Kapitel 5

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Kapitel 5

„Ich glaube nicht, dass du mich dazu überredet hast!", meckerte meine Tante zum hundertsten Male seitdem wir das Haus verlassen haben und uns auf dem Weg zu Palvos Wohnung machten wo sie tot aufgefunden wurde. Sie wohnte in Lincoln Park wo alte Reihenhäuser standen und zu einer der teuersten Gegenden in Chicago zählten. Wir befanden uns einen Kilometer von ihrem Haus entfernt. Ich parkte das Auto in einer dunklen Gasse, das wir in einer anderen Form gezaubert haben. Niemand wird auf die Idee kommen einen alten blauen Ford zu stehlen. Zumindest hoffte ich es. Ich zuckte die Schultern und drehte mich zu meiner Tante um. „Bereit?"

„Nein! Das machst du immer wieder. Regeln sind da, damit wir sie nicht brechen. Die Magie, die du anwenden willst..."

„Ist nicht gefährlich!", unterbrach ich sie, „sie macht uns nur unsichtbar und versteckt unsere magische Aura vor denen, die diesen Ort überwachen. Außerdem ist diese Art von Magie nicht verboten! Sie ist bloß nicht bekannt."

„Das macht die Sache nicht besser! Woher hast überhaupt dieses Buch her?...Warte ich will es erst nicht wissen. Ich komm mir vor wie ein Erdmännchen, dem man ein Ei vor seiner Nase gelegt hat und nicht weiß ob er es fressen soll oder nicht und entscheidet sich am Ende es doch zu fressen.", knirschte sie. Ich schaute sie mit offenem Mund an. „Was um alles in der Welt der heiligen Hexen soll es bitteschön heißen?"

Sie ignorierte mich und fuhr weiter mit ihrem Getrampel. „Bist du sicher du kriegst den Zauber hin? Sie ist sehr vorgeschritten und reich an Erdmagie."

„Linda!", seufzte ich genervt, „ich bin eine Erdmagierin, sehr vorgeschritten und bin sehr wohl in der Lage diese Art von Magie zu kontrollieren." Ich nahm ihre Hand in meine, da wir nicht die ganze Nacht hatten. Ich schloss meine Augen und suchte den Kontakt zu der Erde. Ich versuchte jede Vibration auf den Straßen zu fühlen, die kleine Kieselsteine und langsam konnte ich die Bäume und Tiere spüren, die auf der anderen Straßenseite ruhten. Ich erinnerte mich an das Zeichen, das ich ihm Buch gesehen habe und malte es vor mich hin in der Luft. Meine Magie leuchte leicht grünlich und folgte meine Handbewegungen so dass man am Ende das Zeichen sah. Es war sehr verschnörkelt jedoch konnte man ein Dreieck in der Mitte erkennen. Ich duplizierte das Zeichen und ließ es vor Linda schweben. Mit einem Atemzug fasste das Zeichen unser Körper. Ich fühlte wie meine Magie verdampft wurde und die von Linda auch. Ich schaute in den Rückspiegel. Ich konnte mich nicht sehen. „Es hat funktioniert.", stellte ich zufrieden fest.

„Ich nehme an wir können uns sehen, da du mich ebenfalls unsichtbar gemacht hast."

„Gehen wir?", fragte ich schnell bevor sie weiter jammerte.

Linda nickte und wir verließen die dunkle Gasse. „Hast du an die Lavendelkristalle gedacht?", flüsterte Linda besorgt. Ich blickte nach links und fand den Grund ihrer Sorge.

„Keine Angst, diese Art von Magie ist viel zu stark um von einem Lavendelkristall geschwächt zu werden.", beruhigte ich sie und wir liefen weiter. Meine Augen wanderten überall hin. Wir näherten uns dem Haus jedoch konnte ich weit und breit niemanden sehen. Falls die Wohnung beobachtet wurde, haben sich diese Leute richtig gut versteckt.

Linda legte ihre Hand auf meinen Arm und deutete auf das Haus neben uns. Nummer 134, das war Palvos Haus. Wir gingen die Treppen hoch. Linda hielt ihre Hand vor die Tür. „Niemand ist ihm Haus.", formte sie mit dem Mund. Ich nickte und wir beide liefen einfach durch die Tür. Ein anderer Effekt des Unsichtbarkeitszaubers. Wir liefen vorsichtig und versuchten kein Lärm zu machen. Es fehlte nur, dass ein Vampir oder Schattenwandler das Haus beobachtete und wir wären dann aufgeschmissen. Sie hatten einen sehr guten Hörsinn.

Meine Augen überflogen das Haus. Es war sehr ordentlich, gepflegt und modern eingerichtet. Ich folgte Linda, die bereits die Treppen hoch ging. Wir fanden eine komplette Etage, die aus einem Schlaffzimmer bestand. Auf dem weißen Teppich konnten wir einen riesigen Blutfleck sehen. Ihre Leiche musste in dieser stelle aufgefunden sein. Alles sah aufgeräumt aus hinter den gelben Bändern der Polizei. An der Ecke stand ein Tisch, der unter vielen Blättern und Büchern kaum zu sehen war. Linda ging dorthin und durchsuchte den Berg von Unterlagen. Ich blieb mitten im Raum stehen. Mit bloßem Auge werden wir nichts sehen. Ich schloss meine Augen, atmete tief und aus und suchte die dunkele Stelle in meinem Inneren, die von meiner Magie beleuchtet wurde. Ich überließ meinem Unterbewusstsein die Kontrolle und öffnete meine Augen. Ich konnte nun die Welt durch meine magische Aura sehen. Anstatt die Welt in ihre realistischen Formen zu sehen, sah ich verschiedene Grüntöne, die in einander verschwammen und verschiedene Muster und Flecken bildeten. Diese Art von Sehen nannte man zweite Sicht. Es war eine Gabe, die nur wenige Hexen besaßen. Ich war beglückt mit so einer Gabe geboren zu sein. Dank der zweiten Sicht konnte ich nun die Magieströme im Raum lesen und herausfinden wer hier war. Leichte gelbe Faden waren im Raum zusehen. Sie stammen von der Polizei, die das Ort inspiziert hat. Rote und blaue Kugeln schwebten in der Luft. Hier waren nicht vorlanger Zeit zwei Vampire und eine Hexe. Die eine rote Kugel schwebte genau vor meinen Füßen, wo Palvos umgebracht wurde. Es musste die Aura vom Mörder sein, der Vampir der sie umgebracht hat. Die blaue Kugel, die zu einer Hexe gehörte war mittelmäßig groß. Angesicht der Tatsache, dass dieser Mord seit fast drei Wochen her ist, musste diese Hexe sehr stark sein. Ich vergrößerte den Umfang meiner Sicht. Auf der Straße vor ihrem Haus konnte ich orangene Fäden sehen. Ein Schattenwandler. Der lila Fleck auf dem Boden deutete auf einem Lavendelkristall, das nicht mehr da war. Er wurde von seinem Platz entfernt. Also stimmte es. Die Gruppe bestand aus einem Vampir, eine Hexe und ein Schattenwandler. Aber was haben sie hier gesucht? War es nur um Palvos zu töten oder gab es einen anderen Grund? Ich schärfte meine zweite Sicht und schaute über die Magieströme. Sie verschwanden alle nun und ich konnte nur die grüne Welt um mich herum sehen. Ich schärfte weiter meine Sicht. Da! Rechts von mir, eine graue Wand. Was war da? Ich lief dort hin und legte vorsichtig meine Hand über die graue Wand. Ein Zauber...nein eine Wand, die von Magie versteckt war. Ich riss vorsichtig die Magieschichten ab bis ich zu einem kleinen Riss ankam. Etwas wurde dort versteckt und entfernt. Diese Gruppe war hier, um Palvos etwas zu stehlen. Ich schärfte noch mehr meine Sicht. Ein Schmerzstich in meinem Kopf warnte mich. Ich war an meiner Grenze. Ich ignorierte den Schmerz und betrachtete den Hohlraum genauer. Ein Abdruck vom Gegenstand war zu sehen. Es war rund wie eine Kugel und so groß wie ein Ring. Was hat Palvos bloß versteckt?

Eine Bewegung von weitem alarmierte mich. Ein flammendes rot kam auf uns zu in schneller Geschwindigkeit. Seine Aura war erwürgend. Er musste sehr mächtig sein. Ich kehrte in die normale Welt zurück. Meine Sicht war leicht grünlich verschwommen und wurde nach einpaar Sekunden wieder deutlich. Linda stand noch immer am Tisch und tippte an Palvos Computer. Ich ging zu ihr rüber. „Wir müssen von hier verschwinden.", flüsterte ich so leise wie möglich.

Linda deutete auf dem USB. Sie kopierte die Daten. Nach einer Minute steckte sie den Datenträger in ihrer Hosentasche. Wir gingen eilig die Treppen runter. Kurz bevor wir vor der Tür standen, sahen wir wie die Türklinge gerüttelt wurde. Ich zog Linda in die Ecke, wo das Regal durch seinen Schatten uns versteckte. Man konnte nie vorsichtig genug sein.

Die Tür ging auf und wer hätte gedacht, dass sie hier auftauchen würden!

Die Hexagonistin - vom Feuer verschlucktWo Geschichten leben. Entdecke jetzt