Ein Gläschen zu viel

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Magnus

"Oh je Magnus, du siehst schrecklich aus." Ernst sehe ich Cat an. Sie hatte schon immer wenig für Gefühlsduselei übrig. Die kleinen Wassertropfen, die freundlicherweise meinen Eyeliner gleich mit verwischt und weitergetragen haben, laufen immer noch. "Ist Helen auch da?" Sie tritt nur zur Seite und lässt mich so herein. Schon von weitem sehe ich meine zweite beste Freundin auf der Couch sitzen. Sie trägt einen Stitch Einteiler. So einen habe ich tatsächlich auch. Ich liebe dieses kleine blaue Ding, von dem ich auch ein Kuscheltier habe. Den nehme ich auf jeder Reise mit.

"Magnus, oh Gott was ist denn mit dir passiert?" Helen springt sofort auf als sie mich so verheult sieht und als sie mich in ihre Arme zieht, fange ich wieder an, hemmungslos zu weinen. Ich weine in den weichen Nici Stoff und bade somit in meinen eigenen Tränen. "Calvin.." schluchze ich zwischen den schweren Atemzügen. Ich fühle mich als würde ein Elefant auf meiner Brust stehen. Ein großer, schwerer Elefant. Sie sind meine Lieblingstiere.

Helen führt mich zu der Couch wo ich mich einfach drauf fallen lassen. Das ist alles so viel. Zu viel. Mein geordnetes Leben zerbricht gerade und das ist eigentlich das was ich zwanghaft brauche. Ich habe Angst vor morgen und auch vor der Zukunft. Was soll ich nur mit meinem Leben anfangen?

Ein weiterer Schluchzer entfährt mir als ich meine Beine an meinen Körper heranziehe und diese dann fest umklammere. Helen und Cat sehen mich besorgt an. "Ich glaube wir brauchen die Flasche Wodka." sagt dann die letzt genannte trocken. "Du weißt das, das nicht gut endet. Seine Tabletten zusammen mit Alkohol?" Etwas verloren immer noch mit fließenden Tränen und luftschnappend sehe ich meine beste Freundinnen an.

Während Helen immer sehr vernünftig und liebevoll ist, war Cat dagegen ein wahrer Drachen. Aber ein Drachen der auch mal Regenbögen speien konnte, wenn er denn wollte. Sie waren so unterschiedlich. Wahrscheinlich brauchte ich deswegen auch beide in meinem Leben... so wie die Routine..

"Ach Helen, lass doch mal die Handbremse los." Damit verschwindet Cat in der Küche und kommt mit einer großen Glasflasche und drei Gläsern wieder. Soviel wie ich mit meinem verschleierten Blick sehe ist das sehr guter Wodka. Ich habe Ewigkeiten kein Alkohol mehr getrunken.

Während die Gläser gefüllt werden, reicht mir Helen ein Taschentuch herüber, welches ich einmal in der Mitte falte und erst dann herein schnaube. Danach falte ich es noch einmal und wische unter meinen Augen einmal über die Haut. Schwarze Streifen finde ich dann auf den weißen Stoff. Ich muss fürchterlich aussehen.

"Ok auf was können wir denn anstoßen?" fragt dann Helen und sieht Cat herausfordernd an. Sie sticheln sich gegenseitig immer. Es macht Spaß dabei zu zusehen. "Auf unsere Freundschaft." Ich stoppe mein vorhaben in ein neues, gefaltetes Taschentuch zu schnauben. "Schaut mich nicht so an. Freut euch eher über meine pinken Regenbögen." Ich kann nicht anders als anfangen zu kichern. Auch wenn mir danach gar nicht ist. "Wir können morgen immer noch genug heulen und reden. Jetzt heißt es erstmal Spaß haben."

Wir drei heben unsere Gläser und stoßen an. Als der Alkohol meine Zunge berührt und meine Kehle herunter gleitet, wird er von einem brennen begleitet, welches ich genieße. Es lenkt von meinen Gedanken an, die sich gerade stapeln. Ich weiß nicht wo ich anfangen soll und bevor sie wieder überhand nehmen und die Tränenflüssigkeit heraus befördern können, schenke ich mir und meinen Freundinnen nach.

"Ok auf was stoßen wir jetzt an?" frage ich dann mit kehliger Stimme. Sie ist selbst in meinen Ohren nicht angenehm. "Wie wäre es mit unserem Zusammen halt in allen Lebenslagen." Da spricht Helen's gute Seele. Wieder erheben wir die Gläser und stoßen schwungvoll an.

Da kommt wieder dieses brennen und ich liebe es in diesem Moment.

Nach dem vierten Glas merke ich bereits den Alkohol in meinen Venen. Auch dort scheint er zu brennen und meine Sinne zu benebeln. Meine Stimme ist nicht mehr kehlig sondern lallend.

"Okeeeyyy, auf wat stoßen wir jetzt an?" bringe ich dann hervor. Cat sieht mich belustigt an. "Auf die Kopf schmerzen die uns morgen früh erwarten und die wir nicht freundlich begrüßen werden." Und schon ist das nächste Glas weg.

Meine Zunge wird lockerer. "Wisst ihr.." Ich werde durch kurzes hicksen immer wieder unterbrochen. "..Manche Menschi's sind echt doof." Ich kippe den nächsten Schluck Alkohol weg. "..erst da lieben sie dich oder mich und dann versauen sie deine Bettwäsche mit jemand anderen."

Auch den Mädels ist jetzt die Fahne ins Gesicht geschrieben. Sie kichern und stimmen dann zu.

"Drauf anstoßen." ruft dann Helen und genau das tuen wir.

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Am nächsten morgen erwache ich durch meinen Wecker, der auf Lebenszeit immer halb sechs klingen wird. Ich liege auf der Couch. Immer noch die Sachen von gestern an. Mein Schädel brummt und so verfluche ich gerade mein Handy, welches ich gerne wie meinen anderen Wecker an die Wand schmeißen würde. Aber ich lasse es und drücke einfach auf die Schlummer Taste. Ich möchte gerade wieder meine kleinen Augen schließen, als ich merke wie mein Mageninhalt wie die Tränen gestern an die Oberfläche möchte.

Mit wackeligen Beinen, einem Orchester im Kopf und einem erneuten klingelnden Wecker renne ich zum Bad, wo ich es gerade so zur Toilette schaffe.

"Magnus du weißt ich habe nichts gegen deinen Schlummer Wecker. Aber mit Kopf schmerzen ist das nicht so geil. Außerdem nicht so früh." Cat kommt mit einer total übermüdeten Helen in das Bad. Beide sehen mich an. Ich muss erst meinen Mund ausspülen.

"Entschuldige. Ich.. ich hab es vergessen. Ich muss mich erst neu sortieren und.." Bevor ich weiter reden kann, klingelt nicht mein Wecker sondern mein Klingelton für einen Anruf.

Cat zeigt mir die Nummer, die mir unbekannt ist. "Bestimmt wieder irgendeine Werbung für eine Versicherung. Obwohl es schon etwas früh dafür ist." sage ich dann. Trotzdem tippt sie den grünen Hörer an und wählt dann noch den Lautsprecher wofür ich sie dankbar anlächle.

"Hallo?" frage ich vorsichtig. Ich muss mich an dem Waschbecken festhalten. Mein Kreislauf braucht dringend ein Schoko Müsli. "Guten Tag, hier spricht die Gewinnspiel GmbH Alicante. Wir freuen uns ihnen mitteilen zu dürfen, das sie gewonnen haben."

Falling in Love - Malec StoryWo Geschichten leben. Entdecke jetzt