus wütend funkelnden Augen an. „Tut mir leid, ich-", beginne ich und unterbreche mich selbst, als ich erkenne wer dort eigentlich steht. „Du was?", fragt Milos Bruder ungeduldig und mein Blick fällt auf seinen verletzten Arm. „Ich hab Sie nicht gesehen", murmle ich und will an ihm vorbei als er mich aufhält.

„Du heißt Alex nicht wahr?", fragt er und prüft dabei meine Bewegungen. „Was geht dich das an?" „Oh okay, wir haben die Hürde überwunden und sind jetzt also offiziell beim Du?", beginnt er leicht zu lachen. Ich schlucke und umklammere mit meinen Händen das Glas. Meinen Großvater mag er mit der Masche täuschen, mir kommt sie allerdings unheimlich vor. „Ich weiß Milo redet nicht viel von seiner Familie, aber vielleicht hast du ja trotzdem schon von mir gehört", meint er und ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Hab ich nicht und muss ich auch nicht unbedingt", gebe ich desinteressiert zurück, während ich hoffe das Milo jeden Moment auftaucht. „Du hast eine große Klappe Kleiner", meint Mo und ich sehe zu ihm hoch. Irgendwas in seinem Blick hat sich verändert.

„Was soll das hier?", fragt Milo hinter mir und ich drehe mich zu ihm um. „Er hat mich zufällig angerempelt und wir haben uns nett unterhalten", antwortet Mo ohne das ich die Chance habe etwas zu sagen. „Klar, was ein Zufall", ärgert sich Milo leise und ich muss leicht schmunzeln. „Was?", fragt Mo allerdings mit einem gewissen Nachdruck und ich bekomme eine Gänsehaut. „Lass uns einfach gehen", meint Milo leicht gereizt und sieht dann kurz direkt in meine Augen. „Geh", sagt er einfach nur zu mir, während er mich nicht mal wirklich an sieht, sondern den Blick wieder zu seinem Bruder schweifen lässt. Ich verschränke genervt meine Arme.
Bevor ich allerdings wirklich verschwinde meine ich noch in seine Richtung: „Hör auf dich hier so aufzuspielen und mir irgendwelche Befehle zu erteilen, du Vollidiot!"

Unser Geheimnis... (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt