Ein Teil der Wahrheit

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Und schon wieder wurde Hermine von Severus irgendwohin mitgezogen. Sein Griff schloss sich fest um ihr Handgelenk, aber dieses Mal wehrte sie sich nicht dagegen. Ihre Gedanken drehten sich immer noch um die Tatsache, das Draco Dumbledore töten sollte. Etwas, das sie einfach nicht glauben konnte. Egal ob Slytherin hin oder her, sie alle konnten in diesen Zeiten nur in Hogwarts sein, weil Dumbledore immer noch hier war. Wenn Draco den Schulleiter wirklich umbringen sollte...und dann fielen ihr Katie Bell's und Ron's Unfall ein. Am Ende hatte sich herausgestellt, das all die Dinge für Dumbledore gedacht waren. Hatte Draco das alles eingefädelt? Irgendwie machte das Sinn, auch wenn sie es immer noch nicht glauben wollte.

Severus zog die junge Frau weiterhin mit sich, bis sie vor seinem Büro angekommen waren. Innerlich fluchte er unentwegt, denn Hermine schaffte es einfach immer in seiner Nähe zu sein, wenn etwas passierte. Das konnte doch alles nicht normal sein. Es war, als würden sie irgendwie zueinander hingezogen, aber gleichzeitig schien alles irgendwie aus dem Ruder zu laufen. Jetzt wusste Hermine etwas, das sie eigentlich noch nicht erfahren sollte, denn es war noch nicht passiert. Also würde Severus nun versuchen müssen ihr den Ernst der Lage klarzumachen. Er öffnete die Tür und ließ Hermine erst wieder los, nachdem beide drinnen und die Tür verschlossen war.

„Das du auch immer da sein musst wo ich gerade bin..." flüsterte Snape zu sich selbst, ehe er sich ganz Hermine zuwendete.

„Sie haben doch bestimmt gescherzt, oder? Draco kann Dumbledore nicht töten. Es würde das Ende für uns bedeuten. Nur wegen Dumbledore leben wir alle noch." etwas mehr Leben war in Hermine zurückgekehrt und sie versuchte die Dinge nun rational zu betrachten.

„Da mir nun keine andere Wahl bleibt, muss ich dir etwas erklären. Aber vorerst musst du verstehen, was ich dir jetzt sage..."

Severus' Blick wurde ernst und Hermine erkannte, dass das alles kein Spiel mehr war. Auch wenn sie etwas mitangehört hatte, was nicht für ihre Ohren bestimmt gewesen war, so schien er nicht wütend zu sein. Sein Blick ließ auf etwas anderes schließen und irgendwie hatte sie ein bisschen Angst zu erfahren, was genau er jetzt sagen würde.

„Die ganze Angelegenheit ist weitaus komplizierter, als du denkst. Nicht jeder ist über alles im Bilde, sondern einzig Dumbledore weiß genau, was wo passiert und wer was macht. Du hast etwas gehört, das nicht für dich bestimmt war, noch nicht zumindest. Um dir allerdings das Ausmaß der Situation zu erklären, musst du mir schwören, das du nicht weiter erzählen wirst, was ich dir jetzt hier sage."

„Also ist es doch wahr...Draco soll Dumbledore töten." Hermines Beine gaben unter ihr nach und sie musste sich setzen.

„Schwörst du, das du nichts von dem weitersagst, was du jetzt von mir erfährst?" fragte Severus erneut.

„Wie....wie könnte ich das? Die ganze Sache scheint schwerwiegender zu sein, als wir uns ausgemalt haben und ihr wollt Harry alle ins offene Messer laufen lassen?"

„Hermine..."

„Nein!" jetzt war sie wieder aufgestanden, denn ihre grausige Ahnung machte sie wütend. „Was sollen wir denn machen, wenn Dumbledore nicht mehr da ist? Wir Drei sind die Letzten, die alles erfahren. Und jedes Mal müssen wir raten, weil uns sowieso schon kaum einer etwas sagt. Wie sollen wir es also hinbekommen, Voldemort zu besiegen, wenn der einzige Mensch, der noch halbwegs die Lage im Auge hat, nicht mehr da ist?"

Severus schwieg. Er konnte ihren Ärger verstehen und auch wenn er das alles noch nie aus der Position von Hermine und den beiden Jungs betrachtet hatte, so konnte er ihren Einwurf irgendwo nachvollziehen. Sie alle wussten so viel mehr und doch hofften sie darauf, das Harry Potter es irgendwie schaffen würde Voldemort zu besiegen. Der Weg würde noch steiniger werden, als er es sowieso schon war und trotzdem musste er ihr jetzt das Versprechen abnehmen, Harry weiterhin im Dunkeln zu lassen. Es ging nicht anders.

„Diese Diskussion wird zu nichts führen, wenn du mir jetzt nicht zuerst versprichst, das du alles für dich behalten wirst."

„Dann sag es mir einfach nicht und lass mich wieder gehen." erwiderte Hermine trotzig und wollte sich gerade auf den Weg zur Tür machen, als Severus sich ihr geschwind in den Weg stellte.

„Das geht nicht." antwortete er ruhig.

Wenige Sekunden sahen die Beiden sich an und dann erkannte Hermine, das sie keine andere Wahl hatte. In was war sie da nur hineingeraten? Also ging sie zu dem Stuhl zurück und gab schweren Herzens nach. Sie wusste allerdings jetzt schon, das sie es bereuen würde.

„Na gut...ich verspreche es." Sie sah zu Snape, der sie genau beobachtete. „Ich werde nichts weitersagen. Ich schwöre."

Nach einem kurzen Augenblick erkannte Severus, das Hermine es ernst meinte. Also ging auch er wieder zurück, blieb wenige Meter vor ihr stehen und lehnte sich dabei an seinem Schreibtisch an.

„Es ist wahr, das Draco Dumbledore töten muss. Vor Beginn des sechsten Schuljahres hat der dunkle Lord Draco in den Bund der Todesser aufgenommen und ihm diese Aufgabe als Bewährungsprobe gestellt."

„Dann halte ihn auf!" jetzt stand Hermine wieder. „Du und Dumbledore, ihr wisst doch davon. Warum haltet ihr Draco nicht einfach auf?"

„Weil es nicht geht..."

„Warum denn nicht? Zwei so mächtige Zauberer wie ihr beide kriegt es nicht hin einen Jungen aufzuhalten?"

„Nein, weil..." Severus kam nicht drumherum auch dieses Detail zu verraten. „...weil ich den unbrechbaren Schwur geleistet habe, Draco zu helfen und im Falle seines Scheiterns...seine Aufgabe zu übernehmen."

Es dauerte einen Moment, bis Hermine die volle Bedeutung von Snapes Worten verstand und in dem Moment, in dem es soweit war, riss sie erschrocken die Augen auf. Sie wusste sofort das es keine Lüge war, aber dennoch fragte sie sich, wie weit sie bereits alle gegangen waren und eventuell noch gehen mussten. Während Voldemort immer stärker wurde, brachten hier alle ein Opfer nach dem anderen. Irgendwie war das ganz und gar nicht gerecht.

„Und deshalb ist es von äußerster Wichtigkeit, das du besonders Harry nichts davon verrätst. Alles muss so geschehen, wie es geplant ist."

„Wie es geplant ist?" Hermine sagte das mehr zu sich selbst, während sie versuchte das alles irgendwie zu verarbeiten. „Was meinst du damit?"

„Dumbledore ist bereit zu sterben. Dir ist seine schwarze Hand sicherlich auch schon aufgefallen. Das ist nicht mehr zu heilen. Ich kann es verlangsamen, aber der schwarze Zauber wird irgendwann zuschlagen. Und da ich den unbrechbaren Schwur geleistet habe, werde ich derjenigen sein, der am Ende Dumbledore tötet."

Auch wenn Hermine immer noch fassungslos war, kam es ihr plötzlich so vor, als würde sie eine tonnenschwere Last auf Severus' Schultern sehen. Ihr Ärger verflog langsam, denn sie erkannte, das es wirklich kein zurück mehr gab. Es würde passieren.

„Denn Draco lässt sich nicht von mir helfen und Dumbledore will auch gar nicht, das er diese Aufgabe erfüllt. Draco würde es nämlich nicht aus freien Stücken tun, sondern aus Zwang. Mir hingehen...würde es leichter fallen..."

Und auch das war logisch. Dumbledore würde sterben, egal auf welche Art und wenn Draco es nicht tat, dann Severus. Denn er durfte nicht sterben. War Dumbledore erst einmal nicht mehr da, blieb nur noch Snape als letzte Verbindung. Als Einziger, der die Lage im Auge behalten konnte. Plötzlich war Hermine traurig. Sie hatten die letzten Jahre viel ertragen müssen, aber im Vergleich zu dem, was Severus anscheinend wohl hatte ertragen müssen, war das nichts.

Also ging sie auf ihn zu, blieb vor ihm stehen und legte ihre Hand an seine Wange. Er sah sie aufgrund der unerwarteten Berührung überrascht an, aber keiner sagte etwas. Hermine hätte gerne etwas gesagt, aber sie wusste nicht was. Alle Worte, die sie in ihrem Kopf formte, klangen falsch. Und so blieben sie still, sahen sich nur an. Irgendwann nahm Hermine ihre Hand wieder weg und begann ein paar Schritte durch den Raum zu gehen. Keiner konnte mehr irgendetwas sagen, es gab nichts mehr dazu zu sagen.

„Darf ich jetzt gehen?"

„Hermine..."

„Ich werde es für mich behalten. Lange kann es ja nicht mehr dauern, oder?" sie lächelte zaghaft.

Doch bevor sie Severus' Büro verließ viel ihr noch etwas ein. Also drehte sie sich noch einmal zu ihrem Lehrer um.

„Stimmt es, das Draco das Verschwindekabinett repariert hat, damit er die anderen Todesser hier einschleusen kann?" Severus nickte nur.

„Also wirst du Zuschauer haben..." Hermine seufzte. „Das kann doch alles echt nicht wahr sein." und dann ließ sie den Tränkemeister zurück.

Der sah noch lange auf die mittlerweile wieder geschlossene Tür. Der Abend war weit vorangeschritten und trotzdem konnte er immer noch Hermines Hand auf seiner Wange spüren. Severus hatte das Gefühl, das er weit mehr verraten hatte, vor allem über sich selbst, als er geplant hatte. Aber es fühlte sich nicht schlecht an, im Gegenteil. Es war, als wäre ihm eine kleine Last von den Schulter gefallen. Und er wusste, das die Lehrer-Schüler-Grenze langsam verschwamm, denn er begann in Hermine keine Schülerin mehr zu sehen. Irgendwie hatte sie es geschafft, sich an seinem Herz zu schaffen zu machen, das so viele Jahre hinter einer hohen Mauer versteckt war. Und das jetzt, wo der Krieg so kurz bevor stand. Konnte es einen besseren Zeitpunkt geben?





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Hermine war schon wieder auf dem Weg zu großen Halle. Sie würde Harry jetzt nicht mehr einholen können. Es war längst viel zu spät, die Sperrstunde rückte immer näher. Während sie also weiter durch Gänge lief und Treppen nach oben stieg, beschäftigte sie immer noch das, was Severus ihr anvertraut hatte. Das konnte einen doch wirklich mutlos machen, diese Endgültigkeit. Sie seufzte erneut und lief gerade die letzte Treppe hinauf, als sie oben vor der großen Halle Ron stehen sah, der auf die Eingangstür starrte.

„Ron!" der angesprochene drehte sich zu Hermine um.

„Hermine." sie gesellte sich zu ihm.

„Was machst du hier, Ron? In zehn Minuten bricht die Sperrstunde an."

„Deshalb bin ich ja hier. Harry...er ist noch nicht zurück."

„Was?" fragte Hermine überrascht.

„Aber was machst du eigentlich hier? Wolltest du Harry nicht hinterher?" fragte jetzt Ron.

„Doch schon, aber...mir ist was dazwischen gekommen..."

„Sag mal, Hermine, geht's dir nicht gut? Du bist so blass."

„Nein, alles gut. Ich bin nur...etwas müde."

Aber weiter konnte Ron nicht nachfragen, denn in dem Moment kam Harry durch die Tür.

„Mann, Alter, das war aber knapp."

„Und? Hat es geklappt?"

„Ja, hat es." antwortete Harry, blieb aber nicht bei seinen Freunden stehen, sondern er lief weiter.

„Ja, und?" wollte Hermine weiter wissen.

„Ich weiß es noch nicht. Ich muss erst mal zu Dumbledore, dann sehen wir weiter." rief Harry seinen Freunden zu, während er die Treppe erklomm.

Also würden sie wieder warten müssen. Nur fragte sich Hermine, ob dieses ganze Warten nicht vielleicht zu lange dauerte. Schulterzuckend ging Ron voraus in Richtung Gemeinschaftsraum und Hermine folgte ihm. Alles weitere würden sie dann wohl morgen besprechen.

The Journey of two SoulmatesWo Geschichten leben. Entdecke jetzt