Kapitel 19 - Gebrochen

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Mit der Kleinen im Arm liefen Jason und ich hinaus. Es gab zig Polizeiwagen, die SWAT war vor Ort und ein Hubschrauber kreiste über uns. Als wir der Sonne entgegenliefen und der Wind die Gräser rascheln ließ, fühlte ich mich gut. Ich fühlte mich stark. Und ich war dankbar dafür, dass ich mein Versprechen gegenüber der Mutter dieses Kindes nicht brach.

Sie rannte auf mich zu, riss mir ihre Tochter aus dem Arm. Die aber an mir hing und an meiner weißen Bluse zog. Die Mutter brach in Tränen aus und urplötzlich rannten mir alle Gefangenen zu und schmissen sich auf mich. Umarmten mich, weinten, klopften mir auf die Schulter. Auch Jason. Dankten den übrigen Hunter. 

Ich lächelte. Lina lächelte. Yang quatschte mit ein paar von denen. Jason nickte nur politisch. 

Ärzte waren vor Ort und nahmen die Gefangenen nach und nach mit. Die Mutter und ihre Tochter waren einer der letzten. Sie ließ ihre Tochter zu Boden gleiten und sie rannte mit ihren wirbelnden blonden Haaren zu mir. 

Ich bückte mich und öffnete die Arme. Sie rannte stürmisch hinein und drückte mich so fest und lange, dass ich plötzlich so emotional wurde. Aber nicht unbedingt wegen ihr.

Jason sah es. Egal wie sehr ich versuchte es zu vertuschen. Nur unauffällig wusch ich mir eine beinahe rollende Träne ab. 

Keine sechs Minuten später stand der erste Reporter da. Wir vier sahen uns gegenseitig an. Unsere Masken waren nach wie vor auf, doch Interviews und persönliche Auskünfte waren untersagt, da unsere Identitäten strengstens geheim bleiben mussten. Wir liefen ohne Kommentare an ihnen vorbei und stiegen in unsere Wagen. Fuhren alle wieder ins Nest.

Im Nest bekamen wir einen beachtlichen Applaus von Morrison und Carter. Der besonders mir galt. Weil ich mein Versprechen hielt. 

Das war auch der einzige Grund, weswegen ich wusste, dass ich heute Nacht schlafen konnte. Mit einem Leeregefühl lief ich ins Zimmer, einige Minuten später klopfte es. 

"Jason?"

Er lief an mir vorbei, ohne, dass ich ihn rein ließ. Lief zur Wand, stemmte die Hand in die Hüfte und schaute auf. Ganz so, als würde er nachdenken. Dann drehte er sich um und lief wieder zurück zu mir, die in der Mitte des Raumes stand.

"Was?"

"Ich...ich habe dich weinen sehen. Ist alles ok?"

"Das hast du dir eingebildet."

"Sag mir, wieso hast du geweint?"

"Hab keinen blassen Schimmer wovon du redest."

"Habe ich mir gedacht. Daher habe ich ein paar Thesen. Tat es dir weh, dass ein unschuldiges Kind dabei war? Scheiße Joey, das ist unser Job. Da könnten alle gefangen sein, von groß bis klein."

"Das ist es nicht", ich rollte die Augen.

"Das du sie beinahe abknallen musstest?"

"Nein!"

"Was dann?!"

"Gar nichts!"

"Joey", flüsterte er und machte Schritte auf mich zu, "rede mit mir. Schlaf mit mir. Tue alles, was dir gut tut. Hauptsache du lässt den ganzen Mist hier raus."

"Okay", ich wandte mich von ihm ab und setzte mich aufs Bett. Er setzte sich zu Boden und stützte die Arme auf dem Boden ab.

"Weißt du manchmal, wenn ich sowas sehe, dann kommt mir in den Sinn, welche Ziele ich einst verfolgt habe."

"Die da wären?", fragte er rau.

"Studieren. Jemanden kennenlernen-"

"Mich hast du kennengelernt."

The WaspWo Geschichten leben. Entdecke jetzt