28. Wie weit wird es gehen?

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POV Milo

Es herrscht ein komplettes Durcheinander. Die Musik ist aus und man hört nur die lauten Gespräche der Gäste, die alle auf einmal sprechen. Alex läuft hinter mir her und sieht sich mit großen Augen um. Obwohl ich weiß, dass er versucht das zu verstecken, sieht man ihm an das ihm das hier ein wenig einschüchtert. Aber trotzdem hat er, als einziger, das ausgesprochen was ich mir seit Jahren denke. Ich passe hier nicht rein. Ich kann mich vielleicht anpassen um nicht aufzufallen, aber das ist kein Leben, was ich in meiner Zukunft führen möchte. Das bin nicht ich und anscheinend ist Alex der Einzige, dem das auffällt.

Im nächsten Moment wird meine Hand gepackt und ich werde irgendwohin gezogen. Ich pralle gegen den Körper meines Dads und sehe ein bisschen überrascht zu ihm hoch. „Wo warst du verdammt?", zischt er mir entgegen und beobachtet unsere Umgebung dabei. Ich löse mich von ihm und richte meinen Anzug wieder, bevor ich mich räuspere: „Es war ein Notfall, jetzt bin ich ja da." Er mustert mich kritisch, doch ich erwidere den Blick nicht. „Ist er weg?", frage ich stattdessen und bekomme einen zustimmenden Laut meines Vaters.

„Ahh da sind sie ja", meint Officer Jones und erst als er vor meinem Vater zum stehen kommt, bemerkt er auch mich. Er nickt mir zu, bevor er beginnt zu sprechen: „Wir haben alle Gäste geprüft und bis auf einen gewissen Alexander Carter und ihre beiden Söhne, haben wir bis eben alle abhaken können", Jones mustert mich und ich verschränke meine Hände hinter meinem Rücken. „Also ich bin offensichtlich da", meine ich schlicht und sehe mich um. „Und Carter ist auch irgendwo, ich hab ihn eben noch gesehen", füge ich hinzu und bemerke den Blick meines Vaters. „Und wo warst du die ganze Zeit?" „In meinem Zimmer, ich war noch nie so ein großer Fan von solchen Veranstaltungen", meine ich ehrlich und Officer Brown tritt zu uns. Auch sein kritischer Blick liegt nun auf mir. „Offensichtlich hat an diesem Abend noch niemand Mister Carter gesehen", mischt er sich ein und ich verdrehe die Augen unauffällig. „Er ist da", sage ich wohl etwas zu bissig und alle Augenpaare der Anwesenden liegen auf mir.

Ich sehe mich im Raum um und als mein Blick den von Alex kreuzt, verändert sich etwas in mir. Ich weiß nicht was er mit mir macht, aber dieses Gefühl macht mir langsam aber sicher keine wirkliche Angst mehr. „Alex", sage ich und räuspere mich danach direkt. Meine Stimme klang gerade etwas zu sanft und auch Alex kommt mit einem undefinierbaren Blick auf mich zu. „Alexander Carter?", fragt Brown und sieht Alex ganz genau an. „Ja Sir", meint dieser und ich sehe von der Seite ebenfalls zu ihm. Er beginnt mit seinen Fingern herumzuspielen was mich leicht lächeln lässt, das ganze macht ihn total nervös.

„Sie haben einen Stock im Haar", meint nun Jones und ich sehe zu dem Officer. „Was?", fragt Alex und ich spüre seinen Blick auf mir. Auch ich sehe zu ihm und verfluche mich innerlich. „Du hast einen Stock im Haar", wiederhole ich und sehe ihn nun auch. Obwohl das ganze ziemlich eng wird langsam, kann ich mir ein Lachen nicht verkneifen und Alex wird immer gereizter. „Ich habe einen Stock im Haar", zischt er und fummelt in seinen Haaren herum. „Emilio!", meint mein Vater warnend und direkt verstumme ich. Mein Blick geht zu ihm, aber seiner wandert an mir herunter. Auch ich sehe an mir herunter und ich schließe seufzend die Augen. „Ey Milo", höre ich einen selbstgefälligen Alex neben mir sagen, dessen Nervosität wohl komplett verflogen ist. Genervt sehe ich in sein grinsendes Gesicht. „Dein teurer Anzug ist komplett im Arsch", meint er wieder gereizt. „Sei einfach leise", meine ich ruhig, obwohl er recht hat. Nicht nur die Schuhe haben mehrere Kratzer und triefen nur so vor Dreck, auch meine Hose ist unten an den Beinen mit mehreren Flecken bedeckt. Ich hätte mich wirklich vorher beruhigen und nicht nur Alex neue Klamotten geben sollen.
„Ich würde Sie drei jetzt bitten uns in den Nebenraum zu begleiten", meint Brown und langsam werden meine Handflächen schwitzig.

