Kapitel 4

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,,Das war schrecklich, Fion. Ich habe mich voll zum Affen gemacht!"

Ich hocke auf der Mauer vor seiner Einfahrt und versuche endlich aufzuhören zu weinen. Der restliche Unterricht ist mir gerade komplett egal. Bei meinen Noten kann ich es mir leisten und morgen werde ich sagen, dass ich wieder einen meiner berüchtigten Migräneanfälle hatte. Die Lehrer wissen alle, dass ich dann hypersensibel auf Licht, Geräusche und Berührungen reagiere und schnell noch Nasenbluten bekomme. Soetwas ist wirklich praktisch gerade. Mein bester Freund hockt sich neben mich und drückt mich an sich.

,,Es tut mir so leid, Lynn. Ich habe nicht gedacht, dass es so endet. Ich wollte einfach, dass du mit ihr redest und dann siehst wie sie ist. In meiner App mit den Sternzeichen stand eben, dass sich heute Jungfrau und Schütze vereinen oder für immer zerstreiten können."

,,Sie ist doch gar keine Jungfrau, Fion."

,,Ich rede nicht davon mit wie vielen Typen sie schon im Bett war bisher, sondern von dem Sternzeichen."

,,Ach was. Helen ist aber keine Jungfrau. Sie ist Steinbock, du Fisch."

,,Ist das jetzt dein Ernst? Ich habe extra in deinem Kalender nachgeguckt wann du ihren Namen eingetragen hast und das war im Bereich der Jungfrau! Wieso steht ihr Name sonst mit einem Herzchen daneben dort?"

,,Das war bestimmt der Tag, an dem sie in unsere Klasse gewechselt ist. Ihren Geburtstag weiß ich so, den brauche ich nicht eintragen, außerdem möchte ich keine komischen Fragen beantworten müssen, wenn mich jemand nach ihr fragen sollte."

Resigniert lasse ich meinen Kopf an seine Schulter sinken. Für Passanten sieht es bestimmt komisch aus, dass wir hier so sitzen, aber es tut gerade unglaublich gut. Fion seufzt und drückt mich noch fester an sich heran.

,,Möchtest du drinnen einen Film gucken und dazu Eis essen? Wie wäre es mit dem neuen Footlose? Den magst du doch so gerne und wir haben bestimmt noch reichlich Vanilleeis."

Ich nicke. Das klingt nach einer guten Idee. Ich begrabe meinen Stolz und die Wunden der Blamage einfach unter Kilos von Eiscreme, perfekt. Danach bin ich dick und sie findet mich noch schlimmer. Egal, sie wird mich eh nie mögen. Sie mag Mädchen wahrscheinlich nichtmal. In der Schule wissen einige davon, dass ich lesbisch bin, denn ich stehe dazu, wenn man mich eben danach fragt. Zuerst waren einige skeptisch, bis sie verstanden haben, dass ich noch immer die gleichen Eigenschaften wie davor habe. Was ist, wenn die nun denken, dass Helen es auch ist? Ich möchte nicht, dass jemand falsches über sie denkt. Ich sollte unbedingt mit ihr sprechen! Nur wie?

,,Sollte ich mich bei ihr entschuldigen und das alles aufklären? Sie hat ein Recht zu erfahren, warum ich das getan habe. Ich bekomme in ihrer Nähe nur kaum einen klaren Satz heraus! Was soll ich denn nur machen, Fion?"

,,Nein, das ist alles längst geklärt. Helen wird deshalb keine Szene machen, glaub mir. Deshalb war ich nicht sofort bei dir."

,,Sie hat mit dir wegen mir gesprochen?"

Euphorie schießt durch meinen Körper. Sie mag mich also doch? Was wollte sie bloß?

,,Sie hat nur dummes Zeug geredet, schau nicht so glücklich. Wir gucken jetzt unseren Film und danach kommst du über sie hinweg. Vergess Helen einfach, du hast viel besseres verdient."

HelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt