12. - Auf der Datenautobahn

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Erins Kopf war nur noch eine überreife Melone die gleich aussortiert werden würde. Zumidnest fühlte sie sich so. Sie hatte sich die Seele aus dem Leib gekotzt, Sterne gesehen und ihre Fingernägel fast bis auf den Knochen ab gekaut. Ja, so langsam wurde ihr klar warum sie nie versucht hatte von ihrem Lieblingsgift wegzukommen. Sie lag auf der Rückbank und konnte Robert mit einem offenen Auge ansehen. „Also Champ, was ist der Plan?“ Robert dachte nach. „Ich muss den Sergeant finden. Dann weiß ich auch wo die Kleine ist.“ Erin setzte mit einem freundlosen Kichern die logische Kette fort: „Ja und dann musst du ihm nur noch unter der Nase sein Mädchen klauen.“

Robert nickte. Er würde dreifach angepisst sein. Erstens weil sie Teil des Deals mit Zeus war. Zweitens war sie sein Mädchen. Und drittens hatten Leute in so einer Position allgemein die Überzeugung, dass der liebe Gott persönlich ihnen Respekt zollen musste. Er sah Erin an. „Also diese Pillen sollten helfen. Spürst du schon was?“ Erin grinste. „Immerhin seh ich wieder was.“ Sie überlegte kurz. „Der Typ den du suchst... Er ist ein Elf. Hat so nen Undercut und ein Tattoos hier am Hals.“ Sie deutete an die passenden Stellen an ihrem Hals. Das musste sie Aufstoßen und hielt sich eine Hand vor den Mund. Robert schaute erschrocken, aber sie sagte: „Schon OK. Ich hab den Bauch eben so leer gemacht... Kommt nur noch heiße Luft.“

Sie kicherte über den schrägen Witz und Robert stimmte ein. Es war vielleicht nicht wirklich lustig, aber etwas Galgenhumor war nie verkehrt. „Hab ich dir von dem Auto erzählt?“ Sagte Erin leise. Robert schaute sie an. „Nein, was meinst du damit?“ Erin überlegte kurz. „Die waren zu fünft. Dieser Elf... Dann ein älterer Mensch und die beiden Mädchen. Und dann war da noch so ein jüngerer. Der ist kurz bevor du raus gekommen bist... Ja, da ist er wieder zu dem Auto gelaufen. Mit dem müssen sie gekommen sein.“

Robert hörte aufmerksam zu. „Sortiert deine Gedanken. Wie hat der Wagen ausgesehen?“ Erin schloss die Augen. „Er war schwarz. Recht groß. Ich hab ihn nur kurz gesehen, also so richtig. Aber er hatte ne schwarze Lackierung mit goldenen Flammen.“ Sie malte ein paar Wellen in die Luft. Robert verarbeitete die Informationen. „Ein Fahrer und ein Dienstwagen. Ist ja interessant. Aber typisch. Die Führungselite lässt den Rest wissen, dass sie was besseres sind. Und verstecken brauchen die sich hier auch nicht.“ Er fuhr wieder los. „Wo geht’s hin?“ fragte Erin.

„Wieder rüber, ich stell uns etwas abseits von der Stelle wo wir eben waren. Wenn dieses Auto da rum fährt und wir die Kleine sehen, dann ergibt sich vielleicht was um einen Plan zu schmieden. Ich möchte nicht wissen was passiert wenn wir das Auto direkt angreifen.“ Erin schluckte. „Dann fällt jeder Irre mit ner Waffe über uns her!“ Robert steuerte das Auto durch die Straßen an eine passende Stelle. Er konnte hier alles gut überblicken und fiel nicht so wirklich auf. Keines der Häuser machte einen besseren Eindruck. Sie waren im Grunde alle runtergekommen. Zumindest von außen.

Wenn die Chefriege hier wohnte, dann war es sicher hinter der Fassade gut saniert. Aber es gab auch keine Wachposten oder sichtbare Sicherheitsmaßnahmen. Das Hauptquartier der Gang war ja mit solchen Dingen überladen. Und das war nur der Sichtbare Teil. Was verbarg sich hier hinter den Häusern? Erin sagte leise: „Was machst du eigentlich wenn sie nicht mitwill?“ Robert drehte sich langsam zu ihr um. „Was meinst du? Nicht mitwill?“ Erin zuckte im Rahmen ihrer Möglichkeiten die Schultern. „Was wenn es ihr hier gefällt? Und sie sagt zum Beispiel, Fuck Off ich bleib hier.“

Er schüttelte den Kopf. „Sie kommt mit. Ob sie will oder nicht.“ Erin sinnierte: „Also willst du sie zur Not entführen?“ Robert überlegte sich seine Antwort. Aber er hatte einen guten Grund: „Sie ist für die Gang so wertvoll, weil sie ein Druckmittel gegen ihren Vater ist. Wenn der kein Risiko mehr ist, was passiert dann wohl mit ihr?“ Erin verzog den Mund. „Das wird ein böses Erwachen.“ Robert streichelte ihr über die Hand. „Oh ja... Das sieht sie vielleicht erst mal nicht ein, aber wenn sie hier bleibt, dann wird es ungemütlich werden. Es ist also auch zu ihrem Besten.“ Erin kicherte: „Dann ist dein Gewissen ja beruhigt. Du entführst sie mit den besten Absichten.“ Robert lachte.

Der Sterbende ZeugeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt