Kapitel 18

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Helen lehnt ihren Rücken an das Auto, in dem Molly schon energisch gegen die Scheiben haut. Sie möchte raus und das kann ich allzu gut verstehen. Ich wäre auch nicht gerne in einem Auto eingeschlossen. Helen seufzt laut und stößt sich so schwungvoll ab, dass Fions Wagen ins Schwanken gerät. Das Mädchen umrundet den Wagen und kommt zu mir herüber. Sie lächelt erschöpft. Die roten Spuren an ihrem Hals sind noch immer deutlich zu erkennen. Was ist hier nur passiert, bevor ich gekommen bin?

,,Ich erkläre dir alles. Wir sollten nur zuerst schnell die Polizei rufen. Die ist total irre."

,,Was ist denn passiert?"

Ich will mich auf den Bordstein setzen, doch Helen hält mich auf. Sie umfasst meinen Oberarm und zieht leicht daran.

,,Bleib bitte stehen. Der Rock hält die Kälte nicht ab und du holst dir schnell eine Blasenentzündung. Ist dir generell nicht kalt? Du trägst einen Rock und ein Top."

,,Schau dich doch an. Dein Rock und das bauchfreie Top wärmen doch auch nicht. Trägerlos ist es auch noch oder nennt man diese Ärmel, die die Schulter nicht bedecken neuerdings Träger?"

Helen lacht, ehe sie nickt. Sie schaut an sich herunter und inspiziert ihre Kleidung nochmal. Der schwarze Rock mit der auffälligen Knopfleiste geht ihr bis zum Bauchnabel und das Oberteil betont durch den großen Ausschnitt ihre Schultern und den nun rot bis lilanen Hals.

,,Ich glaube, dass das Adrenalin mich gerade noch warm hält."

,,Was ist denn überhaupt passiert? Wieso hat Molly dich gewürgt? Das sind doch Würgemale."

,,Ja, sie hat mich gegen das Auto gedrückt und gewürgt. Ich hätte nie gedacht, dass sie so viel Kraft hat, denn ich habe sie wirklich nicht von mir weg bekommen."

,,Was wollte sie denn von dir oder eher was hat sie gegen dich?"

,,Ich weiß es nicht. Sie hat mich abgefangen und gemeint, dass sie dringend mit mir reden müsste und dann sind wir hier raus gegangen. Ohne ein Wort zu sagen hat sie mich gegen das Auto gedrückt und versucht mich zu erwürgen. Ich denke, dass wir wirklich die Polizei rufen sollen. Hier draußen ist nur kein Netzt. Das ist der Nachteil daran, wenn man am Stadtrand wohnt. Glaubst du mir denn überhaupt? Ich sage wirklich die Wahrheit, Gwenny!"

,,Ich kann einfach nicht glauben, dass Molly soetwas macht. Sie war immer so lieb und ruhig, aber sie hat auch schon die Autoschlüssel geklaut, wer weiß was sie noch machen würde. Daher glaube ich dir."

Helen fährt sich durch die Haare und dann gehen wir zusammen los. Normalerweise läuft Helen elegant und voller Ausstrahlung, gerade torkelt sie eher hinter mir her.

,,Kannst du langsamer gehen? Mir ist noch etwas schwindelig."

,,In Ordnung. Wie geht es dir eigentlich? Tut das Sprechen sehr weh?"

,,Es geht. Nur die Kopfschmerzen sind eben noch da. Wir müssen in die Küche gehen. Da hängt das Festnetztelefon an der Wand."

Ich nicke und biete ihr meinen Arm an. Schnell hakt sie sich bei mir ein und wir gehen in bedächtigem Tempo zurück. Irgendwie genieße ich es, dass ich Helen gerettet habe und sie nun so nah bei mir ist, gleichzeitig weiß ich, dass diese Nähe nichts mit mir zu tun hat. Sie würde sich bestimmt auch an jedem anderen festhalten. Bevor wir die Tür passieren, richtet sich Helen etwas auf und dann betreten wir den Flur. Er ist leerer als er war, als wir raus gegangen sind. Wahrscheinlich spielen sie in einem Raum wieder irgendwelche Spiele. Das ist nur gut für uns jetzt.

,,Wir haben es geschafft!"

Helen lächelt scheinbar stolz und stützt sich an der hohen Arbeitsplatte ab. Sie schlingt ihre Arme um mich und sieht mich an sich. Ihr Körper fühlt sich so gut an meinem an.

,,Danke! Ohne dich wäre ich eventuell gestorben da draußen."

Ich streiche ihr über den Rücken und fahre dabei auch über den Streifen ihrer warmen Haut zwischen den Kleidungsstücken. Ich nicke unfähig ein Wort zu sagen. Mein Herz rast und ich fühle mich zittrig. Helen löst sich aus der Umarmung und umfasst mein Gesicht.

,,Ich bin so froh, dass genau du gekommen bist, Gwenny!"

Bevor ich nachfragen kann, was das bedeuten soll, hat sie ihre Lippen auf meine gelegt. Als mein Verstand realisiert was gerade passiert, ziehe ich sie näher an mich und gebe mich ganz diesem Kuss hin. Sie küsst mich ganz weil sie es will!

HelenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt