Das verflixte siebte Jahr - Teil 1

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Hermine stand mit verschränkten Armen am Strand, genoss die Sonne und lauschte dem Rauschen des Meeres. Die Gegend um Shell Cottage war friedlich, an diesem besonders schönen sonnigen Tag fast paradiesisch. Doch der Schein trog, denn selbst das Wettstrahlen der Sonne konnte die Beerdigung von Dobby nicht verschwinden lassen. Alle waren sie immer noch in Trauer, auch wenn sie eigentlich keine Zeit dafür hatten. Wie weit waren sie schon gekommen und doch schien alles irgendwie furchtbar lange zu dauern. Über acht Monate waren sie nun unterwegs und was war die bisherige Bilanz? Einen Horkrux vernichtet, Mad Eye Moody und Dobby waren tot und unzählige Andere waren verschwunden. Also keine gute Bilanz. Sie mussten schneller voran kommen. Aber was hätten sie tun sollen? Sie hatten doch so lange keine Ahnung gehabt, was überhaupt zu tun war.

Nach Dumbledore's Tod waren sie froh gewesen, das sie Harry halbwegs sicher in den neu erbauten Fuchsbau hatten bringen können. Dort waren sie erst einmal gut aufgehoben gewesen. Doch Voldemorts Gefolge hatte sie gefunden und die Hochzeit von Bill und Fleur gesprengt. Danach waren sie im Grimmauldplatz untergekommen und hatten dort von Kreacher erfahren was es mit diesem Medaillon auf sich hatte, das Harry mit Dumbledore in der Bucht gefunden hatte. Das war auch so eine Aktion gewesen. Es hatte viel Aufwand gebraucht, um überhaupt unerkannt ins Ministerium reinzukommen. Dolores Umbridge das richtige Medaillon abzunehmen, war dann fast wie ein Kinderspiel gewesen, nur die Flucht danach hatte sich als recht schwierig dargestellt.

Selbst jetzt spürte sie immer noch, wie Yaxley sie an den Haaren und an ihrer Kleidung zog, ehe sie ihn hatte abschütteln können. Da hatte sie einen Moment nicht hundertprozentig aufgepasst und auf einmal hatten sie keinen Unterschlupf mehr und Ron hatte sich zersplintert. Danach waren sie ziemlich planlos von einem Ort zu nächsten gelaufen, hatten Tag und Nacht, mit unzähligen Schutzzauber gesichert, in irgendeinem Teil Englands in dem großen Zelt übernachtet und abwechselnd das Medaillon getragen. Denn Ron hatte recht gehabt. Selbst der komplizierteste Explosionszauber brachte nichts. Natürlich hatte Hermine das gewusst, aber sie hatten es trotzdem probieren wollen. Danach war die Stimmung immer schlechter geworden und irgendwann hatte Ron sich aus dem Staub gemacht.

Was war sie böse auf ihn gewesen. Wie hatte er sie einfach verlassen können? Er war nicht der Einzige, der unter diesen erschwerten Bedingungen gelitten hatte. Harry und Hermine fanden das alles auch nicht gerade so berauschend. Aber er hatte sich mal wieder aufspielen müssen. Und dann auch noch diese doofen Eifersüchteleien auf Harry. Auch wenn der Rotschopf nicht mehr mit Lavender zusammen war, nachdem sie wussten, das sie sich auf den Weg machen würden, hatte Hermine gehofft, das seine alten Gefühle für sie nicht wieder aufflammen würden. Leider hatte sie sich da zu früh gefreut. Aber sie hatte es damals nicht für den richtigen Zeitpunkt gehalten, Ron und damit auch Harry, von ihren Gefühlen für Severus zu erzählen. Denn eigentlich gab es da nicht wirklich etwas zu erzählen. Und trotzdem hatte sie, kaum das sie sich auf den Weg gemacht hatten, das Gefühl mit Snape verbunden zu sein. Es war als konnte Hermine ihn fühlen, als würde er sie beobachten und im Auge behalten.

Eines Abends, nachdem Ron geflohen war, lang Hermine auf ihrem Feldbett und sah zur Zeltdecke hinauf. Sie wusste nicht, wie lange sie nach oben starrte, aber Harry's Stimme riss sie irgendwann aus ihren Gedanken.

„Warum bewegt er sich nicht mehr?" dachte Harry laut nach, während er auf die Karte des Rumtreibers sah.

„Was hast du gesagt?"

„Snape. Er bewegt sich nicht mehr. Vor einer halben Stunde ist er mitten im Direktorenzimmer stehen geblieben und hat sich von da an nicht mehr bewegt."

