Kapitel 5

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Kapitel 5

Audrey saß auf dem Hochhaus und blickte hinab zu den Menschen. Dass Adrian so schnell gegangen war, gefiel ihr gar nicht, doch noch schlimmer war die Tatsache, dass er noch immer auf dem Heimweg war. Sie konnte ihn sehen und hoffte wirklich, dass alles gutging.

Wind zerzauste ihre Haare, die sie zu einem geflochtenen Zopf trug. Diesen hatte sie um ihren Arm geschlungen, damit er nicht wild umherflog.

Ungeduldig tippte sie mit den Fingern auf die kalte Steinfläche des Hauses und wartete ungeduldig auf ihre Verstärkung.

Lange musste sie nicht darauf warten. Audrey spürte einen warmen Windhauch hinter ihr. „Tut mir leid, ich bin aufgehalten worden", flüsterte Lucinda ihrer Freundin zu. Mit ihr zusammen auf die Jagd zu gehen, gefiel ihr. Manchmal kam es regelmäßiger vor, dann gab es Tage, wo sie sich nicht sahen.

„Auf wen hast du es abgesehen?", fragte die Blonde und ließ sich neben ihr nieder. Ihre schulterlangen Haare hatte sie zu einem Pferdeschwanz gebunden und ihre grünen Augen sahen Audrey neugierig an.

„Im Moment noch auf keinen", sagte Audrey ehrlich und deutete dann auf Adrian, der gerade aus dem Taxi stieg. „Aber ich bin mir sicher, dass es jemand auf ihn abgesehen hat. Wir sollten das verhindern", erklärte sie und betrachtete die junge Frau nur aus den Augenwinkeln.

Mit verengten Augen folgte sie dem Finger von Audrey und brauchte kurze Zeit, um ihn zwischen all den Leuten auf der Straße zu erkennen. „Ist das nicht der aus dem Aufzug mit Isabella?", fragte Lucinda erstaunt. Adrians Assistentin kannte sie, schließlich wohnten sie im selben Hochhaus. Einige Male hatten sie auch miteinander gesprochen und waren so etwas wie entfernte Freundinnen geworden.

Audrey nickte. „Genau der. Es gibt die Befürchtung, dass er zur Zielscheibe wird, aber unsere Königin möchte ihn lebend", erklärte sie an die Blonde gewandt, behielt Adrian aber weiterhin im Auge.

Ihre Freundin nickte leicht. „Dann lass uns losgehen und keine Zeit verschwenden", bemerkte Lucinda, während sie mit ihrem Zopf spielte. Warum die Königin ihn wollte, verstand sie nicht ganz. Die Herrscherin hatte sie auch noch nicht gesehen, doch diese hielt sich wohl mit größter Wahrscheinlichkeit in den dunklen Tiefen der Welt auf.

„Bis jetzt ist doch noch nichts pass-" Audrey brach mitten im Satz ab und verengte die Augen, als sie eine schattenhafte Gestalt erkannte, die sich Adrian näherte.

Dieser war gerade auf den Weg durch die Gassen, weil der Verkehr wieder einmal unmöglich war.

Auch Lucinda hatte den Schatten erkannt. Mit einem eleganten Sprung stieß sie sich in die Luft und war bereits auf dem Weg zum Ziel. Audrey folgte ihr mit einer ebenso eleganten Bewegung. Es wäre doch gelacht, wenn sie zuließen, dass der Schatten sein Ziel erreichte.

Gedankenverloren schlängelte sich Adrian durch die Menschenmassen hindurch. Der Regenschirm, den er extra mitgenommen hatte, war heute nutzlos. So war es meistens: Nahm man ihn mit, brauchte man ihn nicht. Vergaß man ihn, war es eine Garantie, dass man nass wurde.

Er freute sich auf ein heißes Bad und das chinesische Essen, was er auf dem Heimweg mitgenommen hatte. Und einfach Ruhe. Dass sich ihm etwas näherte, bemerkte er nicht.

Aus den dunklen Ecken der Straßen glommen immer wieder rote Augen auf und es war, als würde sich ein lebendiger Schatten umher bewegen. Ungesehen und ungehört. Auf der Suche nach einem Opfer, das er in Adrian zu finden schien.

Er folgte dem Mann und war bereit jeder Zeit zuzuschlagen.

Genervt von den Leuten, die sich im immer wieder in den Weg stellten, beschloss Adrian, eine Abkürzung durch einige Gassen zu nehmen. Sonst würde er noch viel länger brauchen, bis er endlich zuhause war.

Zeitlose Liebe *Version von 2019 - Neuauflage in Arbeit*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt