Es schien ewig zu dauern, bis Loqui endlich weiter im Programm machte.
Irgendwie schaffte ich es unbeteiligt auszusehen, als ein Toter nach den anderen gezeigt wurde. Die meisten hatte ich ja nicht einmal mitbekommen. Da ich sie nicht kannte, war es nicht so schwer die Miene bei ihnen aufrecht zu erhalten.
Schwieriger wurde es ab dem Tag des Festes. Nicht nur, dass ich dies alles noch einmal erleben musste, sondern dass Loqui mich in seine Moderation der Todesfälle mit einbezogen und manchmal meine antworten haben wollte. Da sie meistens zwar mit einem Lächeln, aber einsilbig ausfielen, gab er es Gott sei Dank bald auf. Doch dann kam das Feuer. Mein Herz raste und meine Finger hielt ich verkrampft bei einander, damit man nicht sehen konnte, wie sehr sie zitterten. Der einzige Gedanke, der mich aufrecht hielt, war der, dass Emlek in meiner Nähe war und auf mich aufpasste.
Ich atmete kurz unauffällig aus, als die Leinwand wieder schwarz wurde und die Feierlichkeiten weiter gingen.
Wie meine Beine nicht einknickten, als ich aufstand, um die Krone zu erhalten, wusste ich selber nicht mehr.
Sie fühlte sich schwer und falsch auf meinen Kopf an. Mein Sieg hatte den Tod von 23 anderen Jugendlichen bedeutet. Diese Krone erinnerte mich nicht an meinen Sieg, sondern nur an ihr Ende.
Endlich verabschiedete Loqui mich mit seinen letzten Worten: „Es war schön dich wiederzusehen Remeny. Ich freue mich schon auf nächstes Jahr, wenn wir dich als Mentorin hier begrüßen dürfen?"
Er stellte es zwar als Frage, auch wenn es keine war. Während ich innerlich regelrecht bei dem Gedanken zerbrach, konterte ich: „Einer muss ja für Emlek das Reden übernehmen."
Ein letztes mal jubelten die Zuschauer. Sie liebten mich. Ich hasste sie.
Am liebsten wäre ich einfach nur von der Bühne gestürmt und bewegte mich vielleicht trotzdem ein wenig zu schnell.
Hinten angekommen, verlangsamte ich meinen Schritt, wodurch Emlek zu mir aufschloss und mich in die Arme nahm.
„Du hast es geschafft.", flüsterte er mir zu, während Fee kurz darauf seinen Namen schrie.„Ich glaube sie ist nicht zufrieden mit mir."
Er baute sich vor mir auf, um Fee abzufangen. Mir hingegen fiel nur auf, dass ich mich immer noch nicht bewegt hatte, seit ich hier angekommen war. Ich hatte weder Emleks Umarmung erwidert, noch auf seine, oder Fees Worte reagiert. Auch jetzt stand ich immer noch da, und starrte durch seinen Rücken hindurch. Auch wenn ich nicht wollte, konnte ich es nicht abstellen. Es war, als hätte mein Gehirn beschlossen, nach dem Video einfach abgeschaltet zu bleiben, weil es so einfacher war.
Es war wie durch eine Wand, das Gespräch von Fee und Emlek zu sehen. Wie sie ihn anschrie, dass seine Aussagen gefährlich waren. Was er sich dabei gedacht hatte? Das die Leute es hoffentlich auf sein nicht vorhandenes Gesprächstalent zurück führten. All solche Dinge. Irgendwann stöckelte Fee einfach an uns vorbei, während ich immer noch wie vorher da stand und überlegte, wie man sich bewegte. Eigentlich war einfach hier zu stehen, ziemlich bequem.
Emlek drehte sich zu mir um, doch ich wollte und konnte den Kopf nicht heben, um ihn anzusehen.
„Remeny?" Seine Sorge tat mir Leid aber ich brachte kein Wort hervor. Wenn ich einfach nichts tat, musste ich nichts fühlen und das war eigentlich gerade sehr angenehm.
Arme hoben mich hoch und ich leistete keinen Widerstand. Lehnte mich einfach nur gegen Emleks Schulter und schloss die Augen. Das tat sogar fast noch besser, als die Augen auf zu haben. Aber nur kurz. Dann wurde die Dunkelheit rot leuchtend und flammen stiegen auf, wodurch ich sie sofort wieder aufriss.
In meinem Zimmer angekommen, setzte Emlek mich auf meinem Bett ab. Er zog mir die Schuhe aus und wickelte mich fest in eine Decke, bevor er mich an sich zog.
Langsam kam wieder so etwas wie Wärme und Gefühl in meinen Körper.
"Es ist vorbei. Remeny es hat ein Ende, morgen kommst du zurück nach Hause." Emleks Stimme war beruhigend und ich wusste nicht, was ich ohne ihn machen würde. Selbst wenn ich gewonnen hätte, was würde jetzt aus mir werden?
„Es wird nie vorbei sein, oder?"
Im ersten Moment, war mir nicht einmal bewusst, dass ich gesprochen hatte. Erst als die geflüsterten Worte verklangen und im Raum standen, wurde mir klar, dass ich sie nicht nur gedacht hatte.
"Manche verkraften es gut, andere weniger. Ich selbst habe auch nach 3 Jahren noch Albträume davon. Doch im Gegensatz zu mir musst du da nicht alleine durch. Ich werde immer für dich da sein, egal was passiert." Sanft drückte er mir einen Kuss auf die Haare, „Ich liebe dich Remeny Romanov."
Seine Worte waren wie Balsam für meine geschundene Seele. Ich atmete seinen Duft ein, und es fühlte sich an, als würde ich erst jetzt wieder richtig erwachen. Eingekuschelt in seine Halsbeuge und in seinen starken Armen fühlte ich mich für einen kurzen Moment sicher. Für diese Momente würde ich leben, auch wenn ich mir sicher war, dass es nicht leicht werden würde. Nicht nur das Feuer und die Bomben, sondern die ganzen Spiele waren in mich gebrannt. Emlek war der einzige der dies verstand. Ich würde nicht, wie er, alleine sein müssen, mit meinen Ängsten und Alpträumen. Endlich hatte ich einen Grund zum Leben.
Vorsichtig drückte ich meine Stirn gegen seine rechte Wange und schloss die Augen.
„Ich liebe dich auch Emlek Magany."
Sanft strich er mir über die Wange und küsste mich.
Seufzend schmiegte ich mich nähren an ihn und erwiderte seinen Kuss.
Mit geschlossenen Augen genoss ich es, neben ihm zu liegen und versuchte gerade meine Hand aus der um mich gewickelten Decke zu befreien, als ich Feuer knistern hörte.
Panisch schreckte ich auf und schaute mich ängstlich im Zimmer um.
Ich konnte das Feuer regelrecht riechen aber egal wo ich hinsah, ich konnte es nicht sehen.
„Remeny, was ist los?" Emleks Stimme drang nur langsam an mich heran, wodurch meine Aufmerksamkeit wieder auf ihn übergehen wollte. Doch mein Inneres konnte sich nicht entscheiden, was wichtiger war, wodurch meine Augen hin und her sprangen.
„Feuer", es war mehr eine Frage, als eine Feststellung.
Emlek schob mich schützend hinter sich, bevor auch er sich suchen im Zimmer um sah.
"Hier ist kein Feuer. Du bist sicher, dir wird nichts passieren." ,versuchte er mich zu beruhigen.
„Ich kann es regelrecht spüren.", erklärte ich frustriert und ließ mich wieder nach hinten fallen, bevor ich mich zu einer Kugel zusammen rollte.
"Weil es einfach noch zu frisch ist. Aber mit der Zeit wird es leichter.", antwortete Emlek.
Als er Aufstand verkrampfte ich mich kurz, doch dann sah ich, dass er sich nur die Weste und das Hemd auszog, was mich auf angenehme weise, von meinen Ängsten ablenkte.
Schnell kam er wieder zu mir und ich drückte mich an ihn.
„Schlaf jetzt.", befahl er sanft, „Ich werd dich nicht allein lassen."
„Können wir morgen endlich weg von hier?", fragte ich, während ich mich noch fester an ihn kuschelte, so dass kein Blatt Papier mehr zwischen uns passte.
"Ja. Du wirst sehen, sobald Fee das nächste Mal uns gewaltsam aus dem Schlaf schreit ist es schon Zeit für die Heimfahrt." Ich schmunzelte über seine Wortwahl und genoss, seinen Kopf auf meinen. Sicher eingerahmt von Emleks Körper, konnten sich meine Gedanken endlich ein wenig beruhigen. Zufrieden seufzend schlief ich ein.
Vielleicht war der Alptraum ja wirklich endlich vorbei.
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Remeny & Emlek - Stumme Schreie
FanfictionVor sechs Jahren trafen sie sich zum ersten mal. Er ein Junge ohne Erinnerungen, sie ein verängstigtes kleines Mädchen. Nun treffen sie wieder auf einander. Dieses mal als Mentor und Tribut. Nichts ist sicher in der Welt der 28 Hungerspiele, nur ein...