Ungefähr so lange hatte Hermine an Snape denken müssen. Zumindest würde es passen. Ob sie mit ihrer Vermutung recht hatte?

„Vielleicht steht an der Stelle jetzt ein Stuhl auf den er sich gesetzt hat und ist eingeschlafen?"

„Eingeschlafen? Ist doch nicht dein Ernst, oder? Wie könnte Snape nach allem was er getan hat, seelenruhig schlafen? Nein, nein. Das ist das erste Mal, das ich ihn so bewegungslos sehe..."

„Ich dachte ja nur." antwortete Hermine, beließ es aber dabei.

Nur wenige Tage später sollte sie allerdings erfahren, das sie recht hatte. Aber nicht nur ihr fiel das auf. Hermine war mit Harry in den Forest of Dean appariert und sie hatten gerade ihr Zelt aufgebaut. Harry bot sich an die erste Wache zu übernehmen, also ging Hermine ins Zelt und versuchte mit dem bisschen Nahrung, das sie noch hatten, etwas halbwegs essbares zu zaubern. Als sie rauskam, um nach Harry zu sehen, war ihr Freund plötzlich nicht mehr da. Sie rief seinen Namen, aber er antwortete nicht. Panik war in ihr aufgestiegen, als sie Harry im dämmrigen Licht vor sich im Wald erkannte und erleichtert ausatmete. Doch das Gefühl blieb nicht lange, denn hinter Harry tauchte Ron wieder auf. Nachdem sie ihn dann beschimpft und ein paar geknallt hatte, war ihre Verärgerung schon zur Hälfte verschwunden. Als er dann auch noch irgendetwas von einer weißen Lichtkugel erzählte, die mitten in sein Herz getaucht und ihn wieder zurück gebracht hatte, konnte sie Ron nicht mehr böse sein. Er war wieder da, das war das Wichtigste.

„Ich habe mir etwas überlegt." sie saßen am Tisch des Zeltes und Hermine unterbrach die Stille. „Ich möchte zu Xenophilius Lovegood. Es muss einen tieferen Grund geben, das Dumbledore mir das Buch von Beedle dem Barden hinterlassen hat. Und wenn einer etwas weiß, dann er."

„Wie kommst du darauf?" fragte Ron.

Hermine öffnete das Buch und zeigte auf ein Zeichen am unteren Ende einer Seite.

„Dieses Symbol trägt Lunas Vater an einer Kette um den Hals. Und es taucht immer wieder in dem Buch auf. Ich will wissen, was es damit auf sich hat. Und nur er kann uns diese Frage beantworten."

Harry stimmte nach kurzer Überlegung zu, als sie plötzlich ein leises Gemurmel hörten. Beim zweiten Mal war es lauter und es hörte sich nach Hermines Name an. Beim dritten Mal hallte Hermines Name nur so durch das Zelt, sodass sich alle drei ruckartig erhoben. Jedoch war sie nicht alleine damit, nicht nur ihren Namen, sondern auch die Stimme zu erkennen, die ihn aussprach.

„Ist das...ist das nicht die Stimme von...Snape?" fragte Ron, bevor Snapes Stimme erneut sprach.

„Hermine...ihr müsst weg...es droht Gefahr...lauft!"

Ohne zu zögern machte Hermine sich daran, ihre Sachen zu schnappen und nach draußen zu gehen, als sie erkannte, das Harry und Ron sie verwirrt anstarrten.

„Hermine, was machst du da?"

„Hast du nicht gehört, Ron? Wir müssen weg! Also los!"

„Heißt das, du glaubst dieser...dieser Stimme etwa?" fragte der Rothaarige jetzt etwas erbost, während Harry sie mit einem unergründlichen Blick ansah.

„Ja, Ron. Das tue ich. Und jetzt kommt raus. Wir müssen das Zelt noch..."

Aber weiter kam sie nicht, denn der erste Blitz schoss an ihrem Zelt vorbei und hinterließ einen Riss in einer der Seitenwände. Jetzt kam auch in die beiden Jungs Bewegung und als sie herausliefen, um das Zelt klein zu zaubern, flogen bereits die nächsten Blitze an ihnen vorbei. Hermine verstaute das Zelt schnell in ihrer Tasche, aber Harry und Ron sahen ihre Angreifer bereits.

„Hermine...beeil dich... los. Wir müssen hier weg!"

„Bin soweit!"

Und dann liefen sie. Über Stock und Stein unaufhaltsam den Berg hinab. Die Kopfgeldjäger feuerten weiterhin ihre Zauber ab, aber irgendwie schienen sie nicht zu treffen. Gerade als Hermine die Kraft verlassen wollte, war die Stimme von Snape wieder zu hören.

