Kapitel 19

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,,Es freut mich, dass es dir offenbar gut geht, Giftzwerg."

Erschrocken stoße ich Helen weg. Fion schlendert gelassen in die Küche und grinst süffisant. Meine Wangen beginnen zu brennen und ich meide seinen Blick. Er wird mich bestimmt später damit aufziehen. Meine Güte ist das peinlich.

,,Wieso wundert es mich so überhaupt gar nicht, dass Lynn sofort schüchtern weg guckt und du mich frech angrinst, Hel? Du guckst als wolltest du damit sagen, dass ich wieder gehen soll oder euch zugucken kann, während ihr gleich weiter macht."

,,Es ist so, deine Entscheidung."

Helena tritt wieder näher an mich heran, sodass ich ihren Atem spüren kann, dann dreht sie sich zu Fion und steckt ihm ihre Zunge entgegen. Er schmunzelt. Wirklich verfeindet wirken sie ja jetzt nicht mehr.

,,Ich überlasse euch einander auch sofort wieder, aber erst will ich wissen, was mit Molly ist."

,,Sie hat mich gewürgt und ist jetzt in deinem Auto gefangen. Wir wollten gleich die Polizei rufen, aber da kam etwas dazwischen."

,,In meinem Auto?! Mein armes Baby! Wenn die da einen Kratzer innen rein macht, darfst du den bezahlen, Giftzwerg."

Helen dreht sich laut lachend von mir weg, ihm zu. Sie macht eine wegwerfende Handbewegung. So gelassen habe ich sie nie gesehen, aber sie ist dabei wunderschön. Ein kleines Grübchen zeigt sich sogar in ihrer linken Wange.

,,Ist schon gut. Wir wissen alle Drei, dass dieses Auto einen sehr geringen Restwert hat."

,,Es liegt mir trotzdem am Herzen. Ich habe es schließlich komplett selbst bezahlt und verbinde so viele Erinnerungen damit!"

,,Dann sammelst du eben neue Erinnerungen mit einem neuen Wagen. Das geht ganz schnell."

Fion geht auf Helen zu und verwüstet ihre Haare mit seinen Händen. Beide lachen dabei, sodass ich auch schmunzeln muss. Sie verhalten sich allerdings wirklich so als würden sie einander daten. Habe ich nicht mitbekommen, dass Fion heimlich in sie verliebt ist? Verübeln kann ich es ihm nicht, schließlich ist sie einfach unglaublich, aber das hätte er doch sagen können.

,,Wieso guckst du so skeptisch, Lynn? Was ist los?"

,,Ihr wirkt so vertraut miteinander."

,,Das sind wir doch auch. Er ist mein Halbbruder. Wir haben den gleichen Vater."

,,Aber Fion hat sich immer nur über dich aufgeregt, ihr wohnt getrennt und ich habe euch nie zusammen gesehen... Ich dachte immer, dass dein Vater tot ist, Fion."

,,Für mich ist er das auch."

,,Der liebe Herr Bürgermeister steht nicht zu seinem unehelichen Sohn, Gwenny. Er zahlt die Miete der Beiden und das war's."

Helen setzt sich auf die Arbeitsplatte und zuckt mit den Schultern. Sie und Fion haben optisch nichts gemeinsam, aber ihre Art ist ähnlich. Sie beide reden nicht so gerne über sich und offenbar sind sie beide tief im Inneren ihnen fremden Personen skeptisch gegenüber. Daher war Helen auch so komisch zu mir und Fion fies zu ihr.

,,Wieso macht ihr nie etwas miteinander?"

,,Fion hat erst spät erfahren, dass wir Halbgeschwister sind. Ich wusste es länger, aber habe immer gedacht, dass er mich deshalb hasst so wie er mich immer angeschaut hat. Es war zwar nicht der schönste Ort, um so etwas auszutauschen, aber er hat es mir auf dem Parkplatz erzählt. Seitdem haben wir mehr Zeit miteinander verbracht und ich muss sagen, dass dein bester Freund echt schwer in Ordnung ist. Manchmal nervt er extrem, aber das ist aushaltbar."

Helen lächelt ihn an und Fion schaut verlegen weg. Er mag es nicht, wenn man ihn lobt. Das hat er noch nie und wird er wahrscheinlich auch nie.

,,Das ist unglaublich! Damit hätte ich nie gerechnet. Ich habe kurz gedacht, dass ihr einander datet..."

,,Oh auf gar keinen Fall. Ich stehe eh auf Mädchen, das darf nur nicht offiziell gemacht werden, wegen meinem Vater."

Helen nimmt meine Hand und drückt sie leicht. Wäre jetzt wohl ein passender Zeitpunkt, um in Ohnmacht zu fallen? Meine Beine werden nämlich immer wackeliger und mein Herz rast so schnell, dass es gleich sicherlich aufhören wird.

,,Dann sind jetzt alle Geheimnisse zwischen uns aus der Welt geschafft und wir haben uns versöhnt."

,,Ja, deshalb müssen wir anstoßen! Ich mache uns Jägermeistershots!"

Helen klatscht in die Hände und springt begeistert durch die Küche, während sie einige Schranktüren öffent, um uns saubere Shotgläser geben zu können. Schnell hat sie drei befüllt und wir stehen in einem feierlichen Kreis beieinander.

,,Auf die zwei besten Mädchen dieser Welt."

,,Auf die Zukunft ohne Sorgen, Streit und Geheimnissen!"

,,Auf die Liebe und Freundschaft."

Unsere Gläser klirren aneinander und dann grinse ich beide an. Ich war lange nicht so glücklich. Die Flüssigkeit passiert meinen Rachen und ich stelle wieder fest, dass Jägermeister einfach nicht meines ist, aber Helen liebt ihn ja scheinbar. Vielleicht kann ich mich noch damit anfreunden.

,,Es ist Zeit fürs Gruppenknuddeln!"

Mit diesen Worten zieht Fion mich in seine Arme und Helen umfasst uns soweit sie kommt auch noch. Ich fühle mich in der Mitte zwar etwas eingequetscht, aber auch schön warm und geborgen. Ich denke, dass aus Helen und mir mindestens gute Freundinnen werden können, besonders da Fion nun nichts mehr gegen sie hat. Die Zukunft wird das bestimmt zeigen.

HelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt