Typischer Unterricht

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„Es gibt viele Zauber zur Verteidigung gegen die dunklen Künste. So viele, das ihr alle euch nicht einmal einen Bruchteil davon merken könnt. Es gibt starke und schwache, große und kleine Zauber. Sie alle...können euer Überleben sicherstellen."

Snape besah sich die Schüler vor sich und seufzte innerlich genervt auf. So lange hatte er darauf gewartet Verteidigung gegen die dunklen Künste zu lehren, das es ihm jetzt sogar egal war unter welchen Umständen er endlich dazu kam. Doch nun, wo er endlich dafür sorgen konnte, das die Schüler Hogwarts nach Jahren von unstabilem Unterricht in diesem Jahr wirklich erlernen konnten, wie sie im Nofall vorzugehen hatten, hörte ihm nicht einmal die Hälfte richtig zu. Noch schlimmer, dreiviertel der Schüler schafften es nicht einmal sich die Zauber bis zum nächsten Tag zu merken. Er versuchte ihnen allen immer wieder deutlich zu machen, wie wichtig es war, das sie die Zauber wie im Schlaf anwenden konnten, aber in den Augen der meisten sah er nur gähnende Leere oder Desinteresse. Natürlich gab es da auch Ausnahmen.

Er sah noch einmal genauer über die Schülerschar, ehe er sich zur Tafel umdrehte und die Lektion des Tages aufschrieb. Während sein Zauberstab den Text sichtbar machte, kam er ins Grüblen. Also drehte er sich noch einmal um und entdeckte dann auch, was ihm falsch vorkam. Die drei Schüler, die ihm ständig das Leben schwer machten, standen nicht wie üblich zusammen. Während die kleine Granger wie immer in der Mitte stand, mit Pergament und Feder in der Hand, und mit einem neugierigen Glanz in den Augen, eifrig mitschrieb, standen Potter und Weasley jeweils rechts und links von ihr in größerem Abstand. Irgendwie stellte Snape das zufrieden. Es gab also dicke Luft im Traumgespann.

„Das Wichtigste ist, das ihr eure Abwehrzauber mit einer sicheren Stärke anwenden könnt. Das setzt intensives Trainig voraus. Aber ihr seit sicherlich nicht einmal dazu in der Lage. Also wird es nötig sein, das ich euch veranschauliche wie ernst es ist, das alles zu beherrschen."

Hermine hatte alles abgeschrieben und das Pergament wieder in ihrer Tasche verstaut, als sie sich kurz nach Harry und Ron umsah. Auch wenn sie drei unter ihren Freunden standen, fühlte sie sich trotzdem alleine, ohne die beiden an ihrer Seite. Das war so einfach nicht richtig. Es kamen schwere Zeiten auf sie zu und sie mussten zusammen halten. Die Sache mit Ron konnte warten. Also versuchte sie unbemerkt zu Harry zu gehen, während Snape weiterhin sprach. Das er sie im Auge hatte, bemerkte sie dabei nicht.

„Harry..." flüsterte Hermine, nachdem sie neben ihm zum stehen kam, doch er gab ihr keine Antwort. „Redest du jetzt nicht mehr mit mir?"

„Also werden wir heute den Protego-Zauber üben. Wir werden ihn so lange üben, bis jeder in beherrscht und sogar noch heute Nacht davon träumt, ihn einzusetzten." verkündete Snape und hatte dabei weiterhin Hermine und Harry im Blick.

Worüber unterhielten die zwei sich nur? Sie würden sich doch wohl nicht wieder vertragen? Er wusste nicht, wieviel Hermine am Abend von Slughorns Feier gehört hatte, aber er musste verhindern, das sie dem Potter-Bengel davon erzählen würde.

„Hermine..."

„Ich hab recherchiert. Als ich gestern in der Bibliothek war und..."

„Mister Potter! Miss Granger!" unterbrach sie Snape plötzlich und kam ein paar Schritte auf sie zu. „Würden sie mir die Güte erweisen und uns allen wiederholen, was ich gerade gesagt habe?"