„Lauft weiter!...Hermine...dreh dich nicht um! Schneller...ihr müsst schneller laufen!"

Auch Harry und Ron hatten es gehört, denn sie wechselten kurz einen Blick, wie Hermine erkannte. Aber trotzdem liefen sie weiter und dann war es, als würden sie durch eine unsichtbare Mauer laufen. Die Geräusche waren plötzlich alle wie verschwunden und sie erkannten, das sie längst nicht mehr im Forest of Dean waren. Sie blieb stehen und sah sich um. Die beiden Jungs taten es ihr gleich.

„Kommt schon. Sollten wir nicht weiterlaufen? Wer weiß, wie lange es dauert, bis die Angreifer uns eingeholt haben." sagte Ron und sah sich unsicher um.

„Wir brauchen nicht mehr zu fliehen. Nicht wahr, Hermine?" Harry sah sie mit ernstem Ausdruck an.

„Nein. Nein, ich denke...wir sind erst einmal sicher."

„Woher willst du das wissen?" erwiderte Ron leicht panisch.

„Habt ihr nicht gespürt, das wir durch eine unsichtbare Mauer gelaufen sind? Das war irgendein Schutzzauber. Wir sind außer Gefahr."

„Aber...aber...!"

„Ron!" entwischte es Hermine, aber er hörte auf sie.

Also schlugen sie nach einer kurzen Weile ihr Zelt wieder auf und verbrachten die Nacht an Ort uns Stelle, ehe sie am nächsten Morgen auf den Weg zu Xenophilius Lovegood machten. Er hatte Hermines Frage beantworten können, aber danach hatte das Unglück seinen Lauf genommen. Lunas Vater verriet sie an die Todesser und dann waren sie im Malfoy Manor gelandet. An die Ereignisse dort konnte sie sich zum Teil nur vage erinnern. Der Schmerz, den Bellatrix Lestrange ihr zugefügt hatte, hatte sie mehrfach halb ohnmächtig werden lassen. Sie hatte nur gespürt, wie Ron sie unter dem Kronleuchter hervor geholt und mit ihr dann appariert war.

Erst als sie wieder halbwegs auf dem Damm war, hatte sie erkannt, wer sich noch alles in Shell Cottage befand und das Dobby bei der Flucht verletzten worden und letztendlich leider gestorben war. Das hatte sie auch sehr getroffen. Nach Dobby's Beerdigung hatte Harry ihnen erzählt, was er als nächstes vorhatte. Daraufhin hatten sie mit Mr. Ollivander und Griphook gesprochen. Harry wollte bei Gringotts in Bellatrix Lestranges Verließ einbrechen, denn dort würde sich ein weiterer Horkrux befinden. Nach kurzer Bedenkzeit hatte Griphook sich bereit erklärt ihnen zu helfen und sie einzuschleusen.

Heute war es soweit. Hermine ließ diese Gedanken an sich vorüberziehen, während sie weiterhin auf das Meer hinaussah. Wo sollte das alles noch hinführen? Wie lange sollte es noch so weitergehen? Würden sie es überhaupt schaffen Voldemort am Ende doch zu besiegen?

„Hermine?" Harry's Stimme riss sie aus ihren Gedanken.

„Ja?"

„Wir wollen gleich los. Bist du soweit?"

Hermine drehte sich leicht zu Harry um und nickte. Sie atmete noch ein letztes Mal die saubere Seeluft ein und ging dann mit Harry zurück zum Haus.

„Wirst du es mir jemals erzählen?" fragend sah Hermine ihren Freund an. „Was da bei dir uns Snape...los ist?"

„Woher...?" überrascht blickte die Braunhaarige Harry an und blieb stehen.

„Hermine, du vergisst, das ich dich kenne. Und ich kenne auch Snape. Warum sollte er dich beim Vornamen nennen und uns helfen? Nachdem er eigenhändig Dumbledore umgebracht hat?"

Hermine sagte nichts, sondern ging einfach weiter.

„Mir kommt es vor, als würde da mehr dahinterstecken. Du verheimlichst etwas und es hat mit Snape zu tun. Oder?"

„Harry..."

„Du musst es mir nicht jetzt erzählen. Wenn Du-weißt-schon-wer endlich besiegt ist und der Frieden wieder einkehrt, dann haben wir Zeit genug für ein Gespräch."

Hermine erwiderte nichts, denn Harry hatte recht. Sollte das alles irgendwann vorbei sein, dann hatten sie mehr als genug Zeit. Wenn sie denn auch alle überleben sollten.

The Journey of two SoulmatesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt