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Das oben auf dem Bild ist Luke, für alle die, die es interessiert...

Mr. Abernathy hatte gerade die letzte Stunde beendet, doch ich kochte noch immer vor Wut beim Gedanken daran, was ich heute Morgen hatte mitansehen müssen.
Ich war mit dem Vorsatz in die Schule gekommen, mich etwas weniger auf Cashmere und das Wichteln zu fixieren, statt mir davon weiterhin die Laune verderben zu lassen. Von dieser Idee beschwingt, hatte ich, begleitet von Glim, das Schulgebäude betreten um dort festzustellen, dass die Lehrer nun vollends abgedreht waren.
In den Fluren hingen vereinzelt Mistelzweige von der Decke, und Cato war - offensichtlich durch ein Versehen - unter einen von ebendiesen gelangt. Bevor ich die Situation jedoch richtig registrieren konnte, war Cashmere schon an mir vorbeigerauscht, um ihm blitzschnell einen Kuss auf den Mund zu drücken, einmal strahlend zu lächeln und dann im Klassenraum zu verschwinden.
Cato hatte sich anschließend angewiedert ihren Lippenstift vom Mund gewischt, und seine Aufmerksamkeit mir zugewandt, das Thema aber nicht mehr zur Sprache gebracht.
Im Laufe der folgenden Stunden hatte ich mit Glimmer über Cashmere gelästert, wobei wir wirklich kein gutes Haar an ihr gelassen hatten. Das interessierte mich in meiner nahezu grenzenlosen Wut und Eifersucht allerdings kein Stück, denn diese Person besaß meiner Meinung nach keine einzige positive Eigenschaft.
Nun stapfte ich also absolut geladen nach Glimmer, die schon vorgegangen war da sie zum Zahnarzt musste, aus dem Klassenzimmer.
Sobald ich auf dem Schulflur stand, stockte mir der Atem.
Mistelzweig über mir.
Lächelnder Cato vor mir.
Kurz erlaubte ich mir den Gedanken, nun würde alles gut werden, wir würden uns küssen, ich würde mit ihm über alles reden, und er würde mir versprechen, in Hinsicht darauf dass Cashmere sich an ihn heranschmiss, ein wenig mehr darauf zu achten mich nicht zu verletzen.
Doch meine Rosarote Brille bekam kurz darauf einen fetten Riss, bedingt durch den Träger einer gelben Jacke.
Dieser stand vor mir, noch bevor Cato sich überhaupt in Bewegung gesetzt hatte und gab mir einen sanften Kuss auf die Wange.
"Luke?" Fragte ich grenzenlos erstaunt, und viel zu perplex um etwas zu dem Kuss zu sagen, geschweige denn zurückzuweichen.
"Tja, so sieht man sich wieder, Busmädchen. Dieses Mal würde ich allerdings zu gerne deinen Namen erfahren." Erwiederte er breit grinsend.
"Ich heiße Clove" antwortete ich.
"Und ich bin Cato, ihr Freund" meldete der Blondhaarige sich und stellte sich neben mich, wobei er Luke im Vorbeigehen leicht anrempelte.
Dieser schien die angespannte Atmosphäre als einziger nicht mitzubekommen, und schenkte Cato ein breites Grinsen.
"Cool dich kennenzulernen, ich bin Luke!"
"Das hab ich mitbekommen. Clove, kann ich kurz mit dir reden?" Fragte er mich, wobei er mich aber schon, ohne meine Antwort abzuwarten, mit sich zog.
"Wer ist dieser Kerl, und warum lässt du dich einfach von ihm küssen? Woher kennt ihr euch?"
"Ich hab ihn nur kurz im Bus getroffen, und was den Kuss angeht: Es ging alles viel zu schnell als dass ich hätte reagieren können!"
"Als ob du es nicht schaffst, jemanden davon abzuhalten, dich zu küssen!" Knurrte Cato aggressiv, und ich spürte, wie in mir ein Damm brach, und sich meine Wut aufgrund der Szene heute Morgen entlud.
"Das sagt genau der Richtige! WER VON UNS BEIDEN hat sich heute morgen von Cashmere die Zunge in den Hals stecken lassen, ich oder du? Hast du da was unternommen? Nein, du hast dich noch nicht einmal bei mir entschuldigt! Und jetzt wirfst du MIR vor, ich würde mich einfach von irgendwelchen Typen küssen lassen? Ist das dein Ernst, Cato?"
Diese Worte keifte ich ihm so laut entgegen, dass er kurz ein erstauntes Gesicht machte, bevor er zum Gegenschlag ausholte.
"Also erstens hat Cashmere mir sicherlich nicht die Zunge in den Hals gesteckt, und zweitens, warum soll ICH mich bei dir entschuldigen? Als hätte ich sie noch nicht oft genug gekorbt! Warum verstehst du denn nicht, dass ich nichts von ihr will?"
"Cato..." fing ich an, doch er unterbrach mich direkt wieder. "Nein, verdammt! Halt doch EINMAL die Fresse, Clove!"Rief er wütend, und schlug neben sich gegen die Wand.
"Okay, wie du willst." Zischte ich "Ich denke, wir sind hier fertig Cato!"
"Von mir aus!" Damit wandte er sich um und ließ mich einfach stehen.
Ich brauchte einen Moment, um zu realisieren, was hier gerade passiert war. Natürlich hatten ich und Cato schon mal die eine oder andere Meinungsverschiedenheit gehabt, doch dies war unser erster großer Streit, was mich mehr aufwühlte, als ich mir eingestehen wollte.
So ging ich in Gedanken versunken zurück zu Luke, der mich ahnungslos lächelnd erwartete.
"Oh Mann, das hörte sich ja ziemlich schlimm an. Ich hab zwar nicht verstanden worum es ging, aber die Lautstärke war unglaublich! Geht es dir gut?"
"Jaja, alles okay" murmelte ich halbherzig.
Doch er schien noch nicht aufgeben zu wollen.
"Das wird schon wieder! Und ich weiß genau, was dich jetzt aufmuntert!" Strahlte er und ließ meine Einwände, ich würde ihn ja gar nicht kennen, nicht gelten. Die Folge dessen war, dass wir gemeinsam in den nächsten Supermarkt gingen, wo er mich zielstrebig zu einem Regal führte.
"Siehst du das hier, Clove? Das ist das größte und bedeutsamste, was die Erde an Heiligtümern zu bieten hat." Kommentierte er, wobei er mir eine XXL-Packung "Bio-Dinkel-Doppelkekse" vor das erstaunte Gesicht hielt.
Bevor ich ihn fragen konnte, was, beim Barte Mr. Snows, denn so toll an ein paar Keksen sein sollte, zog er mich zur Kasse, würgte mich ab, als ich etwas sagen wollte, und schob mir einen Keks in den Mund sobald wir auf der Straße standen.
In diesem Moment war der Streit mit Cato vergessen, und ich konzentrierte mich nur noch auf meine Geschmacksnerven, die vermutlich gerade in die Luft gesprengt worden waren.
Wow, das waren die besten Kekse, die ich je gegessen hatte. Auf jeden Fall viel besser, als die leicht angekokelten mit viel rosa Zuckerguss, die Mrs. Trinket uns letztens angedreht hatte.
Angeblich, weil wir ihre Lieblingsklasse waren.
Ein versuchter Giftmord an uns alle war deutlich wahrscheinlicher, vor allem, wenn man bedachte, wie die Teile geschmeckt hatten. Laut Thresh war ein angeschmorter Autoreifen genießbarer; keiner hatte eine Ahnung, woher er das wusste.
Ich und Luke setzten uns auf jeden Fall gemeinsam auf eine Bank, und stopften uns mit Keksen voll, und ich musste zugeben, dass er doch kein komischer Jackenfetischist (okay, vielleicht ein bisschen - immerhin hatte er besagte gelbe Jacke auf den Namen Ferdinand getauft) sondern ein verdammt sympathischer Typ, und ein überraschend guter Zuhörer war.

Die Tribute an WeihnachtenWo Geschichten leben. Entdecke jetzt