Nur einen Moment hatte Hermine nicht aufgepasst. Nur einen Moment war ihr etwas anderes wichtiger gewesen, als der Unterricht und schon saßen sie im Schlamassel. Hoffentlich hatte Snape nichts davon gehört, was sie Harry versucht hatte zu erzählen. Das würde ihre Lage nur verschlechtern und da er sie sowieso unter Beobachtung hatte, wäre das nicht gut. Aber sie wusste auch nicht, was sie sagen sollte, um die Situation abzufedern. Nur war das nicht mehr nötig.

„Vielleicht sollten sie ihre Privatgespräche nach dem Unterricht abhalten und etwas besser aufpassen. Sie können schließlich nicht immer so viel Glück haben, wenn sie sich wieder in Sachen einmischen, die sie nichts angehen." sagte Snape eindringlich und ließ dabei seinen Blick auf Hermine ruhen.

„Aber ich kann das doch schon." erwiderte Harry nur.

„Wie bitte?" kam es gereizt von Snape, der seine Aufmerksamkeit wieder Haryy zuwandte. „So, sie beherrschen das alles schon? Dann sollten sie uns das doch allen einmal beweisen, nicht wahr? Zeigen sie uns, das sie der große Mister Potter sind. Kommen sie, los."

Snape ging zurück zur Tafel und deutete den anderen Schülern an, platz zu machen. So bildete sich eine freie Fläche, die genügend Raum für ein kleines Duell gab. Mit erhobenem Zauberstab wartete Snape auf Harry, der langsam zu ihm kam und sich Snape gegenüberstellte.

„Glauben sie ja nicht, das es wieder so einfach sein wird wie letztes Jahr. Ich mache es ihnen dieses mal nicht so leicht diesen Zauber zu benutzen."

„Das war keine Absicht. Ich wollte nicht in ihre Gedanken sehen..."

„Stupor!" donnerte Snape plötzlich los und Harry schaffte es gerade noch so seinen Zauber auszuführen.

Erschocken war Hermine ein paar Schritte nach vorne geeilt, ehe sie merkte, das Harry sich noch rechtzeitig schützen konnte. Jetzt hätte sie eigentlich erleichtert aufatmen können, aber dazu war keine Zeit. In den nächsten zehn Minuten feuerte Snape einen Angriffszauber nach dem anderen ab. Jedes mal wurden sie stärker und Harry hatte immer mehr mühe, die Zauber abzuwehren. Hermine hielt die Luft an, als sie erkannte, das Snape so richtig in Fahrt kam und Harry mit jedem weiteren Zauber die Kräfte verließen. Keiner sagte etwas, alle starrten sie gespannt nach vorne zu Schüler und Lehrer, bis es Hermine nicht mehr aushielt.

„Aufhören!" schrie sie und zog somit alle Blicke auf sich.

Ruckartig sah Snape zur Seite und taxierte Hermine mit seinen Augen. Was bildete diese kleine Göre sich nur ein? Ausgrechnet in dem Moment, in dem es angefangen hatte Spaß zu machen, muss sie das Duell unterbrechen. Aber er erkannte etwas in ihren Augen, was ihn fast schon wieder entschädigte. Nämlich Furcht. Ja, mit ihm war nicht zu spaßen. Er beherrschte die dunklen Künste wie es nur wenige konnten und vielleicht wurde ihnen allen jetzt klar, wie wichtig sein Unterricht war. Dennoch konnte er das Granger nicht durchgehen lassen.

„Gibt es ein Problem, Miss Granger?" fragte er also gelassen.

„Ihre Zauber sind zu stark. Harry kommt doch gar nicht mehr hinterher!" fuhr sie ihn an und sah besorgt zu Harry, der schwer atmete und sich kaum noch auf den Beinen halten konnte.

