Kapitel 1

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James fühlte sich übel.
Die Art, wie die Haare aus seinem ganzen Körper sprossen, wie seine Arme und Beine kräftiger wurden.
Sein Kopf fühlte sich an, als würde er explodieren als sich das Geweih seinen Weg bahnte. Nase und Mund zogen sich zu einer Schnauze und sein Rücken drückte ihn mit seinen Armen auf den Boden.

Was auch immer einem über Animagi beigebracht wurde, niemand erwähnte den schmerzhaften Prozess.
Allerdings war dieser nur kurzanhaltend und so schnell wie die Übelkeit gekommen war, war sie auch wieder verschwunden.

James liebte seinen Animagus. Immer wenn er in seiner Hirschgestalt war, fühlte er sich frei wie nie, als würde er alles machen können, was er wollte. Schnaubend hob er seinen Kopf. Mit einem Geweih war ein Kopf deutlich schwerer, doch der Hirsch, der er nun war, konnte dieses Gewicht problemlos stemmen. Kurz schüttelte James seinen Kopf, um sich an seine Gestalt zu gewöhnen, dann galoppierte er los.

Sanft wehte der Wind durch sein Fell, seinen Beine freuten sich über die Bewegung und glücklich stieß er ein Röhren aus. Ein Jaulen war die Antwort, das immer näher zu kommen schien und von den Bäumen wiederhallte.
Und im nächsten Augenblick schoss ein riesiger, schwarzer, zotteliger Hund aus dem Gebüsch und warf sich auf James, der sich nur mit Mühe und Not auf den Hufen halten konnte. Hechelnd sprang der Hund an ihm hoch und bellte übermütig. James konnte in den Augen des Hundes erkennen, dass er nur darauf brannte, seiner Energie freien Lauf zu lassen. Deshalb neigte James den Kopf, um ihm zu zeigen, dass er verstanden hatte. Ungeduldig scharrte er mit der Hufe und stieß erneut ein Röhren aus. Der Hund bellte freudig und schon schossen die beiden Tiere los. James hörte unter sich den Waldboden beben und versuchte seinen knappen Vorsprung auszubauen. Doch der schwarze Hund war nicht leicht abzuhängen.

Trotzdem erreichte James als erster die alte Weide, auf der er als Kind immer so gern geklettert war. Kurz nachdem sie beide ausgelaufen waren, warf sich der Hund auf James und nun gaben James' Beine nach. Auf dem Boden liegen verwandelte er sich wieder in einen Mensch.
"Hey, Tatze, lass mich los!"
Doch der schwarze Hund neben ihm schleckte ihm einmal übers Gesicht und hechelte freudig. Angewidert wischte sich James mit dem Saum seines Tshirts übers Gesicht.
"Wofür war das denn? Widerlich."
"Also hörmal, gegen knutschen hast du doch auch nichts, oder?", entrüstete sich Sirius, auch wieder in seiner Menschengestalt.
"Ja schon, aber nicht mit dir, du Idiot.", lachte James und setzte sich auf.
Sirius lehnte sich neben ihn an die Weide und seufzte tief auf.
"Sommerferien sind doch immernoch das Beste." Gähnend verschränkte er lässig die Arme hinter seinem Kopf.
James kramte seine Brille aus der Hosentasche und nickte. "Schade, dass es unsere letzten sind."

Eine Weile blickten beide schweigend in die Ferne. Das Potter Manor trohnte auf dem Land, umringt von Wäldern. In der Nähe war auch ein See, in dem James und seine Freunde Sirius, Remus und Peter, auch Tatze, Moony und Wurmschwanz genannt, schon des öfteren baden waren.
Die vier nannten sich stolz die Rumtreiber und waren in ganz Hogwarts bekannt und beliebt, zumindest bei den Schülern. Den Lehrern und vor allem dem Hausmeister Filch waren sie eine einzige Plage, denn die Rumtreiber schreckten vor nichts zurück. Genüsslich dachte James an die ganzen Lehrer, die sie zur Verzweiflung getrieben hatten.
Und dann war da natürlich Schniefelus, den er allerdings seit der fünften Klasse größtmöglich umging, aber das war ein ganz anderes Thema und hatte mit einem gewissen rothaarigen Mädchen zu tun...

"Woran denkst du?"
James räusperte sich, denn er hatte sich wieder dabei erwischt, an Evans zu denken. Doch das würde er seinem besten Freund ganz gewiss nicht auf die Nase binden.
Lily Evans hatte ihm schon vor Jahren den Kopf verdreht, jedoch hatte sie nie das geringste Interesse an ihm gezeigt.
Schon letztes Jahr hatte er Sirius und vor allem sich selbst versprochen, dass er ihr nicht weiter hinterher hängen würde, denn in seinem Inneren wusste er, dass Evans niemals "ja" sagen würde.
Das war jedoch schwerer als gedacht und auch wenn er sie letztes Jahr deutlich seltener um ein Date gebeten hatte, war Lily Evans immernoch in seinen Gedanken.

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