Epilog

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Das Gesicht des jüngeren Bruders, wird kreidebleich als sein Vater den Saal betritt. Auch beim Älteren der Beiden, breitet sich Unbehagen aus. Auch wenn ihn die Art seines Vaters erst zu diesem Punkt gebracht hat, davon ist er überzeugt, wollte er ihm doch nie das Herz brechen. Sein kleiner Bruder hat die Scheiße gebaut. Erst wird er krank und verfolgt ganz andere Wege als er eigentlich wollte und jetzt schließ er sich mit dem Feind zusammen. Moritz hatte wirklich mal Hoffnung gehabt was den kleineren angeht, doch dieser scheint sich komplett verloren zu haben. Alex Carter bemerkt die Reaktionen der Brüder und während er einen vernichtenden Blick in Richtung des Älteren wirft, legt er einen Arm um seinen Freund, um ihn zu unterstützen und zu stärken. Mit dieser Wendung hätte niemand gedacht.

„Als Moritz den einen Tag von einer Prügelei nachhause kam, behauptete er das Emilio daran schuld sei. Er hätte es wieder übertrieben und Moritz wäre nur zur Verteidigung da gewesen. Ich hatte immer Zweifel was ich bei Emilios Erziehung falsch gemacht habe, er war immer aufmüpfig und gegen alles was ich sagte. Also habe ich mir die ganze Nacht Gedanken gemacht und wollte ihn eigentlich am selben Abend noch zur Rede stellen, aber er ist nicht aufgetaucht", erzählt der Alleinerziehende Vater und sieht dabei stur zu dem Richter. „Ab da an habe ich angefangen, die Aussagen meines Sohnes zu hinterfragen."
Ein Schmerz zieht sich durch den Brustkorb des fast 50 Jährigen. Selbstzweifel plagen ihn, denn nie hätte er sowas von seinem älteren Sohn erwartet. Auch wenn sein jüngster nie sein größter Fan war, würde er sowas niemals freiwillig unterstützen und das ist dem Erwachsenen in den letzten Wochen bewusst geworden. Gerade so kann er einen Seufzer zurückhalten, als er daran denkt, dass alles einfach gewesen wäre wenn seine Frau noch am Leben wäre. Vielleicht wäre die Erziehung dann nicht so in die Hose gegangen.

„Wie ging es weiter?", fragt der Richter welcher seine Unterlagen kurz in Augenschein nimmt. „Als Moritz dann im Krankenhaus landete und der Verdacht auf Drogenmissbrauch bestand, habe ich begriffen, wie wenig ich doch von meinen Söhnen und ihrem Leben weiß. Ich habe immer versucht alles für meine Kinder zu tun, insofern ich es denn konnte, doch eine Straftat hätte ich niemals für möglich gehalten. Als Moritz dann auch nicht geflüchtet ist, habe ich die Warnungen ernst genommen und Kameras in meinem Haus installiert", erklärt der Mann und Emilio Evans kommt sich vor, als wäre er im falschen Spiel.

War etwa all das, was sein Vater in den letzten Wochen als „Vater-Sohn-Gespräche" bezeichnet hatte, einfach nur erlogen gewesen? Wollte er nur die Wahrheit wissen und hat deswegen Interesse an seinem Sohn vorgespielt? Ein Anflug von Schmerz und Wut steigt in dem Jüngeren auf und sein Freund neben ihm, spürt diese Veränderung.
Auch dem Älteren der Brüder wird langsam schmerzhaft bewusst wie dumm, auffällig und gedankenlos seine Taten waren. Trotzdem versucht er zu rechtfertigen was er gemacht hat und schiebt seinen Selbsthass auf seinen Bruder, ohne welchen es gar nicht zu dieser Verhandlung umgekommen wäre.

„Milo war immer weniger Zuhause und Moritz hat sich vorerst auch nicht mehr gezeigt, also habe ich versucht auf meine Jungs zuzugehen", erklärt Marvin Evans weiter und dreht sich dann zu seinem jüngsten Sprössling um. „Milo. Ich weiß das das alles für dich ziemlich hart sein muss gerade, aber ich möchte dass du verstehst warum ich das getan habe. Ich will mich dafür entschuldigen, dass ich dir immer die schlimmsten Dinge unterstellt habe, wenn der wahre Übeltäter heute auf der Anklagebank sitzt", es ist ein kurzer Seiten Blick zu seinem Sohn, auf welchen er vor nicht all zu langer Zeit noch mächtig stolz war, doch nun traut sich dieser nichtmal seinem Vater in die Augen zu sehen. „Ich habe gesehen wie du deinen Bruder behandelt hast, wie du die Drogen-Pakete nach und nach herausgeschmuggelt hast, wenn keiner zuhause war und ich habe gesehen wie du dass alles ohne einen Funken Reue getan hast. Der Sohn den ich erzogen habe, hat andere Werte von mir gelehrt bekommen. Das schlimmste an der Sache ist aber, dass du deinen kleinen Bruder mit in deine Scheiße ziehst! Du hast diese Strafe verdient Moritz und ich hoffe du lernst aus ihr!"

Das Beweismaterial wurde beim Richter abgelegt und nur eine Stunde später steht die Gefängnisstrafe für Moritz Evans auf. Wegen Gewerbsmäßigen Drogenhandel wird diesem eine Freiheitsstrafe von eineinhalb Jahren ausgesprochen.
Schon beim abführen und bei dem Blick in das Gesicht seines kleineren Bruders, in wessen Augen soviel Schmerz zusehen ist, hat Moritz Evans ein unschönes Gefühl in seinem Magen. Früher war es für sie beide einfacher, sie waren einfach Kinder und kam einer dem jüngeren falsch, wurde dieser von ältesten fertig gemacht. Er wollte immer nur das beste für seinen kleinen Bruder und noch immer ist ihm unklar, wie verschleiert und zugedröhnt er gewesen sein musste um dieses Verhältnis zu zerstören. Möglicherweise war auch der Tot seiner Mutter der Auslöser für die schiefe Bahn und irgendwann die einzige Gemeinsamkeit der beiden Brüder.
Vielleicht hat ihn der Schmerz in diesen Abgrund getrieben, vielleicht aber auch einfach seine Dummheit... um das herauszufinden hat der junge Erwachsenen allerdings jetzt genug Zeit.

Es ist schwer mit anzusehen wie der eigene Bruder weggeführt wird. Emilio Evans weiß, dass er nicht alleine ist. Er hat seinen Vater und seinen Freund, mit denen er das durchstehen wird, aber trotzdem fühlt es sich an als wäre ein Teil von ihm entrissen. Ein Teil der zwar immer nur für Ärger und Schmerz gesorgt hat, aber trotzdem zu ihm gehörte.
Es wurde trotzdem Zeit mit offenen Karten zu spielen, dass wusste der Jüngere. Vielleicht würde sich sein Bruder ja in der Zeit ändern, vielleicht könnten sie irgendwann einen Neuanfang starten, vielleicht war das ja möglich.

Sein Blick schwenkt zu seinem Freund herüber, welcher ebenfalls Moritz hinterher sieht. „Es war das Richtige", bestätigt Emilio Alex Gedanken und sie fassen einander an den Händen. „Heißt das, dass ist das Ende von unserem Geheimnis?", fragt Alex mit einem Mal und Verwirrung breitet sich bei seinem Gegenüber aus. „Wir sind jetzt offiziell zusammen, dein Vater weiß über alles Bescheid, der ganze Stress liegt hinter uns", erklärt Alex erneut und scheint etwas niedergeschlagen, aber auch erleichtert zu sein. „Wir werden immer unsere eigenen kleinen Geheimnisse haben Baby", flüstert Emilio Evans, bevor er mit Alex zu seinem Vater geht, in dessen Auto steigt und das Gerichtsgebäude hinter sich lassen.

—————The End————————————

Unser Geheimnis... (Abgeschlossen)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt