1. - Ein klebriger Tag

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Es war so warm und die Luft so von Feuchtigkeit geschwängert, das man meinen konnte an ihr kleben zu bleiben. Robert machte die Hitze nichts aus. Er war schon immer unempfindlich gegen hohe Temperaturen gewesen. Der dünne Schweißfilm auf seiner Stirn verschaffte ihm den Eindruck einer kühlen Brise, während er zügig durch die Nachmittagssonne ging und die Türe des Pubs erreichte. Er schob sie grinsend auf und ging zur Theke. Eileen lächelte ihm zu und rief: „Lass mich raten. Ein doppelter Kaffee, schwarz, für dich und was will dein Freund da trinken?" Sie deutete auf den blassen jungen Mann, der schwer atmend und schweißgebadet neben Robert stand. Er grinste und sagte dann: „Gib ihm ein Wasser."

Der Junge griff sich mit der linken Hand in die blonden Locken und keuchte Robert an. „Komm schon. Das ist doch echt nicht nötig?" Er hob langsam die rechte Hand, welche mit Handschellen an Roberts linkes Handgelenk gefesselt war. Robert zuckte die Schultern. „Na, du würdest sonst sicher nicht schritthalten können." er zwinkerte dem Jungen zu und setzte sich dann an die Theke. Eileen brachte ihm eine große Tasse Kaffee und stellte dem Jungen, der gezwungenermaßen ebenfalls auf einem Hocker Platz nahm, ein Glas mit Wasser hin. Sie schüttelte leicht den Kopf. „Musst du eigentlich immer die Arbeit mitbringen?" fragte sie lächelnd.

Robert zwinkerte ihr zu. „Ich kann ihn bei der Hitze doch nicht im Auto lassen." Er schaute den Jungen an, der sich das Glas geschnappt hatte und es gierig austrank. „Wobei, die Stunde im Kofferraum hat er ganz gut überstanden." Eileen schüttelte den Kopf. Sie war Mitte vierzig und war in diesem Laden seit ihrem Schulabschluss beschäftigt. Und bei den Gästen hier, da wunderte sie längst nichts mehr. Der Jung rülpste laut und atmete ein paar mal durch. Robert genoss seine Tasse Kaffee.

Der Junge schaute auf die Handschellen. „Komm schon. Ich weiß das ich Scheiße gebaut hab. Ich hab meine Lektion gelernt. Ehrlich... Du brauchst mich nicht auszuliefern. Ich... Ich bezahl auch..." Er grinste Robert an und nickte hektisch dabei. Aber dieser genoss einfach sein Heißgetränk und sagte nachdenklich: „Bei der Hitze ist was heißes besser als was kaltes. Dann fühlt man sich gleich viel besser. Ich meine, wenn die Menschen die in der Wüste leben es so machen, dann muss es doch eine gute Idee sein?" Er schenkte dem Jungen ein breites Grinsen. „Weißt du was keine gute Idee ist, mein lieber Philipp? Wenn man auf Bewährung draußen ist mal eben einen Molotowcocktail, durch das Fenster des Richters zu werden. Und wenn man dann noch versucht vor der Ex-Freundin damit anzugeben, obwohl sie einen nicht mehr kennen will... Ja mein lieber, dass ist keine gute Idee."

Philipp sah ihn flehend an. So langsam wurde sein Kopf Tomaten rot. „Bitte man! Die sperren mich wieder ein. Is doch nix bei passiert. Ich hab doch keinen Umgebracht. Komm schon. Was zahlen die dir? Ich kann's bestimmt verdoppeln. Vielleicht verdreifachen." Robert nahm noch einen gemütlichen Schluck. „Wenn ich dich abgeliefert hab, gibt es 750 Euro." Sagte er und machte keinen Hehl aus seinem Desinteresse. Philipp spannte sich an und sagte, ebenso laut wie hastig: „Ich kann dir das zehnfache zahlen! Ich hab das Geld bis heute Abend. Echt!" Robert sah ihn wütend an. „Das ist mir egal. Ich hab nen Job übernommen und den bring ich zu ende. Und ich find den Gedanken das du hinter Gitter kommst echt beruhigend."

Philipp fiel langsam immer mehr in sich zusammen. Er sah Robert flehend an und zog unbewusst an den Handschellen. Aber allein der Gedanke das er es mit dem über hundert Kilo schweren Ork würde aufnehmen können, war absurd. Er starrte hilfesuchend Eileen an. Sie zuckte die Schultern und schraubte weiter an der Antiken Zapfanlage. Der junge Mann schaute zu Boden und sagte immer wieder leise: „Fuck!" Robert leerte seine Tasse und schaute zur Uhr. „Spät dran..." murmelte er.

Wie aufs Stichwort öffnete sich die Türe und Robert schaute rüber. Es war ein Mensch der den Raum betrat. Anfang vierzig und für sein alter gut in Form. Die schwarzen, schon leicht grauen Harre kurz und ordentlich geschnitten. Das Weiße Hemd hatte leichte Schweißflecken und die eine Hand ruhte auf der kleinen aber schweren Tasche am Gürtel. Der Mann lächelte Robert zu. „Sorry, ich bin spät dran. Aber da entwickelt sich so ne Sache. Echt was großes." Seine Augen leuchteten richtig während er sprach. Robert nicke ihm zu.

Der Sterbende ZeugeWo Geschichten leben. Entdecke jetzt