„Voldemorts Gefolge wird es egal sein, ob ihr hinter kommt oder nicht. Sie werden euch angreifen und euch so viele Zauber auf den Hals hetzen, bis ihr auf dem Boden liegt. Also solltet ihr vielleicht anfangen meinen Unterricht ernst zu nehmen, denn nur von mir könnt ihr lernen, wie ihr euch effektiv verteidigen könnt." platze es aus Snape heraus und er baute sich bedrohlich vor Hermine auf.

„Aber wenn sie so weiter machen, dann wird er es irgendwann nicht mehr schaffen, seinen Zauber aufrecht zu erhalten. Dann trifft ihr Zauber Harry mit voller Wucht. Und das auch noch absichtlich!" entgegnete Hermine und versuchte sich nicht einschüchtern zu lassen, auch wenn ihr Herz viel schneller schlug, als es sollte.

„Nachsitzen, Miss Granger!" flüsterte Snape gefährlich.

„Was?" fragte Hermine empört.

„Der Unterricht ist beendet. Ihr könnt gehen." rief er den anderen Schülern zu, ehe er sich wieder an Hermine wandte. „Und sie bleiben noch einen Moment."

Angespannte Stille breitete sich zwischen den beiden aus, während sie warteten, das die anderen den Traum verließen. Ron war zu Harry geeilt und stütze ihn ein bisschen, während die zwei einen Blick mit Hermine tauschten. Sie nickte ihnen kurz zu und sah ihnen hinterher, wie sie nur zögernd zur Tür gingen.

„Das Hermine sich auch immer wieder mit der alten Fledermaus anlegen muss." murmelte Ron, während er die Tür öffnete.

„Du kennst sie doch. Sie hat was gegen Ungerechtigkeit." erwiderte Harry nur und beide schlossen die Tür hinter sich.

„Was fällt ihnen ein mich in meinen Unterricht zu unterbrechen und mich vor meinen Schülern zu belehren? Natürlich weiß ich, was passiert wäre, wenn ihr ach so geliebter Harry Potter den Zauber nicht mehr hätte ausführen können. Aber trauen sie mir wirklich zu, das ich es soweit kommen lassen würde? Das ich ihn absichtlich...in eine gefährliche Situation bringen, ihn verletzten würde?" zischte er schon fast, kaum das die Tür ins Schloss gefallen war und sah Hermine eindringlich an.

„Harry konnte sich kaum noch auf den Beinen halten. Er konnte ihnen kaum noch parieren und sie haben einfach weiter auf ihn eingeschossen."

„Das war ein Training. Es sollte ihnen allen klar machen, wie ernst die Lage ist. Es sollte ihnen allen zeigen, dass das Üben der Zauber unerlässlich ist."

„Und deshalb führen sie ihn so vor?"

Also darum ging es ihr. Sie wollte nicht das er den Ruf von Harry Potter ins Wanken brachte. So etwas hatte Severus sich schon gedacht. Wie konnte es auch anderes sein. Er wich einen Schritt von ihr zurück und fand seine Gelassenheit wieder. Es gab wichtigere Dinge, als sich mit so etwas rumzuärgern.

„Es geht sie nichts an, wie ich meinen Unterricht führe und was ich in diesen Stunden tue."

„Wenn sie damit Schüler in Gefahr bringen, dann geht es mich sehr wohl etwas an."

Hermine konnte es nicht glauben. Das konnte doch nicht sein ernst sein. Sie wusste, das sein Groll gegen Harry groß war, aber so groß? Nein, das würde sie nicht zulassen. Und wenn sie dafür noch zehn Mal nachsitzen musste. Snape war einer von denen, von Voldemorts Gefolge. Sie machten ihnen allen eh schon zu schaffen und jeder wusste, das tagtäglich etwas Gefährliches in der Luft lag. Also würde sie nicht zulassen, das er sie alle bis zur Erschöpfung trieb. Sie schnaubte kurz, schüttelte fassungslos den Kopf und wollte sich abwenden, um ebenfalls den Raum zu verlassen. Doch sie hatte die Rechnung ohne Snape gemacht. Blitzschnell kam er wieder auf sie zu, packte sie an ihrem Oberarm und drehte sie zu sich um.