„Wir würden jetzt gerne die Wahrheit erfahren", meint Jones, welcher mir gegenüber sitzt und abwechselnd zu Alex und dann zu mir sieht. Ich sehe zu Alex neben mir und er erwidert meinen Blick. Ich weiß, dass er nichts sagen wird wenn ich es nicht will, aber wir stecken echt tief in der Scheiße. „Gut dann nicht", meint Brown und seine Geduld scheint langsam am Ende zu sein. „Würdest du mir nochmal deine rechte Hand zeigen Alexander?", fragt er Polizist und ich beobachte, wie Alex dieser Aufforderung nachgeht. „Wir denken es ist kein Zufall, dass du dort einen blauen Fleck hast, Emilio und Alexander hier eine offensichtlich verunstaltete Hand", meint Brown erneut und so langsam nervt er mich. „Zudem habt ihr keine andere Möglichkeit mehr als uns die Wahrheit zu sagen, denn Alexander wurde den ganzen Abend von niemanden hier gesehen und erscheint dann mit dir zusammen ganz zufällig und dreckig? Emilio ich denke es wird wirklich Zeit für die Wahrheit", meint nun auch Jones und ich beginne mir auf der Unterlippe herum zu beißen.

„Ich habe nicht gelogen", beginne ich nun aber und sehe auf meine Hände. „Ich hab den blauen Fleck während einer Meinungsverschiedenheit bekommen", sage ich vorsichtig und neben mir schnaubt Alex auf. „Tut mir leid", sage ich direkt und er erwidert meinen Blick. Nach kurzem Zögern sehe ich zu Jones, welcher mir eindeutig lieber ist: „Ich hab den blauen Fleck bekommen weil ich ein Arschloch war." „Hast du ihn geschlagen?", fragt Brown an Alex gerichtet und dieser spielt weiterhin mit seinen Fingern. „Ja habe ich", sagt er dann und sieht nur zu mir. „Warum?" „Ich wollte nicht das er heute kommt", sage ich, bevor Alex die Möglichkeit dazu bekommt und er sieht überrascht zu mir. „Ich wollte nicht das er kommt und habe ihm das... ungünstig beigebracht", meine ich und rümpfe selbst die Nase über dieses Wort. „Du hast es nicht so mit der Wortfindung heute oder?", fragt Alex und schuldbewusst sehe ich zu ihm. „Ich würde gerne mit Ihnen draußen etwas besprechen", meint Brown zu meinem Vater, welcher das ganze von einem anderen Stuhl aus beobachtet hat. Jones wird ebenfalls von einem Kollegen abgelöst und dreht sich nochmal zu uns um: „Wir werden euch gleich noch weiter befragen, aber zunächst werden wir uns noch um die anderen Gäste kümmern. Ich gehe davon aus, das wird hier noch ein wenig länger dauern."

Keiner von uns reagiert und als er den Raum verlässt, macht sich auch meine Panik wieder etwas breit. Wie weit wird es gehen? Was muss ich alles preisgeben? Ich sehe zu Alex rüber, welcher mich anscheinend beobachtet hat und mir nun ein leichtes Lächeln schenkt. „Ich sage nichts was du nicht willst", meint er dann leise. „Ich weiß", erwidere ich, löse meinen Blick aber nicht von ihm.
Sowas würde nicht jeder mit durchmachen!

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