„Und wagen sie es ja nicht, mich noch einmal in meinen Unterricht zu belehren."

Eindringlich sah er sie an und sein Griff wurde fester. Hermine war viel zu überrascht von Snapes Reaktion, um überhaupt etwas zu erwidern. Dafür bemerkte sie, das er ziemlich dicht bei ihr stand. Fast so, wie in der Nacht nach Slughorns Feier. Und auch jetzt war niemand anderes in der Nähe, sie waren alleine. Und plötzlich sah sie ihn Snapes Augen, das auch ihm das klar zu werden schien. Sofort ließ er sie los, trat aber nicht zurück.

„Ich erwarte sie morgen Abend um sieben Uhr vor meinem Büro." und damit drehte er sich um, ging zu seinem Pult und packte seine Sachen zusammen.

Irritiert sah sie Snape hinterher und fragte sich, was das schon wieder für ein Moment war. Wieso schaffte es dieser doch eigentlich grässliche Mann immer wieder, sie so aus dem Konsept zu bringen? Sie wollte gar nicht darüber nachdenken. Was brachte das schon. Also ging auch sie zur Tür und verließ den Raum.

Auf dem Flur ging Hermine ein paar Schritte, ehe sie stehen blieb und zurück sah. Auf ihrem Oberarm spürte sie immer noch die Wärme von Snapes Hand und ihr lief ein Kribbeln über den Körper. Er war wirklich groß, wenn er so dicht vor ihr stand. Und er war auch überhaupt nicht so kalt, wie sie es sich immer vorgestellt hatte. Im Gegenteil, sie hatte seine Wärme durch ihr Shirt gespürt. Aber was dachte sie da nur. Das war doch völlig egal. Sie sollte sich besser auf den Weg zu den anderen machen. Die warteten sicher schon auf sie. Und so nahm sie ihren Weg wieder auf und begab sich zur großen Halle.

Snape hingegen starrte einigen Minuten auf sein Pult. Sie hatte sich ihm widersetzt. Die kleine, wissbegierige Hermine Granger hatte sich nicht von ihm ängstigen lassen und ihm sogar Paroli geboten. Sie war nicht ein kleines bisschen eingeschüchtert. Etwas erschrocken vielleicht, aber die Furcht, die sie noch in der Unterrichtsstunde empfunden hatte, war gewichen. Sie hatte sich zu einer kleinen Löwin entwickelt und klein war sie wirklich. Snape war gut einen Kopf größer und musste auf sie wie eine Mauer gewirkt haben. Er musste vorsichtig sein, er musste sie im Auge behalten. Hermine Granger konnte ihm noch richtig gefährlich werden.

Unterdessen war Hermine in der großen Halle angekommen und sah sich kurz um. Es waren nicht viele Schüler da, aber es gab ein reges Treiben von Kommenden und Gehenden. An ihrem Haustisch entdeckte sie Ron, der sich mit Seamus unterhielt. Sie atmete einmal durch und ging auf die beiden zu. Als Ron sie sah, drehte er sich zu ihr um und wartete, bis sie neben ihm saß.

„So, wie du aussiehst, kommst du anscheinend nicht ums nachsitzen rum." sagte Ron nach einigen Augenblicken leise.

„Du kennst doch Snape. Oder ist er neuerdings für seine Wohltaten bekannt?" Ron lächelte bei Hermines Worten kurz auf, ehe er wieder ernst wurde.

„Es tut mir leid." Sie sah ihn an und holte Luft, sagte aber nichts. „Das war blöd von mir. Du kennst mich doch."

„Ron...wir vergessen es einfach, ok? Wir dürfen uns wegen so etwas nicht streiten. Nicht in so einer Zeit."

„In Ordnung." stimmte Ron ein und nickte noch einmal.

Und während die beiden begannen zu essen und sich über andere Dinge zu unterhalten, bekamen sie nicht mit, das ein gewisser anderer Gryffindor sie mit bösem Blick beobachtete.

The Journey of two SoulmatesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt